Brexit - Herausforderungen und Handlungsvorschläge für Mitarbeiterentsendungen

19.12.2016 – Die Volksabstimmung Großbritanniens zum Austritt aus der EU verursacht zwangsläufig Unsicherheiten für Unternehmen und deren international mobilen Arbeitnehmer.

Zu den kurzfristigen Auswirkungen bei grenzüberschreitenden Mitarbeiterentsendungen ist auf den Austrittsprozess nach Art. 50 des Lissaboner EU-Vertrages zu verweisen. Während der zunächst auf 2 Jahre beschränkten Verhandlungsphase können insofern entsendungsspezifische Auswirkungen ausgeschlossen werden. Für bereits begonnene Entsendungen ist davon auszugehen, dass Übergangsvorschriften geschaffen werden.

Mittel- bzw. langfristig wirkt sich ein potentieller Austritt des Vereinigten Königreichs für Arbeitnehmer und Arbeitgeber insbesondere bei Fragen der Freizügigkeit, der Sozialversicherung und der steuerlichen Behandlung von geldwerten Vorteilen aus. Diesbezüglich macht sich die Unsicherheit bemerkbar, welchem „Austrittsmodell“ (EFTA-Modell, Schweizerische Lösung, Vertragsmodell WTO) das Vereinigte Königreich folgen wird. Wichtig ist es hier, bei jeder entsendungsspezifischen Entscheidung mögliche Auswirkungen durch den Brexit in den Blick zu nehmen.

Ein wichtiger Diskussionsaspekt in Großbritannien ist die Frage der Freizügigkeit. Arbeitnehmer und Arbeitgeber profitieren bei Entsendungen von den weitreichenden Privilegien der freien Einreise, dem Aufenthalt und der Erwerbstätigkeit in einem anderen Mitgliedstaat. Als Lösung kommt hier das von den „Leave“-Befürwortern diskutierte Modell eines punktebasierten Einwanderungssystems in Betracht. Die zu erlassenden Rechtsvorschriften im Vereinigten Königreich werden Bezug auf die Qualifikation des Bewerbers und die Höhe des gezahlten Gehaltes, ggf. auch die Einsatzregion nehmen. Die Rechtsentwicklung ist aufmerksam zu beobachten. Administrativer Mehraufwand im Rahmen von Entsendungsplanungen ist nicht auszuschließen.

Nicht minder wichtig sind für mobile Mitarbeiter die sozialversicherungsrechtlichen und steuerlichen Auswirkungen des Brexit, auch Implikationen für Entsendungsprogramme sind in den Fokus zu nehmen (wie z. B. Ausgleichszahlungen für Währungsschwankungen).

Nach den einschlägigen Europäischen Verordnungen können Arbeitnehmer in der heimatlichen Sozialversicherung verbleiben (sog. A1-Bescheinigung). Jedoch stellen sich auch Fragen der Leistungserbringung in den verschiedenen Sozialversicherungszweigen oder von Wartezeiten im Rahmen der Rentenversicherung. Hier ist zu empfehlen, bereits entstandene Rentenansprüche beziehungsweise Wartezeiten entsprechend zu dokumentieren. Als Lösungsansatz brächte hier das sog. EFTA-Modell die geringsten Auswirkungen mit sich, ist jedoch nach den aktuellen Diskussionen im Vereinigten Königreich unwahrscheinlich. Ein vollständiger Exit führte dazu, dass in den 50er Jahren mit dem Vereinigten Königreich abgeschlossene bilaterale Sozialversicherungsabkommen in Kraft träten. Da diese den Anforderungen der heutigen Arbeitswelt nicht entsprechen, müssten diese zeitaufwendig von den einzelnen Staaten verhandelt werden.

Zwar bestehen keine Folgewirkungen bei der individuellen Besteuerung der Mitarbeiter auf der Ebene des abgeschlossenen Doppelbesteuerungsabkommens, der Wegfall familienbezogener Vergünstigungen oder die Anrechnung negativer Einkünfte mit Bezug zu Drittstaaten bringen in Deutschland Veränderungen auf der Ebene des nationalen Steuerrechts mit sich.

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