Worauf müssen sich Immobilienentwickler und Bestandhalter in Bezug auf die geplante Änderung der Zinsschranke einstellen?

Wachstumschancengesetz: Worauf müssen sich Immobilienentwickler und Bestandhalter in Bezug auf die geplante Änderung der sogenannten Zinsschranke einstellen?

Mit der Beschlussfassung des Bundestages vom 17. November 2023 zum Wachstumschancengesetz wurden die Regelungen zur Zinsschranke verschärft, auch wenn immerhin davon abgesehen wurde, die restriktivere Anwendung der sog. 3-Mio.-€-Freigrenze auf eine gesamte Unternehmensgruppe (sog. Antifragmentierungsregelung) durchzusetzen. Vor allem Immobilienbestandshalter und -entwickler, die weitestgehend ihre Objektfinanzierung mittels Fremdkapitals durchführen, sind hiervon betroffen. Ihnen droht durch die Änderungen in bestimmten Fällen die Einschränkung der steuerlichen Abzugsfähigkeit eines Teils der Fremdkapitalkosten.

Hintergrund

Die sog. Zinsschrankenregelung gemäß § 4h EStG begrenzt den Abzug von Zinsaufwendungen. Nach dieser Regelung sind die Nettozinsaufwendungen eines Betriebes (Zinsaufwendungen abzüglich Zinserträge) grundsätzlich nur bis zur Höhe von 30 % des um die Zinsen und Abschreibungen bereinigten maßgeblichen Gewinns („verrechenbares EBITDA“) abziehbar. Nicht abziehbare Nettozinsaufwendungen werden in nachfolgende Wirtschaftsjahre vorgetragen. Mit verschiedenen Ausnahmeregelungen hingegen kann der vollständige Zinsabzug gewährleistet werden. Mit der Einführung des Wachstumschancengesetzes hat der Zinsbegriff eine Erweiterung erfahren und es wurde zudem die Ausnahmeregelegung der „Stand-alone-Klausel“ und der „Escape-Klausel“ eingeschränkt.

Verschärfung Zinsbegriff

Der Zinsbegriff soll mit Einführung des Wachstumschancengesetzes weiter gefasst werden. Bislang wurden ausschließlich Vergütungen für die Überlassung von Fremdkapital für Zwecke der Zinsschranke erfasst. Hiernach wird auf den Artikel 2 der Anti-Tax Avoidance Directive (ATAD) verwiesen, sodass zudem wirtschaftlich gleichwertige Aufwendungen und sonstige Aufwendungen im Zusammenhang mit der Beschaffung von Fremdkapital unter den Zinsbegriff fallen. Danach sollen mindestens Aufwendungen wie Garantiegebühren, Vermittlungsgebühren sowie fiktive Zinsen im Rahmen von Hedging-Vereinbarungen und auch Bauzeitzinsen berücksichtigt werden. Damit geht der Zinsbegriff viel weiter als bisher analog zur Gewerbesteuer definiert.

Verschärfung der Ausnahmeregelung „Stand-alone-Klausel“

Ferner wurde die Anwendungsvoraussetzung für die Stand-alone-Klausel eingeschränkt. Unter der Stand-alone-Klausel versteht man die uneingeschränkte Abzugsfähigkeit der Zinsaufwendungen, sofern der Betrieb nicht oder nur anteilsmäßig zu einem Konzern gehört (Mindestbeteiligung kleiner gleich 50 %). Die Stand-alone-Klausel findet bereits dann keine Anwendung mehr, wenn die Fremdkapitalüberlassung durch einen Gesellschafter erfolgt, der bereits mit mindestens 25 % beteiligt ist. Von dieser Verschärfung sind im Kern Beteiligungsgesellschaften von 25 % bis 50 % betroffen.

Verschärfung des Konzernbegriffs für Zwecke der „Escape-Klausel“

Innerhalb eines Konzerns kann die sog. Escape-Klausel gemäß § 4h Abs. 2 Buchst. c) EStG vermeiden, dass die Zinsschranke anwendbar ist, und somit die volle Abzugsfähigkeit der Zinsen erhalten. Dazu muss die Eigenkapitalquote des einzelnen Betriebs gleich hoch oder höher sein als die des Konzerns. Mit dem Wachstumschancengesetz wurde der Konzernbegriff enger gefasst. Bisher reichte aus, dass die Gesellschaften konsolidiert werden könnten. Nunmehr ist notwendig, dass die Gesellschaften tatsächlich in einem Konzernabschluss konsolidiert werden. Für die Beteiligungen von 20 % bis 50 % ergeben sich keine Änderungen hinsichtlich der Escape-Klausel. Sowohl die Quotenkonsolidierung als auch die Konsolidierung nach der Equity-Methode sind für die Zinsschranke nicht anwendbar.

Bedeutung für die Praxis

Auch wenn die viel diskutierte Antifragmentierungsregelung nunmehr nicht mehr im Gesetz enthalten ist und damit weiterhin die 3-Mio.-€-Freigrenze je Gesellschaft anwendbar bleibt, sorgt die Verschärfung der Zinsschranke für Handlungsbedarf.

Vor allem Immobilienbestandshalter und -entwickler sind von den Anpassungen betroffen. Sowohl die Instandhaltung als auch die Finanzierung der Immobilien erfordern in der Regel die Aufnahme größerer Mengen an Fremdkapital. Hierzu haben auch die in den letzten Jahren gestiegenen Baukosten und Immobilienpreise beigetragen. Die gestiegenen Zinskosten verschärfen die Situation weiter.

Kumuliert könnten die externen Faktoren sowie der neue Zinsbegriff dazu führen, dass für Unternehmen ein Teil der Abzugsfähigkeit der Zinsaufwendungen versagt wird und es hierdurch zu einer steuerlichen Mehrbelastung kommt, wenn das verrechenbare EBITDA nicht ausreicht. Wir empfehlen Ihnen, im Rahmen der Wirtschafts- und Finanzierungsplanung das verrechenbare EBITDA zu prüfen und ggf. stärker in die Überlegungen einzubeziehen.

Außerdem muss innerhalb eines Konzerns die sog. Escape-Klausel neu bewertet werden, da hierfür nur noch ein Vergleich zwischen Gesellschaften in Betracht kommt, die tatsächlich in einen Konzernabschluss einbezogen sind. Es wäre daher zu prüfen, ob ggf. erstmals ein Konzernabschluss aufgestellt werden sollte und welche Gesellschaften einbezogen werden sollten.

Bei Gesellschaften, bei denen eine Nichtabziehbarkeit der Zinsaufwendungen drohen könnte, sind eventuell Umschuldungen bzw. Umstrukturierungen in Erwägung zu ziehen. Aufgrund der weiten Fassung des Zinsbegriffs empfehlen wir zudem einen Blick in die bestehenden und geplanten Darlehensverträge. Gerne können wir Sie in diesen Punkten mittels Vorabprüfungen unterstützen.

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Dies ist ein Beitrag aus unserem Steuer-Newsletter 4/2023. Die gesamte Ausgabe finden Sie hier. Sie können diesen oder weitere Newsletter auch abonnieren und erhalten die aktuelle Ausgabe direkt zum Erscheinungstermin.