Bundesrechnungshof

Neuordnung des „ÖPNV-Förderdschungels“ auf Bundesebene.

Bericht über den Einsatz von Bundesmitteln für den ÖPNV vom 8. Februar 2022

Mit der appellativen Überschrift „Vom Geldgeber zum Impulsgeber: Der Bund muss seine Rolle bei der Finanzierung des ÖPNV neu denken“ hat der Bundesrechnungshof (BRH) seinen jüngsten Bericht zur anteiligen Finanzierung des ÖPNV mit Bundesmitteln der Öffentlichkeit vorgestellt.

Die Mitfinanzierung des ÖPNV durch den Bund ist seit jeher höchst relevant: Obwohl der ÖPNV in der Verantwortung der Länder liegt, finanziert ihn der Bund jährlich mit einem zweistelligen Milliardenbetrag. In 2021 seien allein über die drei größten Finanzierungsinstrumente des Bundes ca. 11,6 Mrd. € durch den Bund eingesetzt worden.

Da dem ÖPNV für die Gestaltung einer klimafreundlichen Mobilität in Deutschland eine Schlüsselrolle zukommt, ist der BRH der Auffassung, dass der Bund Fehlentwicklungen der Bund-Länder-Mischfinanzierung beseitigen müsse. Entsprechende Prüfungen hätten gezeigt, dass die gewachsenen Bund-Länder-Verflechtungen und ein entsprechender Förderdschungel für den ÖPNV Transparenz und Wirtschaftlichkeit sowie mithin einem attraktiven, leistungsfähigen und klimafreundlichen Nahverkehr im Wege stehen. Der Bund habe zahlreiche Gesetze, finanzielle Verflechtungen zwischen staatlichen Ebenen, Vorgaben und Fördertatbestände geschaffen und sich in immer komplexer werdenden Strukturen verstrickt. Der BRH stellt Folgendes fest:

  • Finanzierungsinstrumente des Bundes zur Mitfinanzierung des ÖPNV sind insbesondere sog. Regionalisierungsmittel (RegG), das Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz (GVFG) und das Bundesschienenwegeausbaugesetz (BSWAG). Daneben bestehen diverse Förderprogramme und Modellvorhaben sowie Steuervergünstigungen. Pandemiebedingte Sonderausgaben und der Ausgleich von Einnahmeausfällen kamen in jüngster Zeit hinzu:
  • Das Bundesministerium für Digitales und Verkehr (BMDV) sei nicht für alle ÖPNV-Mitfinanzierungsinstrumente federführend. Ein vollständiger Überblick über die Förderung des ÖPNV durch andere Ressorts und eine koordinierende Stelle fehlen. Der Bund wisse derzeit nicht, mit wie viel Mitteln er den ÖPNV insgesamt finanziere.
  • Die Länder finanzieren ihren ÖPNV in unterschiedlichem Umfang mit eigenen Mitteln, wobei der Einsatz originärer Landesmittel bis dato insgesamt weit unter den Bundesleistungen liegt (Landesmittel- Bundesmittel-Verhältnis von 1:3 allein bei Regionalisierungsmitteln des Bundes). Nach Auffassung des Bundesrechnungshofes werde dies der Aufgabenverantwortung der Länder nicht gerecht. Die Länder geben die erhaltenen Regionalisierungsmittel angeblich „oft nicht vollständig aus“.
  • Beim GVFG fließen die Mittel nach Bewertung des BRH nur schleppend aus dem Bundeshaushalt ab. Es sei denkbar, dass der Bedarf an Bundesmitteln für die letzten Jahre überschätzt worden sei. Zudem mangele es auf Bundesebene nach wie vor an den organisatorischen Vorkehrungen, um die vom Bund verfolgten Ziele zügig und wirtschaftlich umzusetzen. Für die Regionalisierungsmittel erhalte die Bundesregierung von den Ländern zwar Verwendungsnachweise, die jedoch oft ungenau oder lückenhaft seien. Der Bundesverwaltung fehlen derzeit die Befugnisse, den Verwendungsnachweisen der Länder auf den Grund zu gehen.
  • Der Bundesrechnungshof empfiehlt, die (Mit-) Finanzierungsinstrumente des Bundes durch ein einheitliches ÖPNV-Gesetz auf Bundesebene zu bereinigen. Ein solches ÖPNV-Bundesgesetz könne zielgenauere Steuerungs- und Kontrollmöglichkeiten des Bundes schaffen, eine angemessene, eigene Grundfinanzierung der Länder sicherstellen und – soweit der Bund finanziert – Förderinstrumente für investive und konsumtive Maßnahmen vorsehen. Der BRH erachtet insoweit (Grund-)Gesetzänderungen für erforderlich, was sich indessen seiner Auffassung nach auch „lohnen“ dürfe.

Die zunehmende Bedeutung eines leistungsfähigen und attraktiven ÖPNV zur Beförderung der Verkehrswende sowie des Klima- und Umweltschutzes ist in aller Munde. Der BRH thematisiert diesbezüglich die Finanzierungsgrundlagen und meint, dass auch die Länder ihrer Aufgabenverantwortung im Hinblick auf die bestehenden Ziele für den ÖPNV nicht gerecht werden. Ein bloßer Finanzierungsbeitrag des Bundes nach dem Motto „Viel hilft viel“ wird andererseits als ungeeignet angesehen, die Ziele im ÖPNV wirtschaftlich und zeitnah zu erreichen.

Die ÖPNV-Finanzierung müsse daher dringend optimiert, das heisst transparent und wirksam gestaltet werden. Ein einheitliches ÖPNV-Gesetz des Bundes könne hierfür die Grundlagen schaffen.

Autor

Marcus Weicken
Tel: +49 30 208 88 1149

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Dies ist ein Beitrag aus unserem Public Sector Newsletter 2-2022. Die gesamte Ausgabe finden Sie hier. Sie können diesen Newsletter auch abonnieren und erhalten die aktuelle Ausgabe direkt zum Erscheinungstermin.