Betrieb von Photovoltaikanlagen auf mehreren Grundstücken

Betrieb von Photovoltaikanlagen auf mehreren Grundstücken – Unterschiede zwischen dem steuerrechtlichen Teilbetriebsund dem energierechtlichen Anlagenbegriff

1. Einleitung

Der BFH (Beschl. v. 13. Juni 2022 – Az. X B 148/21) hatte sich mit der Frage auseinanderzusetzen, ob Photovoltaikanlagen, die ein Steuerpflichtiger auf mehreren – nicht benachbarten – Grundstücken betreibt, als unselbstständige Betriebsteile eines einheitlichen Gewerbebetriebs oder als Teilbetriebe im Sinne des Steuerrechts anzusehen sind.

Die Unterscheidung spielt bei der Veräußerung einzelner PV-Module eine Rolle: Ein Teilbetrieb kann nach §§ 16, 34 EStG steuerbegünstigt veräußert werden und der Veräußerungsgewinn ist für natürliche Personen nicht gewerbesteuerpflichtig (§ 7 GewStG). Wenn es sich um einen unselbstständigen Betriebsteil handelt, wird der Veräußerungsgewinn als laufender Gewinn versteuert. Daneben knüpft das Umwandlungsteuerrecht für die Möglichkeit von Umstrukturierungen zum Buchwert ebenfalls an den Begriff des Teilbetriebs an.

2. Wesentliche Entscheidungsgründe

Der Steuerpflichtige erzielte aus dem Betrieb von zunächst acht Photovoltaikanlagen gewerbliche Einkünfte. Drei der Photovoltaikanlagen waren auf dem Dach eines Mietshauses installiert, die weiteren fünf Anlagen befanden sich auf dem Dach eines etwa vier Kilometer entfernten Gebäudes.

Der Steuerpflichtige veräußerte die auf dem Dach des Mietshauses befindlichen Photovoltaikanlagen und erzielte einen Gewinn, für den er den Freibetrag nach § 16 EStG geltend machte und ihn nicht als steuerpflichtigen Gewerbeertrag behandelte. Beides begründete er damit, dass es sich bei den auf dem Dach des Mietshauses installierten PV-Anlagen um einen eigenständigen Teilbetrieb gehandelt habe.

Dieser Beurteilung widersprach der BFH mit dem o. g. Beschluss und nahm eine Abgrenzung von selbstständigen und unselbstständigen Gewerbebetrieben einerseits und Teilbetrieb andererseits vor.

Mehrere selbstständige Gewerbebetriebe eines Steuerpflichtigen erfordern deren Eigenständigkeit. Das richtet sich u. a. nach der Gleich- bzw. Ungleichartigkeit der Betätigungen und dem sachlichen (wirtschaftlichen, organisatorischen oder finanziellen) Zusammenhang zwischen den Betätigungen. Maßgebend ist jeweils das Gesamtbild der tatsächlichen Verhältnisse des Einzelfalls. Bei gleichartiger Betätigung besteht grundsätzlich die Vermutung, dass ein einheitlicher Betrieb vorliegt.

Die im Streitfall gegebene Entfernung von etwa vier Kilometern zwischen dem Mietshaus des Steuerpflichtigen und dem anderen Gebäude rechtfertigt die Qualifikation der veräußerten Photovoltaikanlage als einen eigenständigen Gewerbetrieb nicht. Der Kläger hat mit allen Photovoltaikanlagen eine gleichartige Tätigkeit ausgeübt.

Die Photovoltaikanlagen stellten auch keinen Teilbetrieb im Sinne des Steuerrechts dar. Der Begriff des Teilbetriebs i. S. von § 16 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 EStG ist nicht mit dem energierechtlichen Anlagenbegriff, beispielsweise nach § 3 Nr. 1 S. 1 EEG, identisch. Ob eine Anlage im Sinne des Energierechts vorliegt, hat daher grundsätzlich keine Bedeutung für die Frage, ob mehrere Photovoltaikanlagen einen Teilbetrieb darstellen. Ein Teilbetrieb ist ein organisch geschlossener, mit einer gewissen Selbstständigkeit ausgestatteter Teil eines Gesamtbetriebs. Die Abgrenzung erfolgt nach mehreren Kriterien, u. a. die räumliche Trennung vom Hauptbetrieb, eine gesonderte Buchführung, eigenes Personal, eine eigene Verwaltung, eigenes Anlagevermögen, ein eigener Kundenstamm.

Die bloße räumliche Entfernung im Urteilsfall war für den BFH nicht entscheidend und rechtfertigte nicht ohne Weiteres die begehrte Qualifikation der veräußerten Photovoltaikanlage als Teilbetrieb. Erforderlich wären weitere Merkmale gewesen.

Bedeutung für die Praxis

Mit dem Urteil hat der BFH klargestellt, dass der energierechtliche Anlagenbegriff keine Deckungsgleichheit mit dem steuerrechtlichen Teilbetriebsbegriff aufweist. Für die Definition des Teilbetriebs gelten einzig die allgemeinen steuerrechtlichen Merkmale. Gerade vor dem Hintergrund der Energiekrise ist daher bei Veräußerungen oder Umstrukturierungen Vorsicht geboten. Ebenso ist das Zusammenspiel von energierechtlicher Regulierung und steuerrechtlichen Vorschriften beispielsweise bei Mieterstromprojekten, Quartierslösungen und anderen Projekten, mit denen eine Änderung der Strom- oder Wärmeversorgung von Immobilien beabsichtigt wird, zu beachten. Daher sollte bei derartigen Vorhaben eine sorgfältige Prüfung erfolgen.

Autor*innen

Anja Spitzenberg
Tel: +49 30 208 88 1366

Konstantin Schönfelder
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Dies ist ein Beitrag aus unserem Public Sector Newsletter 4-2022. Die gesamte Ausgabe finden Sie hier. Sie können diesen Newsletter auch abonnieren und erhalten die aktuelle Ausgabe direkt zum Erscheinungstermin.