Steuerlicher Ansatz von Pflichtteilsansprüchen bei Betriebsvermögen

Mit Urteil des Bundesfinanzhofes (BFH) vom 22.07.2015 (Az. II R 12/14) hat dieser entschieden, dass ein vollständiger Abzug von Verbindlichkeiten für Pflichtteilsansprüche auch dann vorgenommen werden kann, wenn es sich bei dem erworbenen Vermögen um steuerlich begünstigtes Betriebsvermögen handelt.

Bisher nahm die Finanzverwaltung an, dass Verpflichtungen zur Zahlung des geltend gemachten Pflichtteilsanspruches in solchen Fällen nicht vollständig abzugsfähig sind. Denn die Pflichtteilsansprüche seien, so die Ansicht der Finanzverwaltung, stets im wirtschaftlichen Zusammenhang mit den einzelnen durch den Erbfall erworbenen Vermögensgegenständen oder Vermögen zu sehen, so dass der Abzug der Pflichtteilslast der beschränkten Abzugsfähigkeit unterliegt, sofern begünstigtes Vermögen im Sinne des § 13a ErbStG erworben wurde (R E 10.10. Abs. 2 Erbschaftsteuerrichtlinie 2011). Die Verbindlichkeiten infolge des Pflichtteilsanspruches waren bisher somit nur anteilig abzugsfähig.

Nun hat der BFH mit Urteil vom 22.07.2015 ausgesprochen, dass ein wirtschaftlicher Zusammenhang zwischen Verbindlichkeiten und dem nach § 13a ErbStG befreiten Betriebsvermögen nur dann vorliegt, wenn die Verbindlichkeit zum Erwerb, zur Absicherung oder zur Erhaltung des jeweiligen Vermögens eingegangen worden ist (z.B. wenn der Erblasser ein Darlehen zum Kauf eines zum Nachlass gehörenden Grundstücks aufgenommen hat). Fehlt es an einem solchen konkreten Zusammenhang der Nachlassverbindlichkeit mit bestimmten zum Nachlass gehörenden Vermögensgegenständen oder Vermögen, wird ein wirtschaftlicher Zusammenhang nicht dadurch begründet, dass der Erbe zur Erfüllung des Pflichtteilsanspruchs als Verbindlichkeit verpflichtet ist. Der Pflichtteilsanspruch kann daher in voller Höhe als Nachlassverbindlichkeit angesetzt werden.