BGH – Vermieter darf Mieterhöhungsverlangen nachträglich reduzieren

Der Bundesgerichtshof hat entschieden (Urteil vom 6. April 2022 – VIII ZR 219/20), dass der Vermieter berechtigt ist, ein formell ordnungsgemäßes Mieterhöhungsverlangen auch nach Zugang beim Mieter nachträglich zu reduzieren, ohne ein neues Erhöhungsverlangen mit neuen Fristen stellen zu müssen.

Sachverhalt

Der Vermieter erhöhte die Miete um ca. 65 € monatlich. Nachdem der Mieter dem Verlangen nicht zustimmte, erhob der Vermieter Klage vor dem Amtsgericht Nürnberg. Im Rahmen dieser Zustimmungsklage minderte der Vermieter das Mieterhöhungsverlangen jedoch um ca. 20 €. Sowohl das AG Nürnberg als auch das Landgericht Nürnberg- Fürth gaben der Zustimmungsklage des Vermieters vollumfänglich statt. Da der Mieter der Ansicht war, dass der Vermieter aufgrund der nachträglichen Reduzierung der Mieterhöhung ein neues, vorgerichtliches Mieterhöhungsverlangen hätte stellen müssen, wandte er sich an den BGH.

Inhalt der Entscheidung

Der BGH gab dem Vermieter Recht. Ein Mieterhöhungsverlangen stellt ein Angebot auf Abschluss eines Änderungsvertrages dar, welcher durch Annahmeerklärung des Mieters zustande kommt. Hiergegen spricht eigentlich der Grundsatz des § 145 BGB, wonach ein Antragsteller an seinen Antrag gebunden ist; eine inhaltliche Abänderung – etwa wie hier durch Reduzierung der Mieterhöhung – würde demnach ein neues Angebot darstellen. Der BGH entschied hier aber, dass die spezialgesetzlichen mietrechtlichen Regelungen der §§ 558 ff. BGB gegenüber den allgemeinen Regelungen der §§ 145 ff. BGB vorrangig anzuwenden seien, soweit sie – wie hier – eine speziellere gegenüber der allgemeinen Regelung treffen.

Gemäß § 558a Abs. 1 BGB ist das Mieterhöhungsverlangen dem Mieter in Textform zu erklären und zu begründen. Wenn der Mieter einem Mieterhöhungsverlangen, das diese formellen Anforderungen wahrt, nicht zustimmt und der Vermieter anschließend die ursprüngliche Mieterhöhung reduziert, liegt abweichend von § 145 BGB kein neues Erhöhungsangebot vor. Stattdessen gilt das erste Mieterhöhungsverlangen in reduzierter Höhe weiter. Es ist also keine erneute Erklärung und Begründung des Mieterhöhungsverlangens nach § 558a BGB erforderlich. Nach dem BGH seien auch die Interessen des Mieters in ausreichendem Maße gewahrt, weil der Mieter bereits anhand der Begründung im ersten Mieterhöhungsschreiben die Rechtmäßigkeit der Mieterhöhung an sich prüfen kann.

Ferner beginnen auch die die Zustimmungs- und Überlegungsfristen gemäß § 558b Abs. 1, 2 BGB nicht neu zu laufen. Der BGH begründet dies vor allem mit dem Wortlaut des § 558b Abs. 1, 2 BGB, wonach der Mieter einem Mieterhöhungsverlangen spiegelbildlich auch nur in bestimmter Höhe zustimmen könnte.

Fazit und Ausblick

Die Entscheidung des BGH sorgt für mehr Rechtssicherheit und Rechtseffizienz, da klargestellt wird, dass Vermieter von ihrem ursprünglich gestellten Mieterhöhungsverlangen teilweise wieder Abstand nehmen können, ohne ein neues Erhöhungsverfahren in Gang setzen zu müssen. Für die Vermieterseite ist dies vorteilhaft, weil vor allem eine Verschiebung des Zeitpunkts, ab dem der Mieter die erhöhte Miete nach § 558b Abs. 1, 2 BGB schuldet, vermieden wird. Belange des Mieters dürften bei einem solchen Vorgehen trotz allem ausreichend geschützt sein.

Gern unterstützen wir Sie im Einzelfall sowohl bei der Durchsetzung als auch bei der Abwehr von Mieterhöhungsverlangen.

Autor

Christoph von Loeper
Tel: +49 30 208 88 1422

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Dies ist ein Beitrag aus unserem Immobilienrecht Newsletter 3-2022. Die gesamte Ausgabe finden Sie hier. Sie können diesen Newsletter auch abonnieren und erhalten die aktuelle Ausgabe direkt zum Erscheinungstermin.