Jahressteuergesetz 2019 (JStG) und Forschungszulagengesetz (FZulG)

21.11.2019 – Am 7.11.2019 hat der Bundestag das Jahressteuergesetz 2019 und das Forschungszulagengesetz beschlossen. Die zugrunde liegenden Gesetzentwürfe beruhen auf den Beschlussempfehlungen des Finanzausschusses des Bundestages vom 6.11.2019 (Bundestagsdrucksache 19/14873 für das Jahressteuergesetz 2019 bzw. Bundestagsdrucksache 19/14875 für das FZulG) und setzen im Wesentlichen die Empfehlungen des Bundesrates um. Die formale Zustimmung durch den Bundesrat steht noch aus. Es wird erwartet, dass dies in der Sitzung am 29.11.2019 erfolgen wird. Da der Bundesrat die Gesetzesänderungen selbst empfohlen hat, werden keine inhaltlichen Änderungen mehr erwartet. Nachstehend stellen wir die sich aus den beiden Gesetzen ergebenden wesentlichen Änderungen für die Schifffahrt dar:

Infolge des BHF-Urteils vom 25.10.2018 (IV R 35/16) wird der § 7 Satz 3 GewStG neu gefasst. Wir haben über dieses Urteil in unserem Newsletter 2/2019 ausführlich berichtet. Der BFH hat entschieden, dass ein Gewinn aus der Hinzurechnung des Unterschiedsbetrags nach § 5a EStG nicht unter die Bestimmung des § 7 Abs. 3 GewSt fällt, welche eine Kürzung sperren würde. Nach Auffassung des BFH ist somit bei Vorliegen der übrigen Voraussetzungen eine Kürzung des Gewerbeertrages nach § 9 Nr. 3 Satz 3 GewStG um 80 % zulässig. Nach der neuen Fassung des § 7 Abs. 3 GewStG dürfen die Auflösung des Unterschiedsbetrages und die Sonderbetriebseinnahmen nicht mehr gekürzt werden. Diese Änderung ist rückwirkend erstmals für das Veranlagungsjahr 2008 anzuwenden. Da diese Rückwirkung sicherlich durch das Bundesverfassungsgericht überprüft werden wird, ist zu empfehlen, dass alle entsprechenden Verfahren weiterhin offengehalten werden.

Nach der neuen Fassung des § 5a Abs. 6 EStG darf der Aufstockungsbetrag beim Rückwechsel aus der Tonnagesteuer in die Normalbesteuerung nicht mehr abgeschrieben werden. Diese Änderung ist erstmals für Wirtschaftsjahre anzuwenden, die nach dem 31.12.2018 beginnen.

Eine weitere Änderung, die sich z. B. für Kreuzfahrten auswirkt, ist im Umsatzsteuergesetz (UStG) enthalten. Diese in der öffentlichen Diskussion um das Jahressteuergesetz 2019 weitgehend unbeachtete Änderung betrifft Reiseleistungen im Business-to-Business-Bereich (B2B). Bereits jetzt unterliegen Reiseleistungen, die an private Endkunden (B2C) erbracht werden, der Margenbesteuerung. Die Margenbesteuerung ist als begünstigende Vorschrift gedacht, indem Reiseveranstalter die von ihnen erbrachten Leistungen unabhängig vom Verlauf der Reise nach dem Sitzortprinzip auf Basis der Differenz (Marge) zwischen Reisepreis und von Dritten bezogenen Reisevorleistungen versteuern können bzw. müssen. Insbesondere bei internationalen Reisen würde die Anwendung der allg. umsatzsteuerrechtlichen Vorschriften die Abwicklung für Reiseveranstalter erheblich erschweren. Der „Preis“ der Margenbesteuerung besteht darin, dass die dem Reiseveranstalter für Reisevorleistungen in Rechnung gestellten Steuerbeträge in keinem EU-Mitgliedstaat als Vorsteuer abziehbar oder erstattungsfähig sind. Im Hinblick auf die in § 25 des deutschen UStG enthaltene Beschränkung der Margenbesteuerung auf B2C-Reiseleistungen hatte die EU-Kommission ein Vertragsverletzungsverfahren gegen die Bundesrepublik Deutschland eingeleitet (C-380/16). Der EuGH hat Deutschland daraufhin in seinem Urteil vom 8.2.2018 dazu aufgefordert, die Margenbesteuerung auch für den B2B-Bereich zu öffnen. Deutsche Reiseveranstalter konnten sich für B2B-Leistungen i. S. eines Wahlrechts bislang direkt auf die EuGH-Rechtsprechung berufen, wenn das für sie vorteilhaft erschien.

Dieses faktische Wahlrecht soll im Jahressteuergesetz durch eine zwangsweise Ausweitung der Margenbesteuerung auf B2B-Reiseleistungen ersetzt werden. Das hätte zwangsläufig den Verlust des „normalen“ Vorsteuerabzugs für B2B-Reiseleitungen zur Folge. Von der Neuregelung potenziell betroffen sind neben den klassischen Reisebüros und Reiseveranstaltern z. B. konzerninterne Weiterbelastungen im Rahmen eines zentralen Konferenz-, Veranstaltungs- oder Fortbildungsmanagements. Im Unterschied zu der ebenfalls aber erst zum 1.1.2022 vorgesehenen Abschaffung der bisherigen Möglichkeit, die umsatzsteuerliche Bemessungsgrundlage anhand von Gruppen- oder Gesamtmargen zu bilden, soll die Verpflichtung zur erstmaligen Anwendung der Margenbesteuerung auf B2B-Reiseleistungen nach aktuellem Stand ohne Übergangszeit bereits am Tag nach der Verkündung im Bundesgesetzblatt eintreten. Unabhängig vom Ausgang des Gesetzgebungsverfahrens zum Jahressteuergesetz 2019 gilt die Margenbesteuerung i. S. von § 25 UStG ganz generell nur bei Inanspruchnahme von Reisevorleistungen durch einen Reiseunternehmer. Die Margenbesteuerung kommt nicht zur Anwendung, soweit ein Reiseunternehmer Reiseleistungen durch Eigenleistungen unter Einsatz eigener Mittel – z. B. eigene Schiffe als Beförderungsmittel – erbringt. Für die Eigenleistungen werden auch weiterhin die allg. umsatzsteuerlichen Vorschriften gelten (Abschnitt 25.1 Abs. 8 UStAE).

Bie Fragen zu diesem Thema kontaktieren Sie bitte Axel Scheller.

Dies ist ein Beitrag aus unserem Shipping-Newsletter 4-2019. Sie können diesen Newsletter auch abonnieren  und erhalten die aktuelle Ausgabe direkt zum Erscheinungstermin.