BFH: Zum Beginn der sachlichen Gewerbesteuerpflicht eines gewerblichen Grundstückshändlers

Mit Urteil vom 1. September 2022 (Az. IV R 13/20) hat der Bundesfinanzhof (BFH) entschieden, dass die sachliche Gewerbesteuerpflicht eines gewerblichen Grundstückshändlers frühestens mit Abschluss eines (wirksamen) Kaufvertrages über eine erste Immobilie beginnt. Erst hierdurch werde der gewerbliche Grundstückshändler in die Lage versetzt, seine Leistung am Markt anzubieten.

Sachverhalt

Der BFH hatte darüber zu entscheiden, ob die Klägerin – eine im Januar 2011 gegründete KG, deren Gesellschaftszweck der Erwerb, die Verwaltung und die Veräußerung (nicht jedoch die Vermietung) von Grundstücken war – bereits im (abweichenden) Wirtschaftsjahr 2011/2012 (1. Juni 2011–31. Mai 2012) der Gewerbesteuerpflicht unterlag.

Die Klägerin erwarb im Juni 2012 mehrere mit Mehrfamilienhäusern bebaute Grundstücke. Den Grundstückserwerb hatte sie im Wirtschaftsjahr 2011/2012 vorbereitet und u. a. einen Makler beauftragt und die Kaufobjekte besichtigt. Auch war ihr bereits im Mai 2012 der Notarvertragsentwurf übersandt worden.

In der Gewerbesteuererklärung für das Wirtschaftsjahr 2011/2012 erklärte die Klägerin einen – der Höhe nach unstreitigen – Verlust aus Gewerbebetrieb i. H. v. rund 1,03 Mio. €.

Den Antrag auf Feststellung des vortragsfähigen Fehlbetrages gemäß § 10a GewStG auf den 31. Dezember 20212 lehnte das beklagte Finanzamt ab und wies darauf hin, dass bloße Vorbereitungshandlungen die Gewerbesteuerpflicht noch nicht begründen und die Verluste daher nicht gewerbesteuerlich zu berücksichtigen seien. Eine eigene wirtschaftliche Tätigkeit am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr werde erst begründet, wenn Grundstücke besessen und verwaltet werden.

Die erstinstanzliche Klage hatte zwar Erfolg. In dem anschließenden Revisionsverfahren gab der BFH aber der Finanzverwaltung Recht und hob das erstinstanzliche Urteil wieder auf und wies die Klage ab.

Entscheidungsgründe

Die Tätigkeiten der Klägerin im Wirtschaftsjahr 2011/2012 führten als reine Vorbereitungshandlungen nicht zu einer sachlichen Gewerbesteuerpflicht. Voraussetzung sei vielmehr eine werbende Tätigkeit, die ein gewerblicher Grundstückshändler – wie vorliegend die Klägerin – frühestens mit der Anschaffung der ersten Immobilie aufnehme. Maßgeblich sei daher der Abschluss eines wirksamen Grundstückskaufvertrages. Demgegenüber sei ein gewerblicher Grundstückshändler durch die Beauftragung eines Maklers, die Besichtigung eines potenziellen Kaufobjektes oder ähnliche Tätigkeiten noch nicht in der Lage, seine Leistung am Markt anzubieten. Eine eigene, zeitlich vor Beginn des Grundstückshandels liegende gewerbliche Tätigkeit der Klägerin war darin nicht zu sehen.

An diesem Ergebnis ändere auch die gewerbliche Prägung der Klägerin nichts. Nach der Rechtsprechung des BFH führe zwar die Tätigkeit einer i. S. des § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG gewerblich geprägten vermögensverwaltenden Personengesellschaft zu einem stehenden Gewerbebetrieb i. S. des § 2 Abs. 1 Satz 1 GewStG, obwohl diese Gesellschaft keine originär gewerblichen Einkünfte erzielt (vgl. auch BFH-Urteile vom 13. April 2017 – IV R 49/15 – und vom 20. November 2003 – IV R 5/02). Für den Beginn der Gewerbesteuerpflicht ist damit grundsätzlich auf die Aufnahme der Tätigkeit abzustellen.

Vorliegend war die Klägerin aber zum Zweck gegründet worden, eine originär gewerbliche Tätigkeit auszuüben. In diesen Fällen beginne der Gewerbebetrieb – so der BFH – nicht allein wegen der in der Vorbereitungsphase üblicherweise ausgeübten und aufgenommen Vermögensverwaltung. Selbst eine mit Einkünfteerzielungsabsicht unternommene vermögensverwaltende Tätigkeit einer gewerblich geprägten Personengesellschaft könne im Einzelfall – wie vorliegend – noch als Vorbereitungshandlungen eingestuft werden. Erst wenn die vermögensverwaltende Tätigkeit das Maß dessen überschreitet, was zur Aufnahme der originär gewerblichen Tätigkeit erforderlich und üblich ist, handele es sich bei diesen Tätigkeiten nicht mehr um bloße Vorbereitungshandlungen der noch nicht aufgenommenen gewerblichen Tätigkeit, sondern um die Aufnahme des eigenständigen Gewerbebetriebs.

Bedeutung für die Praxis 

Der BFH stellt für den Beginn der sachlichen Gewerbesteuerpflicht eines gewerblichen Grundstückshändlers somit grundsätzlich auf den Abschluss eines (wirksamen) Kaufvertrages ab. Verluste, die zeitlich vor dem Grundstückskaufvertragsabschluss z. B. durch die Beauftragung eines Maklers generiert werden, sind damit grundsätzlich als Vorbereitungshandlung einzuordnen und gewerbesteuerlich damit – mangels Vorliegens eines Gewerbebetriebes – nicht abzugsfähig.

Eine Hintertür lässt der BFH für gewerblich geprägte Personengesellschaften offen. Zwar können auch bei solchen Gesellschaften vermögensverwaltende Tätigkeiten als bloße Vorbereitungshandlungen eingestuft werden, insbesondere wenn – wie im Streitfall – die Gesellschaft zu dem Zweck gegründet wird, eine originär gewerbliche Tätigkeit auszuüben. Kann der Steuerpflichtige aber dokumentieren, dass die vermögensverwaltende Tätigkeit nicht nur eine bloße Vorbereitungshandlung darstellt, sondern einen eigenen – von der originär gewerblichen (Anschluss-)Tätigkeit unabhängigen – Charakter aufweist, sollte der Gewerbebetrieb auch bereits im Vorfeld, mit Aufnahme der Vermögensverwaltung, vorliegen. In diesem Fall bestehen durchaus Chancen, solche Verluste gewerbesteuerlich geltend machen zu können.

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