Liquidationsphase gehört zur Tonnagebesteuerung

Der Bundesfinanzhof (BFH) hat mit Urteil vom 16.7.2020 (IV R 3/18) die für die Praxis wichtige Frage entschieden, wie die Liquidationsphase einer Ein-Schiff-Gesellschaft, die ihren Gewinn nach den Grundsätzen der Tonnagebesteuerung (§ 5a EStG) ermittelt, steuerlich zu behandeln ist.

In dem Entscheidungsfall ermittelte eine Ein-Schiff-Gesellschaft (Klägerin) ihren Gewinn ab dem 1.1.1999 nach § 5a EStG (Tonnagesteueroption). Im Jahr 2005 veräußerte sie aufgrund eines Gesellschafterbeschlusses ihr Seeschiff. Dieser Gesellschafterbeschluss war zugleich als konkludente Eröffnung des Liquidationsverfahrens über das Vermögen der Gesellschaft zu verstehen. In den Geschäftsjahren 2006 und 2007 konzentrierte sich die Tätigkeit der Gesellschaft auf Abwicklungsarbeiten wie das Einziehen von Forderungen und das Begleichen von Verbindlichkeiten. Per Saldo entstand in diesen beiden Streitjahren aufgrund von nachlaufenden Kosten ein Verlust, dessen steuerliche Anerkennung die Klägerin begehrte.

Das Finanzamt erkannte diesen Verlust nicht an und stellte das steuerliche Ergebnis in Höhe von jeweils EUR 0 fest. Da die Gesellschaft ihren Gewinn nach § 5a EStG pauschal ermittele, sei das tatsächliche bilanzielle Ergebnis insoweit unerheblich. Dies gelte auch, wenn das Schiff bereits verkauft sei.

Das Argument der Klägerin, durch die Veräußerung des Seeschiffs seien die Voraussetzungen für die Tonnagebesteuerung entfallen, weshalb wieder die normale Gewinnermittlung nach Bilanzierungsgrundsätzen anzuwenden sei, ließ der BFH nicht gelten. Denn auch die Liquidation gehöre als Hilfsgeschäft noch zum Betrieb von Handelsschiffen im internationalen Verkehr und werde deshalb von der Abgeltungswirkung der Tonnagebesteuerung mit umfasst.

Bei einer Ein-Schiff-Gesellschaft, die außer dem Betrieb ihres Schiffs keine anderen Geschäftsfelder unterhält, sind die nach Veräußerung des Schiffs auf Liquidation ihres Geschäftsbetriebs gerichteten Maßnahmen als Hilfsgeschäfte im Sinne des § 5a Abs. 2 Satz 2 EStG zu qualifizieren. Dies gilt jedenfalls dann, wenn der Liquidationsbeschluss im engen zeitlichen Zusammenhang mit der Veräußerung des Schiffs gefasst und während der Liquidationsphase keine andere Investitionsentscheidung getroffen wird.

Diese Sicht der Dinge wird durch die ausdrückliche Anordnung in § 5a Abs. 2 Satz 2 EStG bestätigt, wonach die Veräußerung des Schiffs ein Hilfsgeschäft darstellt. Sie entspricht auch dem Gesetzeszweck. Die Einbeziehung der in dieser Norm genannten Neben- und Hilfsgeschäfte in die Gewinnermittlung nach der Tonnage dient der Vereinfachung, um Zu- und Abrechnungen zur Ermittlung der steuerbegünstigten Schifffahrtseinkünfte zu vermeiden. Diesem Gesetzeszweck wird entsprochen, wenn die Liquidation in die pauschale Gewinnermittlung einbezogen wird.

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