IFRS: Wann lohnt der Wechsel?

Deutschlands mittelständische Unternehmen setzen bei der Bilanzierung häufig noch auf die bewährten heimischen Standards. Doch mit der zunehmenden Öffnung gegenüber weltweiten Investoren oder dem eigenen Börsengang wird die internationale Rechnungslegung zur Option, wenn nicht sogar zur Pflicht. Wie der Wechsel konkret vonstattengeht.

Für DAX-Konzerne ist die internationale Rechnungslegung ein alter Hut. Seit rund 20 Jahren sind sie bereits verpflichtet, ihr Rechnungswesen nach allgemeinem internationalen Standard zu gestalten. Nicht kapitalmarktorientierte Unternehmen abseits der Börse haben jedoch ein Wahlrecht – und machen davon bis heute gerade im deutschen Mittelstand eher unterdurchschnittlich Gebrauch. Viele Mittelständler machen einen Bogen um die Buchstaben IFRS, die für International Financial Reporting Standards stehen.

Warum abmühen, wenn die alten Standards doch ausreichen? Diese Denkweise ist menschlich und in vielen Fällen auch gut begründbar. Aber: Für eine Umstellung der Rechnungslegung auf IFRS kann es im Einzelfall sehr gute Gründe geben, die genau analysiert werden sollten. Mit anderen Worten: Die Mühe des Wechsels kann sich am Ende auszahlen.

„Die große Umstellungswelle auf die internationale Rechnungslegung liegt sicherlich schon etwas zurück“, sagt Matthias Welke, Partner bei Mazars. „Aber das Thema ist aus meiner praktischen Erfahrung heraus branchenübergreifend weiterhin von großem Interesse. Entsprechende Projekte werden konstant an uns herangetragen, die wir dann mit unserer Expertise und einer individuell zugeschnittenen, praxisorientierten Lösung begleiten. Diese deckt die spezifischen inhaltlichen Problemstellungen ab, berücksichtigt aber auch die relevanten Punkte in den Bereichen Unternehmensprozesse, Tools und Mitarbeiterschulung.“

IFRS rückt bei einem IPO in den Fokus

Häufig kommt das Thema IFRS auf die Agenda, wenn zum Beispiel ein deutsches mittelständisches Unternehmen von ausländischen Investoren gekauft wird. „Dann ist das Zielunternehmen fast automatisch in der Pflicht, seine Bilanzierungsmethodik an den neuen Eigentümer anzupassen“, sagt der Mazars Experte. In diesem Zusammenhang bietet ein Wechsel auf internationale Bilanzierungsstandards die Möglichkeit, sich gegenüber den neuen Stakeholdern klarer zu positionieren und etwa das Geschäftsmodell für die relevanten Bezugsgruppen verständlicher zu machen.

Auch ein geplanter Börsengang kann ein Grund dafür sein, die Rechnungslegung umzustellen. In dem Fall dominiert neben den gesetzlichen Anforderungen das Motiv der Kapitalmarktorientierung: Die Firmen möchten sich für einen breiteren Kreis von Kapitalgebern aufstellen – und zwar nicht nur national, sondern eben auch international. „Dafür brauchen sie Finanzkennzahlen, die von der Finanz-Community und institutionellen Investoren verstanden werden“, sagt Welke. Möglich ist aber auch, dass das Management, etwa im Zuge einer Neustrukturierung, einzelne Tochterunternehmen als Spin-off an den Markt bringen oder verkaufen will. Durch einen gängigen Standard kann der Kreis potenzieller Käufer ein größeres Verständnis, beispielsweise für die Bewertung von Assets oder gebräuchlichen Kennzahlen, entwickeln. Das verbessert unter Umständen die Ausgangsposition im Rahmen eines potenziellen Deals.

In jedem Fall sollten triftige Gründe für eine Umstellung definiert werden. „Wir bereiten Mandant*innen, die ein solches Umstellungsprojekt in Erwägung ziehen, in Workshops gezielt vor – sowohl mit Blick auf das Zahlenwerk als auch hinsichtlich der prozessualen beziehungsweise organisatorischen Veränderungen, die damit einhergehen.“ Auch im Nachgang wird das Unternehmen mit den bis dato ungewohnten internationalen Bilanzierungsregeln nicht allein gelassen. Vielmehr unterstützt Mazars sie fortlaufend – zum Beispiel bei Standardänderungen oder neuen Anwendungen im Bereich der Berichterstattung.

Schritt für Schritt den Wechsel ermöglichen

Der zentrale Schritt in einem derartigen Projekt ist die tiefgehende Analyse, Evaluation und Dokumentation der Effekte aus der Umstellung. Die Erkenntnisse daraus werden bei der Erstellung der primären Berichtsinstrumente wie Bilanz oder Gewinn- und Verlustrechnung (GuV) berücksichtigt. „Parallel hierzu gilt es, die notwendigen Prozesse im Rechnungswesen zu implementieren“, erläutert der Mazars Experte. „Hier muss bei kapitalmarktorientierten Unternehmen auch das Thema ESEF-Reporting, also der Standard nach European Single Electronic Format, berücksichtigt werden.“ Die Mitarbeiter*innen im Rechnungswesen sollten nach entsprechenden Schulungen und Beratungen zukünftig in der Lage sein, die IFRS-Berichterstattung so weit wie möglich selbstständig zu begleiten.

Der zeitliche Rahmen beim Wechsel zu IFRS hängt aber noch von weiteren Faktoren ab – allen voran der Unternehmensgröße. Kleinere Projekte können jedoch bereits innerhalb von zwei bis drei Monaten abgeschlossen werden.

 

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