Begründung einer Betriebsstätte durch mobiles Arbeiten im Ausland

Hintergrund: Bei Homeoffice-Aktivitäten eines Arbeitnehmers in Deutschland liegt regelmäßig keine (Homeoffice-)Betriebsstätte für den ausländischen Arbeitgeber vor, da es letztlich am Vorliegen einer Verfügungsmacht des Arbeitgebers über den zur Wohnung des Arbeitnehmers gehörenden Arbeitsplatz scheitern wird (Inbound-Fall). Arbeitet allerdings ein Arbeitnehmer aus dem Ausland heraus für einen deutschen Arbeitgeber, ist Vorsicht geboten, denn in Outbound-Fällen kann es zu einer anderen Beurteilung kommen. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn das Ausland nach nationalem Steuerrecht geringere Anforderungen an die Begründung einer (Homeoffice-)Betriebsstätte stellt. Hierzu sollen nachfolgend die von der deutschen Sichtweise abweichenden Auffassungen von Österreich, Schweden und Dänemark beispielhaft dargestellt werden.

Österreich: Die österreichische Finanzverwaltung hat bereits im Jahr 2019 die innerstaatliche Betriebsstättendefinition in § 29 Abs. 1 öBAO angepasst. Eine sporadische oder gelegentliche Nutzung des Homeoffice, d. h. weniger als 25 %, ist mangels ausreichender Verfügungsmacht nicht betriebsstättenbegründend. Sofern der Arbeitnehmer seiner Tätigkeit im Ausmaß von mehr als 50 % aus seinem Homeoffice heraus nachgeht, wird dem Arbeitgeber diese Verfügungsmacht allerdings bereits faktisch im Wege der betrieblichen Nutzung durch seinen Arbeitnehmer verschafft. Bei Homeoffice-Tätigkeiten zwischen 25 % und 50 % ist eine Einzelfallbetrachtung notwendig.

Schweden: Nach Auffassung der schwedischen Steuerbehörden (Stellungnahme Dnr: 8-1677220 vom 13. März 2022) wird das häusliche Arbeitszimmer nicht als dem ausländischen Arbeitgeber zur Verfügung stehend betrachtet, wenn die dort ausgeübte Tätigkeit vorübergehender Natur ist (Sechs-Monats-Frist). Gleiches gilt, wenn der Arbeitnehmer aufgrund gesetzlicher Beschränkungen zur Verhinderung der Ausbreitung von Krankheiten (COVID-19-Pandemie) von zu Hause arbeitet. Schädlich kann es allerdings sein, wenn das ausländische Unternehmen die Miete für ein Bürozimmer in der Wohnung des Mitarbeiters übernimmt. Auch ist entscheidend, ob die Heimarbeit aufgrund einer ausdrücklichen oder stillschweigenden Anforderung des Unternehmens erfolgt.

Dänemark: Die dänischen Steuerbehörden (SKM-Nr. SKM2022.250SR vom 12. Mai 2022) bejahen eine (Homeoffice-)Betriebsstätte immer dann, wenn die Heimarbeit in Dänemark im Interesse des Arbeitnehmers liegt und die Heimarbeit entsprechend vertraglich geregelt worden ist. Darüber hinaus ist auch das Interesse des Arbeitgebers maßgeblich, wenn dieser vom Arbeitsort des Mitarbeiters profitiert, indem z. B. Kundennähe aufgebaut wird. Eine verbindliche Auskunft stellte bereits klar, dass nicht die tatsächlich überwiegend in Dänemark verbrachte Arbeitszeit oder die überwiegend auf den dänischen Markt abzielende Tätigkeit entscheidend ist. Vielmehr sind der Zusammenhang und die Interessen privater und geschäftlicher Natur maßgebend für die Begründung einer Betriebsstätte in Dänemark.

Abkommensrecht: Wird innerstaatlich eine Betriebsstätte angenommen, ist in einem zweiten Schritt zu prüfen, ob dies auch auf Abkommensebene (Art. 5 OECD-MA) nachvollzogen wird. Eine abkommensrechtliche (Homeoffice-)Betriebsstätte kommt in Betracht, wenn das Homeoffice kontinuierlich genutzt wird und der Arbeitgeber vom Arbeitnehmer verlangt oder erwartet, die Tätigkeit im Homeoffice auszuüben. Dies kann unter Umständen vorliegen, wenn dem Arbeitnehmer kein Büro in den Räumlichkeiten des Unternehmens zur Verfügung gestellt wird.

Besteht ein innerstaatlicher Besteuerungsanspruch auch nach dem jeweiligen DBA, wird nicht nur im Ausland ein Besteuerungsanspruch begründet. Die entsprechenden Einkünfte müssen in diesem Fall zwischen Betriebsstätte und Stammhaus abgegrenzt werden (Problem der Doppelbesteuerung); denn wenn von deutscher Seite das Vorliegen einer (ausländischen) Betriebsstätte verneint wird und der Quellenstaat gleichwohl besteuert, kommt es im ersten Schritt zu einer Doppelbesteuerung. Weiterhin dürfen sozialversicherungsrechtliche Fragen in diesem Zusammenhang nicht übersehen werden.

Bedeutung für die Praxis: Aufgrund vielerorts durch Arbeitgeber erweiterte Homeoffice-Regelungen für Beschäftigte im Ausland besteht zunehmend für (deutsche) Unternehmen die Gefahr, eine (ungewollte) Betriebsstätte im Ausland zu begründen. Dies kann in der Konsequenz eine Steuerpflicht des (deutschen) Unternehmens im jeweiligen Staat auslösen und zu damit verbundenen Deklarationspflichten führen. Des Weiteren kann durch eine abweichende Betriebsstättendefinition auf Abkommensebene der innerstaatliche Besteuerungsanspruch Deutschlands beschränkt oder ausgeschlossen und dadurch Entstrickungstatbestände (ggf. Aufdeckung stiller Reserven) ausgelöst werden. Auch bedingt die Begründung einer (Homeoffice-)Betriebsstätte gleichzeitig immer die Frage nach der korrekten Gewinnaufteilung und -zuordnung zwischen Stammhaus und Betriebsstätte. Der Einsatz von Arbeitnehmern im Ausland sollte vor diesem Hintergrund stets sorgfältig geprüft werden.

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Autor

Marcel Max
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Dies ist ein Beitrag aus unserem Steuer-Newsletter 4/2022. Die gesamte Ausgabe finden Sie hier. Sie können diesen oder weitere Newsletter auch abonnieren und erhalten die aktuelle Ausgabe direkt zum Erscheinungstermin.