Verwaltungsgericht Magdeburg: Durchsetzung eines eigenwirtschaftlichen Antrags im Eilverfahren

Mit Beschluss vom 17.7.2020 hat das Verwaltungsgericht Magdeburg (1. Kammer) die Durchsetzung eines eigenwirtschaftlichen Antrags im Eilverfahren abgelehnt.

Der Beschluss ist instruktiv für das Verständnis darüber, wie sich im Falle der Konkurrenz von „beabsichtigter Direktvergabe an einen internen Betreiber“ und „eigenwirtschaftlichem Antrag Dritter“ der prozessuale Rechtsschutz gestaltet. Im Regelfall bestehen unseres Erachtens grundsätzlich gute Chancen für den Altbetreiber jedenfalls so lange in der Position des Leistungserstellers zu verbleiben, bis in einem Hauptsacheverfahren über den eigenwirtschaftlichen Antrag entschieden worden ist.

Im dem zugrunde liegenden Fall ist auf die durch den Landkreis veröffentlichte Direktvergabeabsicht durch ein mittelständisches Verkehrsunternehmen ein eigenwirtschaftlicher Antrag (§ 12 Abs. 6 PBefG) gestellt worden. Der Antragsteller, der bislang nur als Subunternehmer unter der Regie des langjährigen kommunalen ÖPNV-Betreibers in Bezug auf vereinzelte Teilleistungen tätig geworden ist, versprach und beantragte nunmehr die eigenwirtschaftliche Bedienung des gesamten Landkreises. Die Genehmigungsbehörde und das für das Widerspruchsverfahren zuständige Landesverwaltungsamt lehnten den Antrag ab. Wesentliches Argument für die Ablehnung waren die Begründeten Zweifel an der Eigenwirtschaftlichkeit des Antragstellers. Der Landkreis hat das Direktvergabeverfahren ohne Verzögerung fortgeführt und zum Abschluss gebracht. Im Hinblick auf den vorgesehenen Leistungsbeginn (in unmittelbarem Anschluss an die Laufzeit der Bestandsgenehmigungen) beantragten beide Unternehmen die Erteilung einer einstweiligen Erlaubnis nach § 20 PBefG, die durch den Landkreis (die Genehmigungsbehörde) dem Altbetreiber zugesprochen wurde.

Der eigenwirtschaftliche Antragsteller beantragte daraufhin beim Verwaltungsgericht Magdeburg, den Landkreis im Wege einstweiliger Anordnung zu verpflichten, ihr vorläufig – bis zum Eintritt der Rechtskraft der Hauptsacheentscheidung – eine einstweilige Erlaubnis gemäß § 20 PBefG zu erteilen und die einstweilige Erlaubnis mit Sofortvollzug zu versehen. Das Verwaltungsgericht hat es indessen abgelehnt, dass der Antragsteller aufgrund des bloßen Verweises auf den sogen. „Vorrang der Eigenwirtschaftlichkeit“ (§ 8 Abs. 4 PBefG) im Rahmen eines Eilverfahrens den Bestandsbetreiber des ÖPNV verdrängen können soll. Gemäß § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO könne das Gericht der Hauptsache eine einstweilige Anordnung nur zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf das streitige Rechtsverhältnis erlassen, „um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern oder wenn diese Regelung aus anderen Gründen nötig erscheint“.

Der Antragsteller konnte die Notwendigkeit der vorläufigen Regelung (Anordnungsgrund) letztendlich nicht glaubhaft machen, da er mit der begehrten Erteilung der einstweiligen Erlaubnis gemäß § 20 PBefG die Hauptsache vorwegnehmen wollte. Eine entsprechende Regelungsanordnung zur Erteilung der einstweiligen Erlaubnis an den eigenwirtschaftlichen Antragsteller hätte nur ergehen können, wenn der Antragsteller in der Hauptsache zumindest überwiegende Erfolgsaussichten hat und schlechthin unzumutbaren, anders nicht abwendbaren Nachteilen ausgesetzt wäre, wenn er auf den rechtskräftigen Abschluss eines Klageverfahrens verwiesen werden müsste. Überwiegende Erfolgsaussichten in der Hauptsache bestünden nur dann, wenn der geltend gemachte Anspruch mit höchster Wahrscheinlichkeit begründet sei und aller Voraussicht nach auch im Hauptsacheverfahren bestätigt werden könne (OVG LSA, B. v. 17.2.2005 – 3 M 454/04, B. v. 14.11.2003 – 3 M 309/03; B. v. 16.12.2004 – 3 M 384/04; B. v. 7.3.2007, 1 M 6/07). Solche überwiegenden Erfolgsaussichten in der Hauptsache konnten für den Antragsteller vorliegend gerade nicht unterstellt werden.

In rechtlicher Hinsicht war die Entscheidung des VG Magdeburg so zu erwarten und entspricht einer gefestigten Rechtsprechung. Für die Rechtsanwender bei kommunalen Verwaltungen, Genehmigungsbehörden und Verkehrsunternehmen ist die Entscheidung gleichwohl ein Beleg dafür, dass für die – kurzfristige – Verdrängung des kommunalen Betreibers, der Adressat einer Direktvergabe werden soll, grundsätzlich hohe Hürden bestehen, was die Genehmigungsbehörde indessen nicht davon entbindet, die substanziiert behauptete Eigenwirtschaftlichkeit auch substanziiert zu „bestreiten“.

Im Ergebnis geht es um die Frage des Vorliegens des Versagungsgrundes der Beeinträchtigung öffentlicher Verkehrsinteressen i. S. v. § 13 Absatz 2 Nummer 2 PBefG, wofür konkrete Anhaltspunkte dafür vorliegen müssen, dass der Bewerber um eine eigenwirtschaftliche Genehmigung diese Linie wegen fehlender Kostendeckung nicht dauerhaft betreiben kann. Im Einzelfall kann nach Auffassung des Bundesverwaltungsgerichts die Behörde gehalten sein, für die Bewertung der Tragfähigkeit des wirtschaftlichen Konzepts für den Betrieb der Linie externen Sachverstand beizuziehen.

      

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