Industriestrompreis – Vorschlag der Bundesregierung

Das BMWK hat mit dem Arbeitspapier „Wettbewerbsfähige Strompreise für die energieintensiven Unternehmen in Deutschland und Europa“ ein Konzept für einen Industriestrompreis vorgelegt. Damit soll ein weiterer Anstieg der Stromkosten für die Industrie auch nach dem Auslaufen der zeitlich befristeten Energiepreisbremsen verhindert werden.

Das Konzept ist zweistufig aufgebaut: Kurz- und mittelfristig, d. h., bis die Kapazitäten für die Erzeugung einer ausreichenden Menge an Strom aus erneuerbaren Energien vorhanden ist, soll ein Brückenstrompreis greifen. Dieser soll dann langfristig durch einen Transformationsstrompreis abgelöst werden.

Brückenstrompreis

Durch den Brückenstrompreis in Höhe von 6 ct/ kWh sollen die energieintensive Industrie, die im internationalen Wettbewerb steht, und die energieintensive Transformationsindustrie begünstigt werden. Um einen Anreiz zum Energiesparen zu setzen, soll der Brückenstrompreis nur auf 80 % des Verbrauchs Anwendung finden. Außerdem soll er sich nach dem durchschnittlichen Börsenstrompreis und nicht nach dem individuellen Strompreis des Unternehmens richten.

Die rechtliche Ausgestaltung des Brückenstrompreises soll an die Besondere Ausgleichsregelung (BesAR), wie sie in Industriekreisen aus dem EEG bzw. dem EnFG bekannt ist, angelehnt werden. Damit ist zu erwarten, dass zunächst solche Unternehmen vom Brückenstrompreis profitieren werden, die bereits jetzt den privilegierten Branchen in Anlage 2 des Gesetzes zur Finanzierung der Energiewende im Stromsektor durch Zahlungen des Bundes und Erhebung von Umlagen (EnFG) unterfallen. Begünstigt werden damit aller Voraussicht nach energieintensive Unternehmen, typischerweise aus der Chemie-, Stahl-, Metall-, Glas- oder Papierindustrie.

Allerdings enthält die Anlage 2 des EnFG einen langen Katalog an privilegierten Branchen. Aus unserer Praxis wissen wir, dass einige Unternehmen nicht einmal Kenntnis davon haben, dass sie einer privilegierten Branche angehören und damit schon jetzt berechtigt wären, eine Begrenzung der Stromkosten zu beantragen. Mit Blick auf den Brückenstrompreis sollten die Unternehmen ihre Privilegierungsfähigkeit jetzt erst recht prüfen lassen. Hierfür stehen wir gerne zur Verfügung.

Transformationsstrompreis

Mit dem langfristig anvisierten Transformationsstrompreis soll die Industrie von günstigem Strom aus erneuerbaren Energien, bei dem der Preis in der Nähe der Gestehungskosten liegen soll, profitieren. Da ein massiver Ausbau der Erzeugungskapazitäten Grundvoraussetzungen für den Transformationsstrompreis ist, sieht das Konzept die Beschleunigung des Ausbaus erneuerbarer Energien und die Reduzierung der Kapitalkosten von EE-Projekten durch Staatsbürgschaften und Zinsverbilligungen vor.

Einerseits soll ein Anreiz für die Erzeugung von Strom aus erneuerbaren Energien durch Contracts for Difference (CfD) gesetzt werden. Mit diesen Differenzverträgen erhalten die Anlagenbetreiber eine Förderung, wenn der Marktpreis unter dem Referenzpreis liegt. Ist der Marktpreis hingegen höher als der Referenzpreis, muss der Anlagenbetreiber die Differenz auskehren. Anders als beispielsweise die Direktvermarktung berücksichtigen CfD also eine Preisentwicklung in beide Richtungen. Zudem sollen Anreize für den Abschluss von Power Purchase Agreements (PPA) gesetzt werden, indem der Mittelstand einen besseren Zugang zu diesen Modellen erhält oder Staatsbürgschaften bzw. Haftungsfreistellungen der kreditgebenden Banken gewährt werden. Zudem sollen die Netzentgelte bei Grünstrombezug aus räumlicher Nähe reduziert werden.

Einige Fragen stehen noch aus

Wann und wie der Industriestrompreis kommen wird, ist trotz des Vorstoßes des BMWK völlig offen. Größere Hürden, die der Industriestrompreis noch nehmen muss, sind die Finanzierung, die aus dem Wirtschaftsstabilisierungsfonds (WSF) erfolgen soll, und das Beihilfenrecht.

In Regierungskreisen gibt es mitunter grundsätzliche Kritik am Industriestrompreis. Finanzminister Christian Lindner sieht keinen Spielraum im Haushalt. Andernorts wird befürchtet, dass der Brückenstrompreis die Energiewende behindere, weil Unternehmen zu wenig Handlungsdruck hätten. Für die Industrie in Deutschland, die verlässliche Rahmenbedingungen braucht, bleibt nur zu hoffen, dass es bald zu einer Einigung kommt.

Autoren

Tarek Abdelghany
Tel: +49 69 967 65 1613

Dr. Gregor Weimer
Tel: +49 30 208 88 2019

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Dies ist ein Beitrag aus unserem Public Sector Newsletter 2-2023. Die gesamte Ausgabe finden Sie hier. Sie können diesen Newsletter auch abonnieren und erhalten die aktuelle Ausgabe direkt zum Erscheinungstermin.