Studie: Aufsichtsräte sind zu sehr abgeschottet

Januar 2024. Zu alt, zu männlich, zu weiß, zu wenig Expertise in Finanzfragen und in Zukunftsfeldern wie Künstlicher Intelligenz (KI): Die Kritik an der Zusammensetzung von Aufsichtsräten wird seit Jahren lauter.

Der Zugang zu diesen Gremien spricht einer Untersuchung zufolge nicht dafür, dass sich an dieser Zusammensetzung schnell etwas ändert. Für die Untersuchung bewarben sich die beiden Wirtschaftswissenschaftler Werner Gleißner (Universität Dresden) und Thomas Berger (Universität Hohenheim), beide promoviert und habilitiert, in den vergangenen Jahren wiederholt initiativ bei Aufsichtsratsvorsitzenden als neue Mitglieder. Das Ergebnis: Aufsichtsrat zu werden, sei ohne persönliche Beziehungen schwer bis unmöglich. „Man bekommt oft gar keine Antwort, es werden Begründungen genannt, die nicht stichhaltig sind, oder es werden bekannte Netzwerke zur Besetzung genutzt“, erklärte Thomas Berger im „Handelsblatt“. Insgesamt 111 Bewerbungen an die Aufsichtsratsvorsitzenden von Konzernen aus MDAX, TecDAX oder SDAX verfassten Berger und Gleißner in den Jahren 2015 bis 2020. Dabei verwendeten sie eine in den Sozialwissenschaften geläufige Methodik, bei denen Bewerbungen mit verschiedenen Namen oder Adressen geschrieben werden, um zu sehen, wie sich die Rücklaufquote verändert. Zudem befragten sie die Vorsitzenden schriftlich, wie sie Posten besetzen, ob Initiativbewerbungen vorkommen und ob zum Beispiel eine Kompetenzmatrix verwendet wird. Bergers Fazit des Experiments: „Der Zugang ist stark eingeschränkt oder ganz geschlossen.“ Es entstehe der Eindruck, dass völlig unabhängige Personen, die insbesondere nicht in das Beziehungsnetzwerk von Aufsichtsrat, Vorstand und deren Berater*innen eng eingebunden sind, in den Gremien nicht gewünscht seien.