Gl. lt. Ländererlasse

Gesellschafterwechsel in doppel- und mehrstöckigen Personengesellschaftsstrukturen und deren Auswirkungen auf gewerbesteuerliche Fehlbeträge

Für die Frage der Unternehmeridentität als einer Voraussetzung für die Nutzung gewerbesteuerlicher Fehlbeträge nach § 10 a GewStG kommt es bei doppel- und mehrstöckigen Personengesellschaftsstrukturen nach den neuen gleichlautenden Erlassen der obersten Finanzbehörden der Länder vom 11.08.2021 (DStR 2021, 1951) ausschließlich auf die unmittelbare Gesellschafterstellung an. Daher können gewerbesteuerliche Fehlbeträge der Obergesellschaft, die bis zur Begründung der Untergesellschaft entstanden sind, auf Ebene der Untergesellschaft nicht verrechnet werden.

Hintergrund:

Der BFH hat mit Urteil vom 24.04.2014 (IV R 34/10) entschieden, dass im Fall der Einbringung des Betriebs einer Kommanditgesellschaft (Obergesellschaft) in eine atypisch stille Gesellschaft (Untergesellschaft) eine doppelstöckige Mitunternehmerschaft entsteht. Hierbei hat der BFH offengelassen, ob insoweit zwei – getrennt voneinander bestehende – Gewerbebetriebe vorliegen. Dies hat der BFH in einer späteren Entscheidung bejaht (Urteil vom 08.12.2016, IV R 8/14).

Darüber hinaus hat der BFH im Urteil vom 24.04.2014 auch zur Unternehmeridentität Stellung genommen. Er hat in diesem Zusammenhang zur Frage, ob und inwieweit gewerbesteuerliche Fehlbeträge nach § 10 a GewStG, die bis zur Begründung der atypisch stillen Beteiligung am Betrieb der Obergesellschaft entstanden sind, auf Ebene der Untergesellschaft für eine Verrechnung zur Verfügung stehen, auf die mittelbare Gesellschafterstellung der Gesellschafter der Obergesellschaft an der Untergesellschaft abgestellt. Bei fortbestehender Unternehmensidentität sollen daher die gewerbesteuerlichen Fehlbeträge der Obergesellschaft mit dem Teil des Gewerbeertrags der Untergesellschaft verrechnet werden können, der auf die Obergesellschaft entfällt.

Gleichlautende Ländererlasse vom 11.08.2021:

Nach dem Ergebnis der Erörterung der obersten Finanzbehörden der Länder sind die Grundsätze des Urteils zur mittelbaren Gesellschafterstellung über den entschiedenen Einzelfall hinaus nicht anzuwenden. Vielmehr wird an der bisherigen Verwaltungsauffassung uneingeschränkt festgehalten, nach der es zur Frage des Vorliegens der Unternehmeridentität stets und ausschließlich auf eine unmittelbare Gesellschafterstellung ankommt.

Im Fall der Begründung einer atypisch stillen Beteiligung am Handelsgewerbe einer Personengesellschaft sowie auch in anderen Fällen der Einbringung des Betriebs einer Personengesellschaft in eine andere Personengesellschaft (doppel- und mehrstöckige Personengesellschaftsstrukturen) sind damit Träger des Verlustabzugs nur die jeweiligen unmittelbaren Gesellschafter (Mitunternehmer) der Personengesellschaft. Bei der Beteiligung einer Obergesellschaft an einer Untergesellschaft sind also nicht die Gesellschafter der Obergesellschaft, sondern ist die Obergesellschaft selbst Gesellschafterin und damit Träger des Verlustabzugs der Untergesellschaft.

Bedeutung für die Praxis:

Zum einen hat ein Wechsel im Gesellschafterbestand der Obergesellschaft keinen Einfluss auf gewerbesteuerliche Fehlbeträge bei der Untergesellschaft, da die Unternehmeridentität bezüglich der Untergesellschaft letztlich unberührt bleibt (vgl. R 10 a.3 Abs. 3 S. 9 Nr. 8 S. 1 und 2 GewStR).

Zum anderen folgt für Fälle, wie sie dem BFH mit Urteil vom 24.04.2014 zugrunde lagen, dass gewerbesteuerliche Fehlbeträge der Obergesellschaft, die bis zur Begründung der Untergesellschaft entstanden sind, auf Ebene der Untergesellschaft mangels Unternehmeridentität nicht für eine Verrechnung zur Verfügung stehen. Träger dieser gewerbesteuerlichen Fehlbeträge sind weiterhin die Mitunternehmer der Obergesellschaft (Unternehmeridentität). Diese sind aber gerade nicht Mitunternehmer der Untergesellschaft, denn Mitunternehmer der Untergesellschaft ist allein die Obergesellschaft selbst.

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Autor

Bernd Keller
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Dies ist ein Beitrag aus unserem Steuer-Newsletter 3/2021. Die gesamte Ausgabe finden Sie hier. Sie können diesen oder weitere Newsletter auch abonnieren und erhalten die aktuelle Ausgabe direkt zum Erscheinungstermin.