Kein dauerhaftes Recht eines Architekten zum Betreten eines Bauwerks zur Erstellung von Fotoaufnahmen

Der BGH hat entschieden (Urteil vom 29. April 2021 – I ZR 193/20), dass eine AGB-rechtlich vereinbarte Klausel, wonach der Architekt – auch nach Beendigung des Vertrages – das Bauwerk in Abstimmung mit dem Bauherrn betreten darf, um Fotoaufnahmen oder sonstige Aufnahmen zu machen, wegen unangemessener Benachteiligung des Bauherrn gemäß § 307 Absatz 1 Satz 1 BGB unwirksam ist.

Hintergrund der Thematik

Ein Architekt plante im Jahr 2013 ein Bauwerk auf Grundlage des mit dem Bauherrn geschlossenen Architektenvertrags. Dieser enthielt eine Klausel, die ihm ein dauerhaftes Betretungsrecht – nach Abstimmung mit dem Bauherrn – zusicherte, um fotografische oder sonstige Aufnahmen zu fertigen. Darauf gestützt erbat der Architekt im Jahr 2018 die Erlaubnis zum Betreten des Objekts, die ihm jedoch vom Bauherrn versagt wurde. Die von dem Architekten erhobene Klage blieb letztlich vor dem BGH ohne Erfolg.

Kein Zutrittsrecht bei undifferenzierter AGB-Klausel

Der BGH entschied, dass die Zutrittsklausel im Architektenvertrag unwirksam ist, da sie den Bauherrn nach § 307 Absatz 1 Satz 1 BGB unangemessen benachteiligt.

Grundsätzlich kann ein berechtigtes Interesse des Architekten an dem mehrfachen und zeitlich versetzten Betreten des Bauwerkes bestehen. Allerdings muss dieses Interesse auch den Interessen des Bauherrn entsprechen bzw. dessen Interessen müssen in die Abwägung einbezogen werden. Die hier streitgegenständliche Klausel enthält keinerlei Einschränkungen, weder in zeitlicher Hinsicht noch im Hinblick auf die Anzahl der Betretungen. Auch hat der Bauherr gemäß der Klausel keine Möglichkeit, das Betreten abzulehnen, sondern nur ein Recht zur zeitlichen Abstimmung. Eine solch uneingeschränkte Berechtigung stellt einseitig die Interessen des Architekten in den Vordergrund und lässt die Interessen des Bauherrn außer Acht. Ohne Belang sei, dass eine solche Klausel in einer Vielzahl von Architektenverträgen enthalten und branchenüblich ist.

Kein Zutrittsrecht aus Urheberrechtsgesetz

Auch aus dem Urheberrechtsgesetz (UrhG) konnte der Architekt im konkreten Fall kein Betretungsrecht herleiten bzw. war der Bauherr nicht zur Duldung des Betretens verpflichtet. Nach § 25 Absatz 1 UrhG kann ein Urheber von dem Besitzer verlangen, ihm das Werk zugänglich zu machen, soweit dies der Vervielfältigung bzw. Bearbeitung des Werkes dient und keine berechtigten Interessen des Bauherrn entgegenstehen. Allerdings liegt vorliegend kein urheberrechtlich geschütztes Bauwerk vor, da nur ein gewöhnlicher Umbau im Gebäudeinneren des Objekts – ohne Besonderheiten – vorgenommen wurde.

Fazit und Ausblick

Werden Betretungsregelungen nicht ohnehin individualvertraglich vereinbart, sondern im Rahmen von vom Architekten gestellten AGB (wie hier), sollten Architekten bei der Vertragsgestaltung darauf achten, dass die Betretungsregelungen die gebotenen Beschränkungen in zeitlicher Hinsicht sowie im Hinblick auf die Anzahl der Betretungen enthalten und dem Bauherrn ein bestimmtes Ablehnungsrecht einräumen. Andernfalls riskiert der Architekt – sofern er keinen urheberrechtlich geschützten gesetzlichen Anspruch hat –, das Bauwerk nicht betreten und keine Fotoaufnahmen machen zu dürfen.

Autor

Christoph von Loeper
Tel: +49 30 208 88 1422

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Dies ist ein Beitrag aus unserem Immobilienrecht Newsletter 3-2021. Die gesamte Ausgabe finden Sie hier. Sie können diesen Newsletter auch abonnierenund erhalten die aktuelle Ausgabe direkt zum Erscheinungstermin.