Teil-Unwirksamkeit der AGB-Banken: Änderungsbedarf bei Leistungs- und Entgeltanpassung durch die Bank

30.04.2021 – Der Bundesgerichtshof hat am 27. April 2021 entschieden, dass eine fingierte Zustimmung des Kunden zu Leistungs- oder Preisänderungen in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) einer Bank unwirksam ist, wenn diese Zustimmungsfiktion ohne inhaltliche Einschränkung erfolgt. Die AGB, die dem Verfahren zugrunde lagen, beruhen auf dem Muster der Allgemeinen Geschäftsbedingungen der privaten Banken zwischen Kunde und Bank (Nr. 1 Absatz 2 und Nr. 12 Absatz 5 AGB-Banken). Die Regelungen unterscheiden sich nicht wesentlich von entsprechenden Regelungen in den Muster-AGB der Sparkassen (Nr. 2 Abs. 1 bis 3 AGB-Sparkassen).

Nach dieser für unwirksam erklärten Klausel bietet die Bank den Kunden Änderungen von Allgemeinen Geschäftsbedingungen spätestens zwei Monate vor dem vorgeschlagenen Zeitpunkt des Inkrafttretens der Änderung an. Die Zustimmung des Kunden gilt als erteilt, wenn er seine Ablehnung nicht vor dem vorgeschlagenen Inkrafttreten der Änderungen angezeigt hat.

Infolge der Entscheidung müssen Kreditinstitute, die die Muster-AGB oder darauf beruhende Klauseln zur Zustimmungsfiktion verwenden, ihre AGB anpassen und durch Neuregelungen ersetzen, die klar und nachvollziehbar die Voraussetzungen für eine Vertrags- und Preisanpassung nennen. Das Gerichtsverfahren wurde durch eine Verbraucherzentrale mit dem Klageziel angestrengt, der Bank die Verwendung dieser Klausel zu untersagen. Nicht Gegenstand des Verfahrens waren daher individuelle Rückforderungsansprüche der Kunden für einseitige Preiserhöhungen auf Grundlage der unwirksamen Klausel. Ob Banken und Zahlungsdienstleistern, die die betroffene Klausel bislang verwenden, Rückforderungsansprüche drohen können, wird anhand der Urteilsbegründung, die noch nicht veröffentlicht ist, näher zu prüfen sein.

Der EuGH zeigt die Grenzen auf

Der Entscheidung des Bundesgerichtshofs vorausgegangen war ein Urteil des EuGH zu den Anforderungen an Klauseln, die eine Zustimmungsfiktion des Kunden enthalten (EuGH vom 11. November 2020 – C-287/19). In diesem Urteil hatte der EuGH entgegen der bis dahin in Deutschland vorherrschenden Auslegung klargestellt, dass auch eine gesetzliche Grundlage für eine Zustimmungsfiktion, wie sie beispielsweise in Deutschland § 675g Absatz 2 BGB vorsieht, nicht die Anwendung der AGB-Kontrolle ausschließt. Auch bei Vorliegen einer gesetzlichen Grundlage für die Zustimmungsfiktion sei die entsprechende Geschäftsbedingung nach der Klausel-Richtlinie (Richtlinie 93/13/EWG des Rates vom 5. April 1993 über missbräuchliche Klauseln in Verbraucherverträgen, Abl. Nr. L 95, S. 29) zu würdigen. Vor diesem Hintergrund kommt der Bundesgerichtshof zur Entscheidung, dass sowohl eine allgemeine Zustimmungsfiktion des Kunden für Änderungen der Hauptleistungspflichten der Bank (vgl. Nummer 1 Absatz 2 AGB-Banken) als auch zu Preisanpassungen (vgl. Nummer 12 Absatz 5 AGB-Banken) als unangemessene Benachteiligung des Kunden unwirksam sind.

Der Bundesgerichtshof stellte mit dieser Entscheidung das Argument der Banken und Zahlungsdienstleister in den Hintergrund, dass bei oft langjährigen Vertragsbeziehungen mit einem Kunden in der Praxis für beide Seiten des Bank- oder Zahlungsdienstleistungsvertrags ein hohes Interesse besteht, alte und nicht mehr aktuellen Verhältnissen entsprechende Vertragsbestandteile ohne großen Aufwand anpassen zu können. Eine solche Anpassungsmöglichkeit wird im Detail auch weiter nicht ausgeschlossen sein. Jedoch sind hierfür die AGB-Klauseln den Vorgaben der Rechtsprechung gemäß zu adjustieren.

Betroffene Banken und Zahlungsdienstleister sowie deren Branchenverbände müssen anhand der Urteilsbegründung überlegen, welche Vertragsbestandteile (Leistungen, Entgelte) konkret im Einzelfall einer einseitigen Anpassung durch die Bank unterliegen sollten und wie die AGB-Muster entsprechend zu aktualisieren sind. Betroffene Banken und Zahlungsdienstleister, die die durch den Bundesgerichtshof für unwirksam erklärten Klauseln bislang verwandt hatten, werden aus Vorsichtsgründen Rückforderungsansprüche der Kunden prüfen.

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