Umsatzsteuerliche Leistungsbeziehungen beim Bezug von Biomasse

Anlagen, die Biomasse als Energiequelle für die Strom- und Wärmerzeugung nutzen, sind mittlerweile integraler Bestandteil einer Versorgungsstrategie, die auf Nachhaltigkeit und Umweltfreundlichkeit setzt. Auch viele kommunale Stadtwerke betreiben Biomassekraftwerke.

Als alternativer Brennstoff kommt u. a. Mais zum Einsatz. Durch einen Landwirt wird Biomasse an den Anlagenbetreiber geliefert, welcher die nach der Biogaserzeugung verbleibenden Pflanzenreste (sog. „Gärreste“) an den Landwirt zurückführt. Welche umsatzsteuerlichen Leistungsbeziehungen resultieren daraus?

Der BFH entschied mit seinem Urteil vom 10.8.2017 – V R 3/16, veröffentlicht am 27.9.2017, und bestätigte damit das Urteil der Vorinstanz: „Übergibt ein Landwirt dem Betreiber einer Biogasanlage aufgrund einer zwischen beiden geschlossenen Vereinbarung Biomasse, die im Eigentum des Landwirts verbleibt und lediglich zur Gewinnung von Biogas genutzt wird, so erfüllt die Rückgabe der verbleibenden Pflanzenreste an den Landwirt mangels einer Zuwendung nicht die Voraussetzungen  einer Besteuerung nach § 3 Abs. 1b Satz 1 Nr. 3 UStG. Steht von vornherein fest, dass der Abnehmer einen Teil der übergebenen Biomasse wieder zurückgeben muss, beschränkt sich der wesentliche wirtschaftliche Zweck der Lieferung auf das dem Abnehmer nach dem Inhalt der Leistungsvereinbarungen verbleibende Biogas.“

In dem zugrunde liegenden Streitfall hatten die Vertragsparteien vereinbart, dass bei der Lieferung der Pflanzensubstrate die Biomasse im Eigentum der liefernden Landwirtschaft verbleibt und die Biomassesubstanz nach energetischer Verwertung wieder zu dem Lieferer zurückkommt. Nach dieser Vereinbarung waren sich die Vertragsparteien einig, dass die Lieferung seitens der Landwirtschaft ausschließlich in der Lieferung von Kohlenwasserstoffverbindungen zwecks energetischer Nutzung durch den Abnehmer besteht. Folgerichtig wurde für die Rücknahme der Gärreste auch kein durch die Landwirtschaft zu zahlendes Entgelt vereinbart. Der Wille der Vertragsparteien äußert sich bereits in dem Titel der zwischen ihnen geschlossenen Vereinbarung: „Vereinbarung über die Lieferung von Energie in Biomasse …“

Das vorinstanzliche FG Rheinland-Pfalz, dem sich der BFH anschließt, begründet seine Entscheidung zum Vorliegen einer Gehaltslieferung i. S. v. § 3 Abs. 5 UStG im Wesentlichen damit, dass in dem Streitfall der Wille der an dem Rechtsgeschäft Beteiligten von vornherein darauf gerichtet ist, dass von der hingegebenen Rohware nur deren Hauptbestandteil Gegenstand der Lieferung sein soll und der Lieferer dem Abnehmer nur an diesem Hauptbestandteil, nicht jedoch an der Biomasse an sich, Verfügungsmacht verschafft. Starkes Indiz ist lt. Urteilsbegründung zudem die mangelnde Vereinbarung eines gesonderten Entgelts für die Rückgabe des Gärrests.

Auf dieser Urteilsbegründung baut auch die Verfügung der OFD Frankfurt vom 11. Juli 2018 auf. Demgemäß ist Voraussetzung für das Vorliegen einer Gehaltslieferung, dass die Biomassesubstanz im Eigentum des Lieferers verbleibt und sich die Leistung auf die Nutzung zur Energieerzeugung beschränkt.

Nur wenn keine solche Vereinbarung besteht, ist nach Auffassung der OFD Frankfurt von einer Lieferung der Biomasse  und nach erfolgter Umwandlung in Biogas von einer Lieferung  der Gärreste an den ursprünglichen Lieferer auszugehen.  Dem entspricht auch das Urteil des FG Münster vom 1.10.2019 – 15 K 102/16 U. Hier entschied das Finanzgericht ausdrücklich und in Abgrenzung zu dem o. g. BFH-Urteil, dass keine Gehaltslieferung vorliegt, sondern von zwei Lieferungen auszugehen ist. Denn: „Die Beurteilung, wie viele verschiedene Leistungen ausgetauscht wurden, folgt aus den vertraglichen Vereinbarungen. Nur aus den vertraglichen Vereinbarungen ist erkennbar, ob einer der Vertragspartner bereit war, für die Handlung des anderen am Vertrag Beteiligten bzw. für den Erhalt eines Gegenstands vom Vertragspartner ein Entgelt zu entrichten.“

Es zeigt sich an diesem Beispiel einmal mehr, dass ein vermeintlich analoger Sachverhalt („Bezug von Biomasse durch Betreiber einer Biogasanlage und Rückgabe der Gärreste an den Lieferer“) je nach konkreter vertraglicher Ausgestaltung zu voneinander verschiedenen (umsatz-)steuerlichen Konsequenzen führen kann.

Autorin

Britta Benkißer
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