BGH – Update zur Mindestvergütung nach HOAI in sog. Altfällen

Hintergrund der Thematik

In unserem Newsletter 1/2022 hatten wir die nach Ersuchen des Bundesgerichtshofs ergangene Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs vorgestellt (Urteil vom 18. Januar 2022 – C S-261/20). Der EuGH hatte hier geurteilt, dass das Recht der Europäischen Union Klagen von Planern auf den Mindestsatz nach HOAI in Altfällen nicht entgegenstehe. Etwaige Restzweifel, ob derartige „Aufstockungsklagen“ mit Erfolg erhoben und durchgeführt werden können, hat der BGH mit seiner abschließenden Revisionsentscheidung vom 2. Juni 2022 (Az. VII ZR 174/19) nunmehr beseitigt.

Inhalt der Entscheidung

Der klagende Planer begehrte auf Grundlage eines im Jahr 2016 abgeschlossenen Ingenieurvertrags für seine Leistungen in Zusammenhang mit dem Bauvorhaben des Beklagten von diesem über das pauschal vereinbarte Honorar von 55.025,00 € hinaus weitere ca. 100.000,00 €. Der BGH entschied, dass der Planer das Mindestsatzhonorar nach HOAI verlangen könne. Denn für bis zum 31. Dezember 2020 abgeschlossene Verträge (sog. Altverträge) gelte nach wie vor das national zwingende Preisrecht mit den maßgeblichen Mindestsätzen.

Die hiergegen gerichteten Einwände des Beklagten, der sich u. a. auf einen Verstoß des Klägers gegen Treu und Glauben gemäß § 242 BGB berufen hat, greifen laut BGH nicht durch. Die Geltendmachung eines Anspruchs durch eine Partei könne nicht treuwidrig sein, wenn – wie hier – die nationale Rechtsvorschrift, aus welcher der Anspruch hergeleitet wird, gegen eine EU-Richtlinie verstoße. Eine Partei könne sich vielmehr grundsätzlich auf eine nationale Rechtsvorschrift berufen, solange diese weiterhin gültig und im Verhältnis der Parteien anwendbar sei. Darüber hinaus komme auch keine richtlinienkonforme Auslegung der maßgeblichen Vorschrift in der HOAI (§ 7 HOAI) in Betracht, wonach die Mindestsätze der HOAI nicht mehr verbindlich und damit einer die Mindestsätze unterschreitenden Honorarvereinbarung nicht entgegenstünden.

Fazit und Ausblick

Es dürfte wahrscheinlich sein, dass von Planern – ermutigt durch die BGH-Entscheidung – eine Vielzahl weiterer Aufstockungsklagen in Altfällen erhoben wird. Da in der Regel keine relevanten Einwendungen von Bauherrenseite gegen die Durchsetzung von Mindesthonorarsatz-Ansprüchen bestehen dürften, haben die Klagen gute Erfolgsaussichten. Nicht entbunden sind die Planer selbstverständlich von der Prüfung, ob das Mindesthonorar überhaupt die konkrete Pauschalvereinbarung überschreitet.

Autor

Christoph von Loeper
Tel: +49 30 208 88 1422

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Dies ist ein Beitrag aus unserem Immobilienrecht Newsletter 3-2022. Die gesamte Ausgabe finden Sie hier. Sie können diesen Newsletter auch abonnieren und erhalten die aktuelle Ausgabe direkt zum Erscheinungstermin.