Neuer Anwendungserlass zur Abgabenordnung

17.06.2019 – Änderungen für die gemeinnützigen Zwecke (§ 52 AO) und die Mittelverwendung (§ 55 AO)
(BMF-Schreiben vom 31.1.2019, IV A 3 – S 0062/18/10005)

Die Finanzverwaltung hat jüngst den Anwendungserlass zur Abgabenordnung (AEAO), die verwaltungsinternen Richtlinien u. a. zum Gemeinnützigkeitsrecht, geändert.

Auch wenn die meisten Änderungen rein redaktioneller Art sind bzw. lediglich um jüngere Entscheidungen des Bundesfinanzhofs ergänzt wurden, finden sich gleichwohl auch neue Ausführungen zu gemeinnützigkeitsrechtlichen Vorschriften:

ÄNDERUNGEN DES AEAO ZU § 51 AO

Die Entscheidung des BFH aus dem Vorjahr zur Gemeinnützigkeit eines im Verfassungsschutzbericht ausdrücklich erwähnten (islamischen) Vereins wurde integriert. Ist eine Körperschaft im Verfassungsschutzbericht des Bundes oder eines Landes ausdrücklich als extremistisch eingestuft, ist eine Steuerbegünstigung durch § 51 Abs. 3 AO im Regelfall ausgeschlossen. Dies kann nur durch den vollen Beweis des Gegenteils widerlegt werden.

ÄNDERUNGEN DES AEAO ZU § 52 AO

Gemeinnützigkeit von Kinos

Das Vorführen von Filmen allein ist noch keine gemeinnützige Tätigkeit im Rahmen der Förderung von Kunst und Kultur. Kommunale Kinos können gleichwohl unter bestimmten Voraussetzungen gemeinnützig sein, z. B. wenn ein Kinoverein in die gesamte Kulturarbeit der Kommune integriert ist, sich das Programm inhaltlich, konzeptionell und formal von anderen Kinos am Ort unterscheidet und Filme in bestimmten Sachzusammenhängen gezeigt bzw. inhaltlich (z. B. durch begleitende Vorträge) aufbereitet werden.

Gemeinnützigkeit von Anglervereinen

Eine neue Nr. 2.4 betrifft Vereine zur Förderung der nichtgewerblichen Fischerei (Anglervereine). Sie können wegen der Förderung des Naturschutzes und der Landschaftspflege als gemeinnützig anzuerkennen sein. Ein Wettfischen steht der Gemeinnützigkeit grundsätzlich entgegen. Der Verkauf von Angelkarten durch Vereine an Vereinsmitglieder wird im Rahmen eines steuerbegünstigten wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs (= Zweckbetrieb) durchgeführt. Der Verkauf an Nichtmitglieder hingegen stellt einen steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb dar.

Gemeinnützigkeit eines Vertriebenenverbands

Bzgl. der Gemeinnützigkeit eines Vertriebenenverbands werden beispielhaft Formulierungen der Satzungszwecke aufgezählt, die entweder noch als Fürsorge für Vertriebene gewertet werden können oder als gemeinnützigkeitsschädlich betrachtet werden.

Turnierbridge

In der neuen Nr. 2.8 wird Turnierbridge, wenn es nach dem Regelwerk der World Bridge Federation gespielt wird, als vergleichbarer Zweck i. S. d. § 52 Abs. 2 Satz 2 AO als gemeinnützig angesehen.

Vermittlungstätigkeit von Freiwilligenagenturen

Ergänzt werden außerdem die Ausführungen zur Vermittlungstätigkeit von Freiwilligenagenturen. Sie können regelmäßig wegen der Förderung der Bildung (§ 52 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AO) als gemeinnützig behandelt werden, weil das Schwergewicht ihrer Tätigkeit in der Aus- und Weiterbildung der Freiwilligen liegt. Ein Entgelt für die Vermittlung führt zu einem wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb, der jedoch einen Zweckbetrieb darstellt.

Gemeinnützigkeit von Erfinderclubs

Die neue Nr. 4 betrifft sog. Erfinderclubs, die i. d. R die Förderung von Bildung verfolgen. Eine Förderung der Forschung ist nur gegeben, wenn der Verein selbst forscht. Es ist unschädlich für den Verein, seine Forschungsergebnisse zum Patent anzumelden, wenn die Ergebnisse veröffentlicht und der Allgemeinheit zugänglich gemacht werden. Ein Verein, der lediglich durch Erfindungen, Patente und ihre Verwertung persönliche Einkünfte erzielen will, ist hingegen nicht gemeinnützig.

Was ist Sport?

Wesentliches Element des Sports ist die körperliche Ertüchtigung. Förderung des Sports ist zu bejahen bei Motorsport und Ballon fahren. Kein Sport sind Skat, Bridge, Gospiel, Gotcha, Paintball, IPSC-Schießen und Tipp-Kick. Ebenfalls kein Sport sind Amateurfunk, Modellflug und Hundesport; jedoch sind dies eigenständige gemeinnützige Zwecke (Nr. 23 des § 52 Abs. 2 Satz 1 AO). Schützenvereine können auch gemeinnützig sein, wenn sie zusätzlich zum Hauptzweck Schießsport auch das Schützenbrauchtum fördern.

ÄNDERUNGEN DES AEAO ZU § 55 AO – SELBSTLOSIGKEIT

Für die Selbstlosigkeit einer eingesetzten Eigengesellschaft gilt, dass ein Gewinnaufschlag angesichts der fehlenden Gewinnorientierung steuerbegünstigter Einrichtungen nicht marktüblich ist. Dies gilt nach dem neu eingefügten Satz 2 nicht für Leistungen der steuerbegünstigten Einrichtung aus einem steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb.

Bei Vorstandsmitgliedern von Vereinen sind Tätigkeitsvergütungen gemeinnützigkeitsrechtlich nur zulässig, wenn eine entsprechende Satzungsregelung besteht. Näheres dazu hat das BMF geregelt (BMF, Schreiben v. 21.11.2014, BStBl 2014 I S. 1581, Haufe-Index 7536666).

Hinsichtlich der zeitnahen Mittelverwendung wurde hinzugefügt, dass bei der Nachprüfung der Mittelverwendung nicht auf die einzelne Zuwendung abzustellen ist, sondern auf die Gesamtheit aller zeitnah zu verwendenden Zuwendungen und sonstigen Einnahmen bzw. Vermögenswerte der Körperschaft (siehe AEAO zu § 55 Nr. 28).

Autor:

Kirsa Krüger
kirsa.krueger@mazars.de

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Dies ist ein Beitrag aus unserem NPO-Newsletter 1-2019. Die gesamte Ausgabe finden Sie hier.