(Mit-)Veräußerung von Betriebsvorrichtungen – welche Möglichkeiten eröffnet die sog. Öffnungsklausel

Kaum ergeht eine Neuregelung zur erweiterten Grundstückskürzung nach § 9 Nr. 1 S. 2 GewStG, schon wird vielerorts neuer Gestaltungsspielraum in ihrer Anwendung gesehen. Bestehende Fallstricke, die nicht ausdrücklich von der neuen Bagatellgrenze erfasst sind, werden neu bewertet und die Fantasie der Berater*innen wird dazu angeregt, möglichst viele Baustellen abzuhandeln. Die Frage ist unter anderem, ob der Gestaltungsspielraum am Beispiel der Veräußerung von Betriebsvorrichtungen einer kritischen Betrachtung standhält.

Die neue Bagatellgrenze

Eine große Herausforderung der Immobilienbranche ist die Sicherstellung der Inanspruchnahme der erweiterten Grundstückskürzung nach § 9 Nr. 1 S. 2 GewStG. Insbesondere ist die Vermeidung der Mitvermietung von Gegenständen, welche nicht als Grundbesitz zu qualifizieren sind, ein Thema, welches die Steuerpflichtigen auch weiterhin vor große Umsetzungsprobleme stellt. Besonders kritisch war bisher, dass keine Geringfügigkeitsgrenze existierte und damit jede noch so unbedeutende Anlage oder Maschine zu einer maximalen Gewerbesteuerbelastung führen konnte.

An dieser Stelle wollte der Gesetzgeber nun Abhilfe schaffen. Durch das Fondsstandortgesetz (FoStoG) hat der Gesetzgeber den Katalog der unschädlichen Nebentätigkeiten mit Wirkung ab dem Erhebungszeitraum 2021 erweitert. Neben anderen, neuen unschädlichen Katalogtatbeständen wurde auch die lang ersehnte Bagatellgrenze eingeführt, welche bei Nichtüberschreitung auch die Mitvermietung von Betriebsvorrichtungen als unschädliche (aber nicht begünstigte) Nebentätigkeit gelten lässt (§ 9 Nr. 1 S. 3 lit. c) GewStG). Dies gilt jedoch nur für Einkünfte aus unmittelbaren Vertragsbeziehungen zu Mietern, wenn diese nicht höher als fünf Prozent der Einnahmen aus der Gebrauchsüberlassung des Grundbesitzes sind.

Die Neuregelung ist grundsätzlich zu begrüßen, jedoch existieren noch einige Unklarheiten in Bezug auf die konkrete Anwendung und Auslegung der Regelung.

Veräußerung von Betriebsvorrichtungen und ähnlichen Anlagen

Bis zur Neuregelung durch das FoStoG hat eine Vielzahl von Steuerpflichtigen das sogenannte FixtureCo-Modell genutzt, um die bis dato schädliche Anlagenvermietung auszulagern. Dabei wurde die Betriebsvorrichtung von der Vermietungsgesellschaft (PropCo) auf eine Betriebsvorrichtungsgesellschaft (FixtureCo) übertragen. Anschließend vermietet die FixtureCo die Anlage selbst oder im Wege einer Treuhand über die PropCo. Der Steuerberater hat bei Verwendung dieser Lösung in aller Regel darauf hingewiesen, dass der dabei notwendige Übertragungsvorgang für sich genommen einen ebenfalls schädlichen Geschäftsvorfall darstellt. Somit konnte erst im darauffolgenden Erhebungszeitraum die erweiterte Grundstückskürzung genutzt werden. Ob diese Übertragung tatsächlich schädlich ist, ist nach wie vor strittig und weiterhin von Relevanz.

Die Übertragung von Betriebsvorrichtung ist relevant in Fällen, in denen die 5%-Grenze voraussichtlich überschritten wird und das FixtureCo-Modell doch wieder zum Einsatz kommen muss. Andere Übertragungsfälle wären z. B. die schlichte Veräußerung von Anlagen z. B. an Mieter, die Veräußerung des Grundbesitzes mitsamt den darin befindlichen Anlagen an Dritte oder der Wunsch einer aufgeteilten Vermietung aus umsatzsteuerlichen Gründen. Denkbar ist auch, dass die Gesellschaft die seit Jahren gelebte Praxis der FixtureCo-Lösung aus organisatorisch-prozessualen Gründen fortführen möchte.

Es stellt sich hierbei die Frage, ob die neue Bagatellgrenze eine Möglichkeit eröffnet, dass auch die Übertragung von Betriebsvorrichtungen und ähnlichen Anlagen unter die unschädlichen Tätigkeiten fällt und damit zusätzlich auch dieses Problem durch den Gesetzgeber gelöst wurde.

Auswirkung der Bagatellgrenze

Die Erweiterung des Katalogs der unschädlichen Nebentätigkeiten bezieht sich laut Wortlaut nur auf Einnahmen aus unmittelbaren Vertragsbeziehungen mit Mietern des Grundbesitzes. Eine Veräußerung der Anlagen an den Mieter könnte somit von der Neuregelung umfasst sein.

Wird jedoch z. B. an die FixtureCo übertragen, ist der Tatbestand bei wörtlicher Auslegung nicht erfüllt, da die FixtureCo nicht Mieter der PropCo ist. Insofern hilft die Bagatellgrenze an dieser Stelle ohne weitergehende Auslegung nicht weiter.

Auch bei einer Übertragung eines Grundstücks mitsamt Betriebsvorrichtungen ist nicht geklärt, ob die anteilige Veräußerung des Betriebsvermögens unter die Bagatellgrenze nach § 9 Nr. 1 S. 3 lit. c) GewStG fallen kann. Der Wortlaut des neuen Gesetzes gibt dazu keinen Hinweis.

Erste Stimmen in der Literatur vertreten eine sehr weitgehende Auslegung. Ausgangspunkt dieser Meinungen ist die Behandlung von Grundstücksveräußerungen. Bei der Grundstücksveräußerung gilt, dass, wenn die Vermietung selbst als unschädlich erachtet wird, auch der letzte Akt dieser Tätigkeit, die Veräußerung, als unschädlich zu qualifizieren ist. Es wird durch eine systematische und teleologische Auslegung versucht, eine Analogie der Rechtsfolgen herzustellen. Entsprechend wird argumentiert, dass bei einer wegen § 9 Nr. 1 S. 3 lit. c) GewStG unschädlichen Vermietung von Betriebsvorrichtungen auch die anschließende Veräußerung dieser Gegenstände als unschädlich angesehen werden könne. Auch wird bei diesem Ansatz dem Gesetzgeber zugetraut, dass dieser wusste, dass diverse Steuerpflichtige im Rahmen des Verkaufs von Immobilien auch die darin befindlichen Anlagen mitveräußern. Diese Anlagen konnten nun durch die Nutzung der Bagatellgrenze in den PropCos verbleiben, sodass davon auszugehen sei, dass es Wille des Gesetzgebers war, auch die Veräußerung der Anlagen zumindest bei Verkauf des gesamten Grundstücks unter die Bagatellgrenze zu fassen.

Hinsichtlich dieser zwar wünschenswerten Argumentation raten wir vor dem Hintergrund der jüngeren und sehr restriktiven Rechtsanwendung des BFH zur Vorsicht. Hier sollte auch im Interesse des Steuerpflichtigen zunächst ein konservativerer Ansatz verfolgt werden.

Vorsicht ist dringend geboten

Der BFH hat sich in seiner bisherigen Rechtsprechung im Zusammenhang mit der erweiterten Grundstückskürzung regelmäßig auf den Wortlaut des Gesetzes bezogen. Eine systematische Auslegung oder gar die Berücksichtigung des Willens des Gesetzgebers wurde in den letzten Jahren schmerzlich vermisst. Dies wurde am ehesten an der richterlichen Auslegung des Tatbestandsmerkmals der Ausschließlichkeit deutlich. Somit war schlussendlich der Gesetzgeber selbst gezwungen, eine Bagatellgrenze in das Gesetz aufzunehmen.

Dem strikten Ansatz des BFH folgend muss davon ausgegangen werden, dass der ausdrückliche Bezug zu Einnahmen aus unmittelbaren Vertragsbeziehungen mit den Mietern den Verkauf an Dritte nicht umfasst. In Kombination mit dem weiterhin geltenden Grundsatz der Ausschließlichkeit ist weiterhin von einer sehr eingeschränkten Anwendung der Bagatellgrenze auszugehen.

Veräußerungen von Betriebsvorrichtungen oder ähnlichen Anlagen sollten weiterhin dringend vermieden werden. Wenn möglich sollten Verkäufe von Betriebsvorrichtungen so lange vermieden werden, bis sich die Finanzverwaltung zur Auslegung des Gesetzes positioniert hat.

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Dies ist ein Beitrag aus unserem Steuer-Newsletter 1/2022. Die gesamte Ausgabe finden Sie hier. Sie können diesen oder weitere Newsletter auch abonnieren und erhalten die aktuelle Ausgabe direkt zum Erscheinungstermin.