Steuerfreiheit medizinischer Laboranalysen durch einen Facharzt

Medizinische Laboranalysen eines Facharztes für Dermatologie sind nach § 4 Nr. 14 Buchst. a Satz 1 UStG steuerfrei. Das hat der Bundesfinanzhof in einem nicht veröffentlichten Urteil vom 22.1.2020 (XI R 24/19, einsehbar auf der Internetseite des BFH – Entscheidungen online) erneut bestätigt.

Die Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 14 Buchst. a Satz 1 UstG ist auch bei einer entsprechenden beruflichen Qualifikation eines Gesellschafters einer GbR zu gewähren. Das Bestehen eines Vertrauensverhältnisses zwischen Arzt und Patient ist keine Voraussetzung für die Steuerbefreiung im Rahmen einer Heilbehandlung i.S. v. § 4 Nr. 14 Buchst. a Satz 1 UStG.

Hiermit bestätigte der BFH sein Urteil vom 18.12.2019 (XI R 23/19; BFHE 259, 567, BStBl II 2018, 109) zur Steuerbefreiung medizinischer Analysen eines Facharztes für klinische Chemie und Laboratoriumsdiagnostik. Soweit der V. Senat in seiner Entscheidung vom 24.8.2017 – V R 25/16 (BFHE 259/171) eine andere Auffassung vertreten hat, hält er daran nicht mehr fest.

Sachverhalt

Der BFH hatte darüber zu befinden, ob Laborleistungen einer Gemeinschaftspraxis in Form einer GbR an externe Ärzte und Kliniken umsatzsteuerfrei sind. Die GbR betreibt ein eigenes Labor zur Analyse und Befundung von Gewebeproben und erbringt Leistungen im Bereich der Dermatologie, Gefäßchirurgie sowie der dermatologischen und allergologischen Labordiagnostik einschließlich der Histopathologie. Sie verfügt über keine vertragsärztliche Zulassung.

Die Gesellschafter der GbR bzw. des Labors sind Fachärzte mit histopathologischer Zusatzausbildung. Die Laboruntersuchungen werden aufgrund ärztlicher Verordnung durchgeführt und dienen der Erkennung von Krankheiten. Die Gewebeproben werden bei Eingang von einem der Gesellschafter gesichtet und nach Fragestellung und Dringlichkeit sortiert, vom nichtärztlichen Personal aufbereitet und sodann wiederum von den Ärzten untersucht und befunden.

Die Untersuchung erfolgt auch für andere niedergelassene oder privatärztlich tätige Ärzte und Kliniken (sog. Fremdhistologien). Die Fremdhistologien werden entweder gegenüber dem Einsender, einem niedergelassenen Arzt oder einer Klinik abgrerechnet oder direkt gegenüber dem Patienten, wenn es sich um Privatpatienten oder um Selbstzahler handelt.

In der Umsatzsteuererklärung wurden die fremdhistologischen Untersuchungen als umsatzsteuerfrei erklärt. Das Finanzamt setzte abweichend von der Umatzsteuererklärung Umsatzsteuer auf die Laboruntersuchungen fest. Es vertrat im Laufe der Verfahren vor dem Finanzgericht und vor dem Bundesfinanzhof die Auffassung, dass die Laborleistungen der GbR nicht unter die Regelung des § 4 Nr. 14 Buchst. a des Umsatzsteuergesetzes fielen. Es fehle an einem vorgeschriebenen persönlichen Vertrauensverhältnis zwischen den Ärzten der GbR und den Patienten.

Das Verfahren wurde bis zum Ergehen einer Entscheidung durch den Europäischen Gerichtshof (EugGH) in der Rechtssache Peters C-700/17 ausgesetzt und nach Ergehen des EuGHUrteils Peters wieder aufgenommen.

Rechtsgründe

Der BFH hat entschieden, dass die von der Klägerin erbrachten Leistungen der Analyse und Befundung von Gewebeproben, die im Bereich der Dermatologie, Allergologie, operativen Dermatologie, Gefäßchirurgie sowie der dermatologischen und der allergologischen Labordiagnostik einschließlich Histopathologie erbracht werden, nach § 4 Nr 14 Buchst. a Satz 1 UstG von der Umsatzsteuer befreit sind.

§ 4 Nr. 14 Buchst. a Satz 1 UstG befreit Umsätze aus Heilbehandlungen im Bereich der Humanmedizin, die im Rahmen der Ausübung der Tätigkeit als Arzt, Zahnarzt, Heilpraktiker, Physiotherapeut, Hebamme oder einer ähnlichen heilberuflichen Tätigkeit durchgeführt werden. Das Gesetz beruht auf Art. 132 Abs. 1 Buchst. c MwStSystRL. Der EuGH hatte in der Rechtssache Peters (EU:C:2019:753, UR 2019,775, Rz. 28) bereits entschieden, dass die Steuerfreiheit der Heilbehandlungen gem. Art. 132 Abs. 1 Buchst. c MsStSystRL) nicht daran knüpft, dass sie im Rahmen eines Vertrauensverhältnisses zwischen der behandelnden und der behandelten Person erbracht werden.

Der BFH entschied entsprechend, dass die Voraussetzungen des § 4 Nr 14 Buchst. a Satz 1 UstG (bzw. Art. 132 Abs. 1 Buchst. c MwstSystRL) vorlagen. Die Heilbehandlungen erfolgten durch die Fachärzte, die über eine Zusatzqualifikation als Histopathologe verfügten. Unschädlich ist, dass die GbR und nicht die Gesellschafter die Umsätze erbracht haben. Weiterhin ist nicht entscheidend, dass die Präparierung der Gewebeproben durch nichtärztliches Laborpersonal durchgeführt wurde. Denn die entscheidenden Arbeitsschritte der Untersuchung und Befundung wurden von den Fachärzten im Rahmen ihrer Tätigkeit als Ärzte vorgenommen.

Das Urteil folgt damit dem Urteil desselben Senats vom 18.9.2019 (XI R 23/19; BFHE 259, 567, BStBl II 2018, 109). Auch in diesem Urteil wurde entschieden, dass das Bestehen eines Vertrauensverhältnisses zwischen Arzt und Patient keine Voraussetzung für die Steuerbefreiuung einer Tätigkeit im Rahmen einer Heilbehandlung i.S. des § 4 Nr.14 Buchst. a Satz 1 UStG ist.

Der V. Senat, der bisher mit seiner Entscheidung vom 24.8.2017 – V R 25/16 (BFHE 259;171) eine gegenteilige Auffassung vertrat, hält ausdrücklich nicht mehr an seiner Entscheidung fest.

Praxishinweis

Das Urteil bestätigt das BFH-Urteil vom 18.12.2019 – XI R 23/19 (BFHE 259, 567, BStBl II 2018, 109) zur Steuerbefreiung medizinischer Analysen eines Facharztes für klinische Chemie und Laboratoriumsdiagnostik.

Die Finanzverwaltung vertritt im Abschnitt 4.14.1 Abs. 1 S. 2 des Umsatzsteueranwendungserlasses (UStAE) weiterhin eine andere Auffassung und verlangt für die Steuerbefreiung ein Vertrauensverhältnis zwischen Patient und Behandelndem. Doch sollten die Unternehmen mit Laborleistungen die Umsätze als steuerfrei behandeln, wenn die gesetzlich genannten Voraussetzungen des § 4 Nr. 14 a UStG vorliegen. Dies gilt auch, wenn die Fachärzte die Laboranalysen für eine GbR oder wie im genannten BFH-Urteil vom 18.9.2019 für eine andere Gesellschaft vornehmen, die Laborleistungen für Krankenhäuser und Ärzte zur Verfügung stellt.

Autorin

Christine Schröer
Tel: +49 30 208 88-1284
christine.schroeer@mazars.de

  

Dies ist ein Beitrag aus unserem Health-Care-Newsletter 3-2020. Die gesamte Ausgabe finden Sie hier . Sie können diesen Newsletter auch abonnierenund erhalten die aktuelle Ausgabe direkt zum Erscheinungstermin.