Reformvorhaben der Ampel-Koalition – die wichtigsten Punkte des Koalitionsvertrags zum Thema Bauen und Wohnen

Seit mehr als zwei Monaten ist die Ampel-Koalition, bestehend aus SPD, Bündnis 90/Die Grünen und FDP, neu im Amt. Die Koalition hat sich in ihrem Regierungsprogramm zum Thema „Bauen und Wohnen“ hohe Ziele gesteckt und angekündigt, dass ein „Aufbruch in der Bau-, Wohnungs- und Stadtentwicklungspolitik“ gestartet würde.

Dafür wurde ein eigenständiges Bauministerium geschaffen, nämlich das „Bundesministerium für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen“. Die Position der Bundesbauministerin hat Klara Geywitz (SPD) übernommen.

Bisher ist hinsichtlich der Umsetzung wenig Konkretes bekannt. Wir haben einen Blick in den Koalitionsvertrag geworfen und nachfolgend für Sie die wichtigsten Reformvorhaben im Überblick dargestellt.

Schaffung von Wohnraum und Verschärfung des städtebaulichen Instrumentariums

Die Schaffung von Wohnraum – und flankierend auch die „effektivere Nutzung des städtebaulichen Instrumentariums“ – spielt eine zentrale Rolle im Koalitionsvertrag. Dort heißt es, dass ausreichend Wohnraum geschaffen werden und dazu eine Bauund Investitionsoffensive gestartet werden soll. Folgende Pläne verfolgt die Bundesregierung:

  • Neubau von 400.000 neuen Wohnungen pro Jahr, davon 100.000 öffentlich gefördert 
  • Einführung einer neuen Wohngemeinnützigkeit mit steuerlicher Förderung und Investitionszulagen 
  • Aufbau eines Bund-Länder-Programms für studentisches Wohnen, für junges Wohnen und Wohnen für Auszubildende
  • Einsatz für altersgerechtes Wohnen und Barriereabbau
  • Anhebung der linearen Abschreibung für den Neubau von zwei auf drei Prozent 
  • Senkung der Kosten für den Wohnungsbau durch serielles Bauen, Digitalisierung, Entbürokratisierung und Standardisierung 
  • Novellierung des Baugesetzbuchs (BauGB) zur noch effektiveren Anwendung städtebaulicher Instrumente, Bauflächenmobilisierung, Beschleunigung von Planungs- und Genehmigungsverfahren, Entfristung des Baulandmobilisierungsgesetzes, Schaffung von rechtlichen Grundlagen für vollständige Digitalisierung des Bauleitplanverfahrens, Prüfen des gesetzgeberischen Handlungsbedarfes hinsichtlich Vorkaufsrechten in Erhaltungsgebieten

Klimaschutz im Gebäudesektor

Im Gebäudebereich sollen Klimaziele erreicht werden. Dafür ist eine Überarbeitung des Gebäudeenergiegesetzes (GEG) notwendig. Zu den geplanten Änderungen gehören:

  • Ab 2025 sollen neu eingebaute Heizungen verpflichtend auf Basis von mindestens 65 % erneuerbarer Energien betrieben werden
  • Ab 2025 werden die Energie-Standards für Neubauten sukzessive an den Standard KfW-Effizienzhaus 40 angeglichen
  • Ab 2024 müssen bei wesentlichen Umbauten, Ausbauten oder Erweiterungen von Bestandsgebäuden die auszutauschenden Teile dem Standard KfW-Effizienzhaus 70 entsprechen 
  • Alle geeigneten Dachflächen sollen künftig für die Solarenergie genutzt werden. Bei gewerblichen Neubauten soll dies verpflichtend sein, bei privaten Neubauten soll es die Regel werden 
  • Einführung eines Stufenmodells zum 1. Juni 2022 nach Gebäudeenergieklassen zur Verteilung des zusätzlich zu den Heizkosten zu zahlenden CO2-Preises. Sofern dies zeitlich nicht gelingt, sollen die durch den CO2-Preis erhöhten Kosten zwischen Vermieter und Mieter hälftig geteilt werden

Mieterschutz

Erhebliche Änderungen soll es im Bereich des Mieterschutzes geben. Insgesamt sollen die geltenden Mieterschutzregelungen verschärft und verlängert werden. Im Einzelnen:

  • Absenkung der Kappungsgrenze in angespannten Wohnungsmärkten auf 11 % in drei Jahren (bisher beträgt die reguläre Kappungsgrenze 20 %, die abgesenkte Kappungsgrenze in angespannten Wohnungsmärkten 15 %)
  • Verlängerung der Mietpreisbremse bis 2029 
  • Der Betrachtungszeitraum für die Ermittlung der ortsüblichen Vergleichsmiete wird auf sieben Jahre verlängert 
  • Für Gemeinden mit über 100.000 Einwohnern werden qualifizierte Mietspiegel verpflichtend 
  • Transparenz-Vorgaben für Betriebskostenabrechnungen
  • Ggfs. Beschränkungen der Kündigungsmöglichkeiten bei Zahlungsverzug von Wohnraummietern (übergeordnetes Ziel: Vermeidung von Wohnungsund Obdachlosigkeit)

Wohneigentum

Der Erwerb des selbst genutzten Wohneigentums soll mehr Menschen ermöglicht werden. Dafür sollen die Bundesländer mehr Flexibilität bei der Ausgestaltung der Grunderwerbssteuer erhalten, z. B. durch Einführung eines Freibetrags. Zur Gegenfinanzierung sollen Schlupflöcher bei sog. Share Deals, bei denen gewerbliche Immobilienkäufer die Grunderwerbssteuer bislang u. U. vollständig sparen konnten, geschlossen werden.

Fazit und Ausblick

Im Koalitionsvertrag ist ein liberaler Einfluss bezüglich der Immobilienthemen kaum erkennbar. Im Vergleich zum Sondierungspapier der Ampel- Koalition vom 15. Oktober 2021 wurde deutlich nachgeschärft. Unter anderem sowohl, was den Mieterschutz angeht (u. a. Absenkung der Kappungsgrenze, Verlängerung der Mietpreisbremse, Verlängerung des Betrachtungsraumes für Mietspiegel), als auch, was das städtebauliche Instrumentarium betrifft (u. a. die noch effektivere Anwendung von städtebaulichen Instrumenten, Entfristung des Baulandmobilisierungsgesetzes, Prüfung des gesetzgeberischen Handlungsbedarfs hinsichtlich Vorkaufsrechten in Erhaltungsgebieten). Darüber hinaus dürften Eigentümern durch die geplanten Änderungen im GEG weitere erhebliche Baukosten zur energieeffizienten Nutzung von Bestandsimmobilien und Neubauten entstehen.

Positiv hervorzuheben ist die Schaffung eines eigenständigen Bauministeriums zur Bündelung der Bauthemen auf Bundesebene, die angekündigte Bau- und Investitionsoffensive zur Schaffung von 400.000 Wohnungen im Jahr, die Pläne zur Beschleunigung und Digitalisierung von Planungs- und Genehmigungsverfahren sowie sämtliche Pläne zum kosteneffizienteren Bauen einschließlich grunderwerbssteuerlichen Entlastungen beim Erwerb der selbst genutzten Immobilie.

Autor

Christoph von Loeper
Tel: +49 30 208 88 1422

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Dies ist ein Beitrag aus unserem Immobilienrecht Newsletter 1-2022. Die gesamte Ausgabe finden Sie hier. Sie können diesen Newsletter auch abonnierenund erhalten die aktuelle Ausgabe direkt zum Erscheinungstermin.