Strategische Finanzplanung für öffentliche Aufgabenträger

03.07.2019 – Um wie viel Cent steigt die Wassergebühr bei zusätzlichen Investitionsausgaben von 1 Mio. €? Welche Auswirkungen haben die Tarifverhandlungen auf die Gebührenhöhe? Führt der Verbandsbeitritt einer Gemeinde zu Synergieeffekten? Inwieweit reichen die Innenfinanzierungsmittel zur Finanzierung von Investitionen? Wie wirken demografische Entwicklungen?

Eine Vielzahl von Fragestellungen sind von kommunalen Unternehmen fortwährend zu klären.

Kommunale Unternehmen der Aufgabenträger erbringen die Leistungen der öffentlichen Daseinsvorsorge. Die Unternehmen müssen dabei tagtäglich unternehmerische Entscheidungen im Rahmen der Aufgabenerfüllung treffen. Unterstützen können die Entscheidungsfindung finanzmathematische Modelle.

AUFGABENTRÄGER IM SPANNUNGSFELD

Die Aufgabenträger sind Gewährleistungsverantwortliche für die Sicherstellung eines ausreichenden Angebotes sowie einer angemessenen Qualität im Sinne der Daseinsvorsorge. Darüber hinaus sind sie als Unternehmen an einer nachhaltigen Erbringung ihrer Leistungen interessiert. Bei der Ausübung ihrer Tätigkeit müssen sie die oftmals auch gegenläufigen Einflussfaktoren der verschiedenen Interessengruppen beachten, wie z. B.

  • Interessen der Kunden,
  • Wirkung in der Öffentlichkeit,
  • Interessenslage der Politik,
  • rechtliche Rahmenbedingungen,
  • Anforderungen von Kreditinstituten,
  • technische Rahmenbedingungen.

Darüber hinaus sind die Entscheidungshorizonte der verschiedenen Interessengruppen oft sehr unterschiedlich. Bei der langfristigen strategischen Planung der kommunalen Unternehmen ist dieser Sachverhalt dementsprechend zu berücksichtigen und bestenfalls in der Planung zu integrieren. Nur so ist es möglich, einerseits „mehrheitsfähige“ und andererseits die strategisch richtigen Entscheidungen zu treffen.

Die Entscheidungen setzen die Kenntnis der finanzwirtschaftlichen Implikationen, der wesentlichen Einflussfaktoren sowie deren gegenseitigen Abhängigkeiten jedoch voraus.

INTEGRIERTE FINANZMATHEMATISCHE MODELLE

Integrierte finanzmathematische Modelle stellen finanzwirtschaftliche Informationen zur Verfügung, die strategische Unternehmensentscheidungen unter Berücksichtigung der vielfältigen Rahmenbedingungen unterstützen bzw. erst möglich machen.

Sie ermöglichen den Vergleich verschiedener strategischer Handlungsoptionen und können durch Abbildung verschiedener Szenarien deren Auswirkungen aufzeigen.

Finanzmathematische Modelle können sowohl zur Analyse einer in der Vergangenheit liegenden Entwicklung, zum Kontrollieren (und zu eventuellem Eingreifen) einer derzeit laufenden Unternehmung oder bezogen auf einen zukünftigen Zeitraum als Prognoserechnung ausgestaltet werden.

Unter einem Modell wird ein vereinfachtes Abbild der Wirklichkeit verstanden. Modelle sind demnach Repräsentationen natürlicher oder künstlicher Originale, wobei das Modell nicht alle – sondern nur die wesentlichen – Attribute des Originals berücksichtigt.

Die wesentlichen Arbeitsschritte zur Bildung eines Modells sind Abgrenzung, Reduktion, Zerlegung, Aggregation sowie Abstraktion.

Der Prozess der Modellbildung und Abstraktion ist Grundvoraussetzung für die weiteren Arbeitsschritte und erfordert die Kenntnis der betriebswirtschaftlichen und rechtlichen Rahmenbedingungen und des speziellen regulatorischen Regelwerkes. Die Anforderung dabei ist es, das Modell so einfach wie möglich und so komplex wie nötig zu gestalten.

Werden Modelle zu groß, dann sind sie schnell unübersichtlich und fehleranfällig. Werden hingegen wesentliche Parameter nicht berücksichtigt, bilden die Modelle keine belastbare Entscheidungsgrundlage.

ERSTELLUNG INTEGRIERTER MODELLE

Die wesentliche Stärke integrierter Modelle ist die Berücksichtigung gegenseitiger Abhängigkeiten der verschiedenen (oftmals isoliert betrachteten) Bestandteile des betrieblichen Rechnungswesens. Folgende Bestandteile können zum Beispiel in den integrierten Modellen abgebildet sein:

  • Bilanz/-plan
  • Gewinn- und Verlustrechnung/Erfolgsplan
  • Kapitalflussrechnung
  • Anlagenspiegel/Investitions- und Abschreibungsplan
  • Gebühren- bzw. Entgeltkalkulation

Die Erstellung integrierter Finanzmodelle lässt sich in drei Phasen einteilen

  1. Planung: In der Planungsphase werden die wesentlichen Rohdaten, die Modellstruktur und die Modellierungstiefe festgelegt.
  2. Implementierung: In der Implementierungsphase wird das zuvor konzipierte Modell mithilfe geeigneter Software (z. B. Standardsoftware Microsoft Excel) aufgebaut. Die Modellstruktur besteht aus drei strikt getrennten Bereichen: Eingabe, Verarbeitung/Berechnung und Ergebnisse/Analyse.
  3. Überprüfung: In der dritten Phase wird das Modell in Bezug auf logische, strukturelle und technische Konsistenz überprüft.

Die so konstruierten Modelle müssen dabei folgenden Qualitätskriterien genügen:

  • Fehlerfreiheit
  • Zuverlässigkeit
  • Nachvollziehbarkeit
  • flexibilität

Bei der Implementierung der Modelle sind eventuelle softwarebedingte Kapazitätsbegrenzungen in Bezug auf die Modellgröße und Rechenleistung zu beachten. Die Modelle sind darüber hinaus möglichst geschlossen zu gestalten.

Auch die Präsentation der Ergebnisse bestimmt die Güte eines Modells. Die Ergebnisse sollten auf den entsprechenden Adressatenkreis in Anzahl und Detailtiefe angepasst sein.

Darüber hinaus empfiehlt es sich, parallel zum Modellieren eine begleitende Dokumentation zu erstellen. In dieser sollten u. a. die angedachte Modellstruktur, der Modellzweck, die Herkunft der Rohdaten sowie wesentliche Bearbeitungshinweise enthalten sein.

UNSICHERHEIT DER DATENPROGNOSE

Ein wesentliches Problem bei der Erstellung von Prognosemodellen ist die Unsicherheit der prognostizierten Daten. Um die Auswirkungen dieses Problems in die Entscheidungsfindung einfließen zu lassen, empfiehlt es sich, eine Szenarioanalyse in das Modell zu integrieren.

Ausgangspunkt für eine Szenarioanalyse ist die Definition eines Ausgangsszenarios. Hierbei werden die prognostizierten Rohdaten mit ihren wahrscheinlichsten Ausprägungen berücksichtigt.

Nach der Berechnung des Basisszenarios werden die für den jeweiligen Fall relevanten Szenarien gebildet. Dabei ist es wichtig, neben den wahrscheinlichsten Szenarien auch Negativ- sowie Positiv-Szenarien zu berücksichtigen.

Im nächsten Schritt müssen die wesentlichen Einflussfaktoren festgelegt und analysiert werden, inwieweit eventuelle Vernetzungen bestehen. Diese Analyse dient u. a. dem Ausschluss inkonsistenter Kombinationen und somit eventuell der Reduktion der vorher gewählten Szenarien.

Der Güte einer Szenarioanalyse hängt im Wesentlichen von der Fach- und Methodenkompetenz der beteiligten Bearbeiter ab. Neben der softwarebasierten Umsetzung ist demnach auch die Kenntnis des rechtlichen, technischen und regulatorischen Rahmens bedeutungsvoll.

WIR KÖNNEN SIE UNTERSTÜTZEN

Öffentliche Aufgabenträger bewegen sich in einem Spannungsfeld aus wirtschaftlichen, rechtlichen, politischen, sozialen sowie technischen Rahmenbedingungen. Die unterschiedlichen Ziele verschiedener Interessengruppen erschweren strategische Entscheidungen. Eine isolierte Betrachtung einzelner Handlungsfelder ist oftmals nicht zielführend.

Mithilfe integrierter finanzmathematischer Modelle lässt sich die erwartete Ertrags-, Vermögens- sowie Liquiditätssituation eines Unternehmens unter Berücksichtigung der verschiedenen Rahmenbedingungen für verschiedene Handlungsalternativen analysieren. Dies ermöglicht das Abwägen der unterschiedlichen Anforderungen, das Treffen mehrheitsfähiger, fundierter strategischer Entscheidungen und schlussendlich auch die überzeugende Kommunikation der Alternativen bzw. Entscheidungen.

Das interdisziplinäre Public-Services-Team von Mazars – bestehend aus Diplom-Wirtschaftsingenieuren/-kaufleuten, Rechtsanwälten und Steuerberatern – unterstützt Sie gerne bei der Konzeption, Strukturierung und Erstellung maßgeschneiderter finanzmathematischer Modelle, die nicht nur die Entscheidungsfindung unterstützen können, sondern auch geeignet sind, Entscheidungsgremien zu überzeugen.

Autor

Stefan Dreßler
Tel: +49 341 60 03-2256

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