Keine Gemeinnützigkeit eines im Verfassungsschutzbericht ausdrücklich erwähnten (islamischen) Vereins

11.12.2018 – (BFH, Urteil vom 14.3.2018 – V R 36/16)

Ein im Verfassungsschutzbericht des Bundes oder eines Bundeslandes ausdrücklich als extremistisch eingestufter (islamischer) Verein ist nicht gemeinnützig.

Voraussetzung für den Verlust der Gemeinnützigkeit

Gemäß den Leitsätzen zum o. g. BFH-Urteil setzt eine widerlegbare Vermutung des § 51 Abs. 3 Satz 2 AO voraus, dass der Verein in einem Verfassungsschutzbericht ausdrücklich als extremistisch erwähnt wird. Dabei wird von einer Zuwiderhandlung der Völkerverständigung und Förderung von extremistischen Vorhaben und Gedankengut ausgegangen (Anschluss an das BFH-Urteil vom 11.4.2012 I R 11/11, BFHE 237, 22, BStBl II 2013, 146).

Für eine Widerlegung der vorgenannten Vermutung ist laut BFH ein vollständiger Beweis des Gegenteils notwendig. Die Gesamtheit der Leistungen des Vereins für das Gemeinwohl kann in diesem Fall nicht gegen Indizien für eine verfassungsfeindlich gesinnte tatsächliche Geschäftsführung im Sinne des § 4 BVerfSchG abgewogen werden.

Die entsprechende Würdigung liegt in erster Instanz bei dem Finanzgericht als Tatsachengericht.

BFH billigte Würdigung des Finanzgerichts

Die Finanzverwaltung hatte einen eingetragenen Verein, welcher sich per Satzung verpflichtete, ausschließlich und unmittelbar religiöse und gemeinnützige Zwecke zu verfolgen, durch Ausstellung eines Freistellungsbescheides im Jahr 2009 als gemeinnützig anerkannt. Nach Bekanntwerden der namentlichen Nennung des Vereins in Verfassungsschutzberichten wurde die Anerkennung der Gemeinnützigkeit durch das Finanzamt widerrufen.

Im vorliegenden Verfahren konnte durch den Kläger nicht nachgewiesen werden, dass er sich in den umstrittenen Zeiträumen von nicht verfassungskonformem Gedankengut entfernt habe. Durch beauftragte Gastimame und Prediger sollen u. a. Aussagen zur Todesstrafe wegen Ehebruchs und Abkehr vom Islam sowie zum Sieg des Islam über Ungläubige getätigt worden sein, welche nicht mit dem Wertekanon des Grundgesetzes vereinbar sind.

Der BFH bestätigte die Entscheidung des Finanzgerichts, da die Vermutung nach § 51 Abs. 3 Satz 2 AO im vorliegenden Fall greife, welche das entsprechende Finanzgericht ohne Rechtsfehler für nicht widerlegt befunden hat.

Die Aberkennung der Gemeinnützigkeit verstößt gem. o. g. Urteil nicht gegen das Verhältnismäßigkeitsprinzip und das Gleichbehandlungsgebot sowie gegen die Glaubens- und Gewissensfreiheit.

Exkurs

Islamische Religionsgemeinschaft kann gemeinnützig sein

Die Erfüllung der abgabenrechtlichen Anforderungen bildet die Grundlage zur Feststellung der satzungsmäßigen Voraussetzungen gem. §§ 51, 59, 60 und 61 AO für die Anerkennung der Gemeinnützigkeit. Wenn ein Verein gemäß Satzung ausschließlich und unmittelbar gemeinnützige Zwecke verfolgt, so gilt die Allgemeinheit auch als gefördert, wenn nur Personen muslimischen Glaubens eine Mitgliedschaft erwerben können. Der Punkt Religion ist nicht auf christliche Einrichtungen beschränkt. Die tatsächliche Geschäftsführung ist bei der Grundlagenfeststellung nicht von Belang. Die Ermittlung von Tatsachen obliegt dem Veranlagungsverfahren (FG Baden-Württemberg 5.3.2018, 10 K 3622/18).

Kontakt

Christoph Olesch
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christoph.olesch@mazars.de

Dies ist ein Beitrag aus unserem NPO-Newsletter 2-2018. Die gesamte Ausgabe finden Sie hier.