MVZ-Regulierung

Am 24. November 2021 wurde der Koalitionsvertrag vorgestellt. Mit Spannung wurde erwartet, welche Aussagen sich zum Thema Medizinische Versorgungszentren (MVZ) im Koalitionsvertrag finden würden. Tatsächlich werden MVZ ein einziges Mal auf Seite 29 des 177 Seiten starken Koalitionsvertrags erwähnt, und zwar in Verbindung mit der beabsichtigten Erleichterung der Gründung Medizinischer Versorgungzentren. Wortwörtlich heißt es im Koalitionsvertrag wie folgt:

„Wir stellen gemeinsam mit den KVen die Versorgung in unterversorgten Regionen sicher. Wir heben die Budgetierung der ärztlichen Honorare im hausärztlichen Bereich auf. Die Gründung von kommunal getragenen Medizinischen Versorgungszentren und deren Zweigpraxen erleichtern wir und bauen bürokratische Hürden ab. Entscheidungen des Zulassungsausschusses müssen künftig durch die zuständige Landesbehörde bestätigt werden.“

Stutzig kann man bereits beim ersten Satz werden. Warum soll die Versorgung nur in den „unterversorgten“ Regionen sichergestellt werden? Auch der zweite Satz wirft mehr Fragen auf, als dass er Antworten gibt. Die Gründung von kommunal getragenen Medizinischen Versorgungszentren wurde bereits mit dem Terminservice- und Versorgungsgesetz (TSVG) eingeführt und erleichtert. Was genau sind die bürokratischen Hürden und warum sollen diese nur für kommunal getragene Medizinische Versorgungszentren abgebaut werden? Wenn es Hürden sind, die aus dem Kommunalrecht kommen, dürfte jedenfalls die Zuständigkeit für diese Hürden fehlen.

Wirklich in sich hat es dagegen der letzte Satz. Entscheidungen des Zulassungsausschusses müssen künftig durch die zuständige Landesbehörde bestätigt werden. Zunächst könnte man aufgrund des Zusammenhangs denken, dass nur solche Entscheidungen gemeint sind, die kommunal getragene MVZ betreffen. Eine solche Einschränkung ist dem Wortlaut dagegen nicht zu entnehmen, sodass davon auszugehen ist, dass alle Entscheidungen gemeint sind.

An diese Feststellung schließt sich die Frage an, wie die zuständige Landesbehörde – gemeint sein dürften die für die Aufsicht über die Sozialversicherungen zuständigen Gesundheitsministerien der Länder – diese Bescheid-Flut in den Griff bekommen soll. Anbieten dürfte sich wohl nur, eine Genehmigungsfiktion ähnlich der im Hinblick auf die Beantragung der Teilnahme an der Ambulanten Spezialfachärztlichen Versorgung (ASV) zu normieren, nach der der Antrag genehmigt ist, wenn die Behörde nicht innerhalb von zwei Monaten ab Zugang über ihn entschieden hat.

Unklar ist, was dieses Erfordernis überhaupt bringen soll, zumal es im klaren Widerspruch zum geplanten Bürokratieabbau steht. Dem Vernehmen nach war die Intention, die Kassenärztlichen Vereinigungen, mit deren Performance im Hinblick auf die Sicherstellung der Versorgung wohl Unzufriedenheit besteht, härter an die Kandare zu nehmen.

Anderseits, und hier versteckt sich ggf. der Wolf im Schafspelz, besteht so die Möglichkeit, jede Entscheidung des Zulassungsausschusses zu überprüfen und ggf. so eine – insbesondere von den die dann die zuständigen Ministerien leitenden Gesundheitsministern einstimmig gewünschte – strengere Regulierung umzusetzen.

Aber auch die zuständigen Landesbehörden müssen sich an den Rahmen halten, den das SGB V vorgibt. Wenn und soweit dort keine weiteren Regulierungen vorgesehen werden, dürfte auch eine Zustimmungspflicht ein zahnloser Tiger sein, der es maximal schafft, Entscheidungen zu verzögern. Wem aber ist damit gedient?

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Autor:

Dr. Moritz Ulrich
Tel: + 49 30 208 88 1408

Dies ist ein Beitrag aus unserem Healthcare-Newsletter 1-2022. Die gesamte Ausgabe finden Sie hier. Sie können diesen Newsletter auch abonnieren und erhalten die aktuelle Ausgabe direkt zum Erscheinungstermin.