Haustiere im Betrieb – Herausforderungen für Arbeitgeber

Der Umgang mit (Haus-)Tieren im Betrieb stellt den Arbeitgeber häufig vor das Problem, emotional aufgeladene Interessen ausgleichen zu müssen. Auf der einen Seite stehen die Beschäftigten, die ihren vierbeinigen Liebling mit in den Betrieb nehmen wollen und auf der anderen Seite Teile der Belegschaft, die dem skeptisch oder sogar ablehnend gegenüberstehen. Unverzüglicher Handlungsbedarf besteht, wenn sich ein Tier verhaltensauffällig oder gar aggressiv zeigt.

Insbesondere die Nachwehen der Corona-Pandemie wirken hier als Verstärker, da sich viele Menschen im Zuge der Lockdowns vermehrt Haustiere angeschafft haben, die betreut werden müssen. 

Problemdarstellung 

Zu Konflikten kann es vor allem in den drei folgenden Fallgestaltungen kommen: 

  • Beschäftigte treten erstmals mit dem Wunsch an ihren Arbeitgeber heran, ein Haustier mit in den Betrieb zu nehmen, oder bringen es einfach mit. 
  • Es gibt schon Haustiere im Betrieb und weitere Beschäftigte äußern den Wunsch auf Mitnahme gegenüber ihrem Arbeitgeber. 
  • Es werden medizinische oder andere besondere Gründe für den Wunsch vorgetragen, ein Haustier mit in den Betrieb zu nehmen. 

Grundsatz 

Ob ein Haustier – in den allermeisten Fällen wird es sich dabei um einen Hund handeln – mit in den Betrieb genommen werden kann, unterliegt dem Direktions- und Weisungsrecht des Arbeitgeber nach § 106 GewO und dem Hausrecht (direkt als Eigentümer oder abgeleitet als Mieter). Ein allgemeingültiger gesetzlicher Anspruch auf die Mitnahme eines Tieres zum Arbeitsplatz ohne einen besonderen Grund besteht nicht. Ein solcher Anspruch kann sich aus einer einzelvertraglichen Vereinbarung (z. B. mittels einer Regelung im Arbeitsvertrag oder einer ausdrücklichen Gestattungszusage) oder einer kollektiven Vereinbarung (Tarifvertrag oder Betriebsvereinbarung) ergeben. 

In den meisten Fällen wird die Anwesenheit von Haustieren am Arbeitsplatz durch den Arbeitgeber einfach geduldet. Diese bloße Duldung vermag weder eine Arbeitsvertragsänderung zu begründen noch eine verbindliche Zusage an alle Beschäftigten, zukünftig einen Hund mitbringen zu dürfen (allerdings kann hier einschränkend der Gleichbehandlungsgrundsatz eingreifen – dazu mehr im Folgenden). Demnach kann die Duldung der Anwesenheit von Tieren jederzeit wieder geändert oder widerrufen werden. 

Aus der betrieblichen Übung kann ein solcher Anspruch ebenfalls nicht erfolgen. Es erscheint schwer vorstellbar, dass ein Arbeitgeber durch die Duldung auf sein Direktionsrecht mit Rechtsbindungswillen verzichtet (vgl. LAG Düsseldorf, Urteil vom 24.03.2014, 9 Sa 1207/13, BeckRS 2014, 67430). 

Wann kann doch ein Anspruch bestehen? 

Ausnahmen von dem oben aufgezeigten Grundsatz kann es geben, wenn ein Tier die Arbeitsleistung von Beschäftigten ermöglicht oder zumindest erheblich fördert. Zu dieser Kategorie zählen insbesondere ausgebildete Behindertenbegleithunde (Blindenführhunde) oder Hunde, die auf die rechtzeitige Erkennung bestimmter Krankheitssymptome (Unterzuckerung, Anfall) trainiert sind und entsprechend reagieren können. Liegt ein solcher Fall vor, kann der*die Betroffene verlangen, das Tier zu Arbeit mitnehmen zu dürfen bzw. dass der Arbeitgeber und die Kolleg*innen dies dulden. Gesetzliche Grundlagen sind hier die folgenden: 

  • § 164 IV Nr. 4, 5 SGB IX zur Gewährleistung einer behindertengerechten, sicheren Beschäftigung 
  • §§ 618, 241 Abs. 2 BGB, § 3, 16 Abs. 2 ArbSchG aus Gründen einer leidensgerechten, sicheren Arbeitserbringung 

Diese Hunde dienen der Vermeidung von Arbeits- und Gesundheitsgefahren im Betrieb und sind daher mit sonstigen technischen oder organisatorischen Maßnahmen zur Arbeitssicherheit gleichzusetzen.

Unter Abwägung der Interessen aller Beteiligten kann im Einzelfall ein solches Recht zur Mitnahme eines Begleithundes entfallen, wenn dieser ein aggressives Verhalten im Betrieb gezeigt hat und die Abläufe im Betrieb nicht unerheblich stört (vgl. LAG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 08.09.2022, 2 Sa 490/21, BeckRS 2022, 43847). 

Korrektur durch den Gleichbehandlungsgrundsatz 

Duldet der Arbeitgeber die Mitnahme von Haustieren lediglich bei einer*einem oder mehreren Beschäftigten, kann dies dazu führen, dass sich andere auf den arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz berufen können. Duldet oder gestattet der Arbeitgeber ausdrücklich die Mitnahme von Hunden beispielsweise in der Buchhaltung, können sich folglich auch Kolleg*innen in der Rechtsabteilung darauf berufen, solange keine sachlichen Gründe eine Ungleichbehandlung rechtfertigen. Sachliche Gründe für eine unterschiedliche Behandlung könnten beispielsweise darin liegen, dass in einer Abteilung Kundenkontakt besteht und in der anderen nicht, dass im Gemeinschaftsbüro Beschäftigte mit Hundehaarallergie anwesend sind oder dass sich Kolleg*innen schlicht vor dem Hund fürchten. Eine tatsächliche Gefahr muss von dem Tier nicht ausgehen. Die (subjektive) Angst genügt, da bereits dadurch betriebliche Abläufe gestört werden. 

Wenn doch etwas schiefgeht 

Den Arbeitgeber selbst kann – neben derjenigen der*des Beschäftigten aus § 833 Satz 1 BGB – eine eigenständige verschuldensabhängige (Mit-) Haftung wegen Verletzung seiner Schutz- und Fürsorgepflicht aus §§ 241 Abs. 2, 618, 280 BGB treffen, wenn er trotz Kenntnis davon ein auffälliges bzw. aggressiv auftretendes Tier im Betrieb weiter duldet, ohne ein Hausverbot auszusprechen, und sich die im Tier immanente Gefahr realisiert und ein Schaden eintritt. 

Einführung einer betrieblichen Regelung – darf der Betriebsrat mitbestimmen? 

Ob die Frage des Mitbringens von Haustieren an den Arbeitsplatz der Mitbestimmung des Betriebsrats unterfällt, ist gerichtlich bislang ungeklärt. Grundsätzlich besteht ein Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats nach § 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG bei „Fragen der Ordnung des Betriebs und des Verhaltens der Arbeitnehmer im Betrieb“. Das Mitbringen eines Tieres ist für die Erbringung der Arbeitsleistung des*der Tierhalter*in (abgesehen von den oben genannten Funktionshunden) und der Kolleg*innen nicht notwendig, sodass regelmäßig das betriebliche Ordnungsverhalten betroffen und demnach ein Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats anzunehmen ist. 

Der Betriebsrat ist nicht mitbestimmungsberechtigt, sofern sich die Anwesenheit des Tieres direkt positiv auf die Arbeitsleistung des Beschäftigten auswirkt, die Anwesenheit also erforderlich ist (so bei Blindenführhunden). 

Handlungsmöglichkeiten des Arbeitgebers bei Zuwiderhandlungen 

Beschäftigte, die entgegen einer Anweisung oder einer kollektiven Regelung bzw. Hausordnung ein Tier eigenmächtig unerlaubt in den Betrieb mitbringen, begehen eine objektive Pflichtwidrigkeit, die mit einer Ermahnung, einer Abmahnung (§ 314 Abs. 2 BGB) oder im Falle hartnäckiger Wiederholung einer verhaltensbedingten Kündigung geahndet werden kann. 

Wie Mazars unterstützen kann 

Insbesondere wenn bereits Tiere im Betrieb vorhanden sind oder es sich abzeichnet, dass Beschäftigte mit der Bitte an den Arbeitgeber herantreten, Tiere regelmäßig mitbringen zu dürfen, lohnt es sich, eine Haus- bzw. Betriebsordnung anzufertigen. Hier kann u. a. die Mitnahme von Tieren an Bedingungen (wie Impfnachweis, Wesenstest, Tierhalterhaftpflichtversicherung usw.) geknüpft werden. Besonders im Zusammenhang mit haftungsrechtlichen Fragen empfiehlt es sich, frühzeitig zu reagieren. Sind zumindest teilweise Telearbeit und mobiles Arbeiten möglich, kann die Situation oftmals entschärft werden. Auch hier lohnt sich ein frühzeitiges Aufgreifen der Problematik mit der Erstellung einer entsprechenden Vereinbarung.

Haben Sie Fragen oder weiteren Informationsbedarf?

Sprechen Sie uns an

Autor

Kevin Dolinski
Tel: +49 69 967 65 1188

Dies ist ein Beitrag aus unserem Newsletter „Menschen im Unternehmen“ 1-2023. Die gesamte Ausgabe finden Sie hier. Sie können diesen Newsletter auch abonnieren und erhalten die aktuelle Ausgabe direkt zum Erscheinungstermin.