Einführung des elektronischen Rezeptes (E-Rezept)

Mit Inkrafttreten des Patientendaten-Schutz-Gesetzes (PDSG) zum 20. Oktober 2020 wurden die Voraussetzungen für die Einführung des elektronischen Rezeptes (E-Rezept) geschaffen.

Das E-Rezept soll flächendeckend für die Verordnung von verschreibungspflichtigen Arzneimitteln zum 1. Januar 2022 eingeführt werden. Es soll planmäßig eine Testphase in ausgewählten Praxen in Berlin-Brandenburg zum 1. Juli 2021, freiwillig bundesweit ab dem 1. Oktober 2021, beginnen.

Welchen rechtlichen Grundlagen unterliegt das E-Rezept?

Anwendungsbereich und technische Voraussetzungen

Die Voraussetzungen für die Übermittlung vertragsärztlicher Verordnungen in elektronischer Form und den Zugriff auf ärztliche Verordnungen in der Telematikinfrastruktur folgen aus §§ 360, 361 SGB V.

Nach § 360 Abs. 2 SGB V sind Ärztinnen und Ärzte sowie Zahnärztinnen und Zahnärzte, die an der vertrags(zahn)ärztlichen Versorgung teilnehmen oder in Einrichtungen tätig sind, die an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmen, oder in zugelassenen Krankenhäusern, Vorsorgeeinrichtungen oder Rehabilitationseinrichtungen tätig sind, ab dem 1. Januar 2022 verpflichtet, Verordnungen von verschreibungspflichtigen Arzneimitteln in elektronischer Form auszustellen und für die Übermittlung der Verordnungen von verschreibungspflichtigen Arzneimitteln TI-Dienste und -Komponenten zu nutzen. Ferner regeln § 360 Abs. 3 und § 361 Abs. 1 Nr. 3 SGB V, dass Apotheken ab dem 1. Januar 2022 verpflichtet sind, verschreibungspflichtige Arzneimittel auf der Grundlage ärztlicher Verordnungen unter Nutzung der TI-Dienste und -Komponenten abzugeben. Hiervon ausgenommen sind nach § 360 Abs. 2 S. 2 SGB V ärztliche Verordnungen von Betäubungsmitteln und von Arzneimitteln nach § 3a Abs. 1 S. 1 der Arzneimittelverschreibungsverordnung (AMVV) – sog. T-Rezepte zur Verordnung von oralen Tumortherapeutika („Zytoralia“) und Immunmodulatoren („Imids“).

Für Ärztinnen und Ärzte, Zahnärztinnen und Zahnärzte bzw. Apothekerinnen und Apotheker greift die Pflicht nach § 360 Abs. 2 S. 2 SGB V bzw. § 360 Abs. 3 S. 2 SGB V allerdings nur insoweit, als die Ausstellung von Verordnungen von verschreibungspflichtigen Arzneimitteln in elektronischer Form technisch möglich ist und soweit die erforderlichen Dienste und Komponenten flächendeckend zur Verfügung stehen.

Damit steht und fällt die rechtzeitige Einführung des E-Rezeptes in erster Linie mit der Anbindung der Leistungserbringer an die Telematikinfrastruktur und der Verfügbarkeit von Komponenten. Deshalb sieht das PDSG für die technische Umsetzung mit den neu eingeführten §§ 312 Abs. 1, 360 Abs. 5 SGB V Fristen vor, innerhalb derer die gematik GmbH verpflichtet wird, die Telematikinfrastruktur für das E-Rezept aufzubauen. Für die Übermittlung von E-Rezepten über mobile Endgeräte wird die gematik GmbH eine Versicherten-App entwickeln. Ferner wird der zentrale Rezeptserver (Fachdienst) auf Zuschlag der gematik GmbH von einem Konsortium von fünf Unternehmen, das von IBM Deutschland angeführt wird, entwickelt.

Die behandelnden Ärztinnen und Ärzte sowie Zahnärztinnen und Zahnärzte können auf die Telematikinfrastruktur mit dem sogenannten E-Health- Konnektor zugreifen. Sofern die Nutzung einer Komfortsignatur beabsichtigt wird, soll mindestens ein weiteres Update auf den ePA-Konnektor (PTV4+) notwendig sein. Dies wird laut Kassenärztlicher Bundesvereinigung (KBV) in der zweiten Jahreshälfte 2021 erwartet.

Daneben sind folgende Komponenten in der Praxis notwendig:

  • eHBA (elektronischer Heilberufsausweis) mind. der Generation 2.0 für die qualifizierte elektronische Signatur
  • Praxisverwaltungssystem-Update für das E-Rezept
  • ggf. ein weiteres E-Health-Kartenterminal im Sprechzimmer, um mittels Komfortsignatur E-Rezepte ausstellen und elektronisch signieren zu können
  • ein Drucker mit einer Mindestauflösung von 300 dpi für den Token-Ausdruck

Nach § 376 Abs. 1 SGB V sind die Krankenkassen verpflichtet, die erforderlichen Kosten für die Ausstattung der Praxen und den laufenden Betrieb entsprechend der zwischen GKV-Spitzenverband (GKV-SV) und KBV geschlossenen TI-Finanzierungsvereinbarung zu übernehmen. Gleiches gilt für die Ausstattung der Apotheken. Der GKV-SV und der Deutsche Apothekerverband (DAV) haben eine Vereinbarung zur Finanzierung und Erstattung der bei den Apotheken entstehenden Kosten im Rahmen der Einführung und des Betriebes der Telematikinfrastruktur gemäß § 291a Abs. 7 S. 5 SGB V i. V. m. § 291a Abs. 7b S. 4 SGB V sowie zur Abbildung nutzungsbezogener Zuschläge gemäß § 291a Abs. 7b S. 4, 2. Halbsatz SGB V geschlossen.

Zur Anbindung der Apotheken an die Telematikinfrastruktur sind folgende Komponenten in der Apotheke notwendig:

  • VPN-Zugangsdienst,
  • eHealth-Konnektor inklusive zugehöriger gSMC-K-Smartcard,
  • stationäres eHealth-Kartenterminal inklusive zugehöriger gSMC-KT-Smartcard,
  • ggf. mobile Kartenterminals,
  • SMC-B-Smartcard und HBA-Smartcard.

Rezepterstellung und -einlösung

Die Arzneimittelverschreibungsverordnung (AMVV) regelt in § 2 Abs. 1 Nr. 1 bis 10 Anforderungen, denen ein Arzneimittelrezept genügen muss, um gültig zu sein.

Nach § 2 Abs. 1 Nr. 10 AMVV gilt für elektronische Verschreibungen, dass diese – anstelle einer eigenhändigen Unterschrift der verschreibenden Person wie beim Papierrezept – einer qualifizierten elektronischen Signatur bedürfen. Daraus folgt, dass die Ärztinnen und Ärzte sowie Zahnärztinnen und Zahnärzte das Rezept wie gewohnt in ihrem Praxisverwaltungssystem erstellen können und mit einer qualifizierten elektronischen Signatur (QES) versehen müssen. Hierfür wird der elektronische Heilberufsausweis (eHBA) durch die verordnenden Ärztinnen und Ärzte sowie Zahnärztinnen und Zahnärzte in das Lesegerät eingeführt und eine PIN eingegeben. Es können auch Komfort- oder Stapelsignaturen zur Freigabe mehrerer Signaturen bzw. gleichzeitigen Signierung mehrerer Dokumente genutzt werden. Die Signatur mithilfe des Praxisausweises (SMC-B) ist allerdings nicht möglich. Anschließend wird mit Versenden des Verordnungsdatensatzes die Verordnung auf den E-Rezept-Server geladen.

fragen, ob sie die E-Rezept-App oder einen Ausdruck in Papierform nutzen möchten. Hintergrund hierfür ist, dass die Patienten nach dem neu eingeführten § 360 Abs. 4 SGB V entscheiden können, ob sie die E-Rezept-App oder einen Token-Ausdruck in Papierform zur Einlösung des Rezeptes in der Apotheke nutzen wollen. Bei Nutzung der App müssen sich die Patienten am E-Rezept-Server authentifizieren. Hierfür benötigen sie ein NFC-fähiges Smartphone und eine elektronische Gesundheitskarte der neuesten Generation mit aufgedruckter Card Access Number (CAN) und einer von der Krankenkasse per Post versendeten PIN.

Die Informationen des signierten E-Rezepts können vom Patienten und von berechtigten Apotheken mittels eines Rezeptcodes abgerufen werden. Patienten, die die App nicht nutzen möchten, erhalten auf Wunsch einen Token-Ausdruck, welcher Informationen zu bis zu drei Verordnungen enthält, nicht unterschrieben werden muss und im Format A5 oder A4 in Schwarz-Weiß in der Praxis gedruckt werden kann. Der Token-Ausdruck enthält Codes, welche in der Apotheke eingescannt werden.

Für die Apotheke greifen hinsichtlich der Abgabe des elektronisch verordneten Arzneimittels gemäß § 17 Abs. 6 S. 1 ApBetrO die in § 17 Abs. 6 S. 1 Nr. 1 bis 5 ApBetrO geregelten Angaben, welche der elektronischen Verschreibung hinzugefügt werden müssen:

  • der Name oder die Firma des Inhabers der Apotheke und deren Anschrift
  • das Namenszeichen des Apothekers, des Apothekerassistenten, des Pharmazieingenieurs oder des Apothekenassistenten, der das Arzneimittel abgegeben, oder des Apothekers, der die Abgabe beaufsichtigt hat. Bei der Verschreibung in elektronischer Form ist das Namenszeichen durch eine elektronische Signatur zu ersetzen, wobei der Apothekenleiter die Rückverfolgbarkeit zum jeweiligen Unterzeichner und deren Dokumentation sicherzustellen hat
  • das Datum der Abgabe
  • der Preis des Arzneimittels
  • das in § 300 Abs. 3 Nr. 1 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch genannte bundeseinheitliche Kennzeichen für das abgegebene Fertigarzneimittel, soweit es zur Anwendung bei Menschen bestimmt ist

Schließlich müssen Apothekerinnen und Apotheker gemäß § 17 Abs. 5 S. 4 ApBetrO jede Änderung auf der Verschreibung vermerken und im Falle der Verschreibung in elektronischer Form der elektronischen Verschreibung hinzufügen und das Gesamtdokument mit einer qualifizierten elektronischen Signatur versehen.

Ausblick

Das E-Rezept soll dazu beitragen, dass die Abläufe bei der Arzneimittelversorgung in Deutschland verbessert werden. Für die von der Bundesregierung beabsichtigte Förderung der Digitalisierung im Gesundheitssystem stellt die Einführung des E-Rezepts einen wichtigen Schritt zur Herstellung von Interoperabilität dar. Die technische Umsetzung stellt die einzelnen Akteure allerdings vor große Herausforderungen, insbesondere hinsichtlich der vorgenannten Fristen. Es erscheint auch fraglich, ob die Testphase rechtzeitig zum 1. Juli 2021 starten kann. Dabei ist u. a. fraglich, ob IBM Deutschland bis Mitte des Jahres den Rezeptserver bereitstellen kann. Problematisch ist auch die Anbindung aller Leistungserbringer an die TI. Insbesondere die Ausgabe von HBA geht nur schleppend voran. Es ist zudem noch unklar, ob die Praxisverwaltungssysteme (PVS) bis zum 1. Juli angepasst werden, damit Ärzte die elektronische Patientenakte (ePA) nutzen können. Des Weiteren ist die unkomplizierte Erstellung der Signaturen bis dato nicht hinreichend geklärt. Schließlich sind die Schnittstellen zwischen der gematik- App und den Apps anderer Anbieter noch nicht vom Bundesgesundheitsministerium (BMG) vorgegeben worden.

Was zu tun ist und wie wir Ihnen helfen können

Mit den Neuregelungen zur Anbindung der Leistungserbringer an die Telematikinfrastruktur und der damit verbundenen Beschaffung von Komponenten stellen sich zahlreiche Fragen zur praktischen Umsetzung und insbesondere zur Erstattung durch die Krankenkassen. Mazars verfügt mit dem Branchenfokus Health Care seit über 20 Jahren über Expertise in der Beratung von Leistungserbringern, Krankenhäusern, Reha- und Pflegeeinrichtungen sowie anderen gesundheitlich-sozialen Einrichtungen. Wir können bei allen im Zusammenhang mit der TI sich für die jeweiligen Akteure stellenden Fragen unterstützen.

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Dies ist ein Beitrag aus unserem Health-Care-Newsletter 2-2021. Die gesamte Ausgabe finden Sie hier. Sie können diesen Newsletter auch abonnieren und erhalten die aktuelle Ausgabe direkt zum Erscheinungstermin.