Überarbeitetes Anwendungsschreiben zur Abgeltungsteuer

Die Finanzverwaltung hat mit dem BMF-Schreiben vom 18.1.2016 (IV C 1 – S 2252/08/10004 :017) zum wiederholten Male ihr Anwendungsschreiben zur Abgeltungsteuer überarbeitet und damit auf die aktuellsten Entscheidungen des BFH und in der Praxis aufgekommene Zweifelsfragen reagiert. Unter anderem enthält das aktualisierte BMF-Schreiben folgende ausgewählte Neuerungen:
  • ƒƒTeilkapitalrückzahlungen

Seit der Einführung der Abgeltungsteuer im Jahr 2009 unterliegen nicht nur laufende Kapitalerträge, sondern grundsätzlich auch Gewinne und Verluste aus der Veräußerung von Kapitalanlagen der Besteuerung. Ein Forderungsausfall ist nach Ansicht der Finanzverwaltung jedoch nicht mit einer Veräußerung gleichzustellen, sodass hieraus entstehende Verluste steuerlich nicht berücksichtigt werden dürfen. Dies gilt nach der neu eingeführten Rz. 60a nunmehr auch für Verluste, die dadurch entstehen, dass im Rahmen eines Insolvenzverfahrens nur ein Teil der bestehenden Forderung zurückgezahlt wird.

Die einkommensteuerrechtliche Behandlung von Forderungsausfällen ist höchstrichterlich noch nicht abschließend geklärt. Aktuell sind hierzu noch mehrere Revisionsverfahren beim BFH anhängig.

  • Nahestehende Person

Gemäß § 32d Abs. 2 Nr. 1 lit. a und lit. b Satz 2 EStG sind bestimmte Darlehensverhältnisse unter nahestehenden Personen von der Anwendung des Abgeltungsteuersatzes ausgeschlossen. Die Zinsen unterliegen in diesen Fällen beim Empfänger der tariflichen Einkommensteuer. Der BFH hat im Jahr 2014 in mehreren Urteilen den Begriff der nahestehenden Person deutlich enger gefasst als die Finanzverwaltung bisher und insbesondere ein Beherrschungsverhältnis zwischen Darlehensgeber und Darlehensnehmer gefordert. Allein ein Angehörigenverhältnis begründe noch kein nahestehendes Verhältnis zwischen Gläubiger und Schuldner.

Mit Urteil vom 28.1.2015 hat der BFH den Begriff des Beherrschungsverhältnisses weiter konkretisiert. Demnach kann auch eine finanzielle Abhängigkeit zwischen Darlehensgeber und Darlehensnehmer ein Beherrschungsverhältnis begründen.

Die Finanzverwaltung wendet diese Urteilsgrundsätze nunmehr an.

  • Option zur tariflichen Besteuerung

Gemäß § 32d Abs. 2 Nr. 3 EStG können Gesellschafter einer Kapitalgesellschaft hinsichtlich der erzielten Kapitalerträge zur Anwendung der tariflichen Einkommensteuer anstatt der Abgeltungsteuer optieren. Infolgedessen käme es auch zur Anwendung des Teileinkünfteverfahrens, sodass 60 % der Kapitalerträge der Besteuerung mit dem individuellen Steuersatz unterlägen und hiermit im Zusammenhang stehende Werbungskosten abzugsfähig wären. Voraussetzung hierfür ist u. a., dass der Steuerpflichtige zu mindestens 1 % an der Kapitalgesellschaft beteiligt ist und für diese beruflich tätig ist. Bei einer Beteiligung von mindestens 25 % ist eine berufliche Tätigkeit nicht erforderlich.

Der BFH hat in seinem Urteil vom 25.8.2015 entschieden, dass jede berufliche Tätigkeit den Anforderungen des § 32d Abs. 2 Nr. 3 Satz 1 lit. b EStG entspricht. Die bisher in Rz. 138 von der Finanzverwaltung vertretene Auffassung, dass eine Tätigkeit von untergeordneter Bedeutung nicht ausreichend sei, wurde aufgrund dieser Rechtsprechung zugunsten der Steuerpflichtigen gestrichen.

  • ƒƒWerbungskostenabzugsverbot

Mit Urteil vom 28.1.2015 hat der BFH entschieden, dass das Werbungskostenabzugsverbot bei den Einkünften aus Kapitalvermögen, die der Abgeltungsteuer unterliegen, auch in den Fällen der Günstigerprüfung nach § 32d Abs. 6 Satz 1 EStG Anwendung findet, sodass ein Abzug der tatsächlich entstandenen und über den Sparerpauschbetrag von 801,00 Euro hinausgehenden Werbungskosten nicht in Betracht kommt. Die Finanzverwaltung wendet diese Rechtsprechung in der Praxis an.

Eine Verfassungswidrigkeit des grundsätzlichen Werbungskostenabzugsverbots bei den Einkünften aus Kapitalvermögen besteht, nach Ansicht des BFH nicht (Urteile vom 1.7.2014 VIII R 53/12 und vom 12.1.2016, IX R 48/14).

Die Grundsätze des aktualisierten Anwendungsschreibens zur Abgeltungsteuer sind grundsätzlich in allen noch offenen Fällen anzuwenden. Aufgrund der genannten noch anhängigen BFH-Verfahren ist auch zukünftig mit weiteren Anpassungen des Anwendungsschreibens zu rechnen.

Kontakt

Sven Siemers
Tel: +49 40 288 01-3178

Dies ist ein Beitrag aus unserem Steuer-Newsletter 2/2016. Die gesamte Ausgabe finden Sie hier. Sie können diesen Newsletter auch abonnieren und erhalten die aktuelle Ausgabe direkt zum Erscheinungstermin.