BFH: Verflechtung zwischen Unternehmensbereichen verschiedener Organgesellschaften für wirtschaftliche Eingliederung

Der BFH hat mit Urteil vom 11. Mai 2023 (Az. V R 28/20) entschieden, dass auch durch eine mittelbare wirtschaftliche Eingliederung durch die Verflechtung von Unternehmensbereichen unterschiedlicher Organgesellschaften eine Organschaft im Sinne des § 2 Abs. 2 Nr. 2 S. 1 UStG begründet werden kann. Damit entschied er im Sinne des BFH-Urteils vom 1. Februar 2022 (Az. V R 23/21) und folgte den dort aufgestellten Grundsätzen einer wirtschaftlichen Eingliederung durch mittelbare Beziehungen zum Organträger.

Sachverhalt

Der BFH hatte zu entscheiden, ob das Sächsische Finanzgericht zu Recht das Vorliegen einer umsatzsteuerlichen Organschaft versagt hat (Urteil vom 5. September 2019, Az. 6 K 94/16). Klägerin war dabei eine GmbH, die aufgrund einer Verflechtung mit den Unternehmensbereichen anderer Gesellschaften einer Unternehmensgruppe in das Unternehmen eines Einzelunternehmers eingegliedert war.

Die klagende GmbH war Teil einer Unternehmensgruppe, deren Alleingesellschafter und alleiniger Geschäftsführer der G war. Der Unternehmensgegenstand umfasste die Vermietung und Verwaltung von Wohn- und Gewerbeimmobilien, wobei auch Mietimmobilien verwaltet wurden, die im Eigentum des G standen. Sie mietete zudem Büroräume von einer GbR an, an welcher der G zu 95 Prozent beteiligt war.

Das Finanzamt sah im vorliegenden Fall eine wirtschaftliche Eingliederung für nicht gegeben an. Auch das Sächsische Finanzgericht wies die Klage ab, diese sei mangels wirtschaftlicher Eingliederung keine Organgesellschaft des G. Unter anderem stelle die Geschäftstätigkeit der Klägerin keine nahezu ausschließliche Förderung des Unternehmens des G dar. Anders als andere Gesellschaften in der Unternehmensgruppe zahle die Klägerin keine Vertriebsprovision an G.

Die Klägerin trug mit der Revision vor, dass G unternehmerisch tätig sei und seine Beteiligung an der klagenden GmbH zwangsläufig zum Unternehmensvermögen im Sinne des § 2 Abs. 1 S. 2 UStG gehöre. Das Finanzgericht verkenne, dass sich eine wirtschaftliche Eingliederung auch aus mittelbaren Leistungen ergeben könne, ohne dass es zu einem direkten Leistungsaustausch zwischen Organträger und Organgesellschaft komme.

Entscheidung des BFH

Der BFH rügte die Entscheidung des Sächsischen Finanzgerichts und verwies den Fall zur erneuten Verhandlung zurück. Die Klägerin könne auch aufgrund der Verflechtung mit anderen Gesellschaften der Unternehmensgruppe mittelbar wirtschaftlich in das Unternehmen von G eingegliedert sein.

Zunächst stimmt der BFH dem Finanzgericht dahingehend zu, dass Dienstleistungen im Bereich der Hausverwaltung genau wie z. B. Personalverwaltungs- und Buchführungsdienste derart standardisierte Dienstleistungen seien, dass es zahlreiche, leicht austauschbare Anbieter hierfür gibt. Das allein könne grundsätzlich keine wirtschaftliche Eingliederung begründen.

Die Zurückverweisung des BFH beruht allerdings darauf, dass das Finanzgericht keine hinreichenden Feststellungen dazu getroffen hat, ob die wirtschaftliche Eingliederung möglicherweise bereits aus der besonderen Bedeutung der Hausverwaltungsdienste für die GmbH als Leistungserbringerin resultiert. Mangels einer diesbezüglich zuverlässigen Aussage des Finanzgericht lag ein Rechtsfehler vor, der zur Aufhebung der Entscheidung führte. Als weiteren Rechtsfehler führte der BFH an, dass das Finanzgericht außerdem nicht offen lassen durfte, ob eine Verflechtung mit Schwestergesellschaften innerhalb der Unternehmensgruppe bestand.

Eine Verflechtung zwischen unterschiedlichen Unternehmensbereichen verschiedener Organgesellschaften kann genügen, um eine wirtschaftliche Eingliederung auch ohne unmittelbare Beziehung zum Organträger anzunehmen. Dies war im zu entscheidenden Fall nicht auszuschließen, wenn die Klägerin mittelbar mit anderen Gesellschaften der Unternehmensgruppe wirtschaftlich verflochten ist. Für die mittelbare wirtschaftliche Eingliederung der Klägerin ist nach dem BFH unbeachtlich, dass der Einzelunternehmer G gegen Zahlung von Provisionen Leistungen an die übrigen Gesellschaften der Unternehmensgruppe erbrachte, da dies allenfalls eine Organschaft zwischen G und den betreffenden Gesellschaften begründen könnte.

Fazit

Mit dem Urteil setzt der BFH seine bisherige Rechtsprechung zur mittelbaren wirtschaftlichen Eingliederung fort. Danach setzt die wirtschaftliche Eingliederung voraus, dass die Unternehmensbereiche von Organträger und Organgesellschaft miteinander verflochten sind. Die Entscheidung ist zu begrüßen, da somit die Anforderungen insbesondere in Konzernstrukturen deutlich reduziert werden. Insbesondere vor dem Hintergrund der jüngsten Entscheidungen des EuGH und des BFH zur umsatzsteuerlichen Organschaft ist die „klare Linie“ zur Frage der wirtschaftlichen Eingliederung erfreulich.

Autor

Christian Hassa
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