3 Fragen an Pierre Zapp zum PIE-Prüfermarkt in Europa

Wie sehen die Marktstrukturen in Europa für Abschlussprüfungen von Public Interest Entities, kurz PIEs, konkret aus? Unsere aktuelle Studie hat gezeigt, dass in Deutschland, Frankreich und dem Vereinigten Königreich vier große Prüfungsgesellschaften, die Big 4, den Markt für PIE-Prüfungen dominieren.

Der europäische Vergleich im Rahmen unserer Studie zeigt einige Gemeinsamkeiten und Unterschiede auf. Darüber sprechen wir mit Pierre Zapp, der dem Management Board von Mazars in Deutschland und dem internationalen PIE Board von Mazars angehört.

Welche Unterschiede und Gemeinsamkeiten gibt es auf dem Prüfermarkt für Public Interest Entities (PIE) in Deutschland, Frankreich und UK?

Unsere Studie hat gezeigt, dass die Strukturen auf dem Markt für Abschlussprüfungen in Deutschland und dem Vereinigten Königreich sehr ähnlich sind. In beiden Ländern ist der Markt für PIE-Prüfungen sehr stark konzentriert. In Deutschland haben die Big 4 einen Anteil von 84 Prozent am Gesamtumsatz der jeweiligen Top 14-Wirtschaftsprüfungsgesellschaften. Die Top 14 setzen sich aus den Big 4 und den Next 10 zusammen. Im Vereinigten Königreich liegt ihre Quote sogar bei 85 Prozent. Gemessen am Umsatz der PIEs haben die Big 4 im Vereinigten Königreich sogar einen durchschnittlichen Marktanteil von sage und schreibe 99 Prozent an den PIE-Prüfungen, in Deutschland liegt ihre Quote bei 95 Prozent.

Auch in Frankreich wird der PIE-Prüfermarkt von den Big 4 dominiert, jedoch ist dort der Markt wesentlich dynamischer. In Frankreich liegt der Gesamtumsatz der Big 4 am Gesamtkuchen der Top 14 nur bei 72 Prozent. Gemessen am Umsatz der PIEs haben die Big 4 in Frankreich nur einen Anteil an 66 Prozent. Das heißt also, dass die restlichen 34 Prozent auf die Next 10 (19 Prozent) und andere Prüfungsgesellschaften (15 Prozent) entfallen.

Was sagen uns diese Zahlen? Wir sehen, dass der Markt in Deutschland und UK deutlich konzentrierter ist als in Frankreich. Folglich haben PIEs in Deutschland und UK eine kleinere Auswahl an Abschlussprüfern, wenn es darum geht, nach der externen Pflichtrotation den Abschlussprüfer zu wechseln. In Frankreich ist das anders.

Was macht Frankreich eigentlich anders?

Pierre Zapp

Joint Audits haben einen positiven Wettbewerbseffekt. Das hat die Analyse des französischen Marktes ganz klar gezeigt. In Frankreich sind Joint Audits für die Prüfung von börsennotierten Unternehmen bereits seit 1966 und seit den achtziger Jahren auch von allen Konzernabschlüssen verpflichtend vorgeschrieben. Bei einem Joint Audit werden zwei voneinander unabhängige Prüfungsgesellschaften für die Abschlussprüfung bestellt. Die Besonderheit ist, dass beide Prüfungsgesellschaften gemeinsam am Ende für das Prüfungsergebnis geradestehen. Ganz wichtig: Ein Joint Audit ist kein Dual Audit, bei dem beide Prüfungsgesellschaften die Prüfung doppelt durchführen. Wir haben in unserer Studie auch untersucht, in welchen unterschiedlichen Konstellationen Joint Audits in Frankreich durchgeführt werden. Die Next-10-Gesellschaften sind beispielsweise an einem knappen Drittel der Joint Audits börsennotierter Unternehmen beteiligt.

In Frankreich haben im Jahr 2020 insgesamt 256 PIE-Prüfer 1.566 PIEs geprüft. Das heißt also, dass in Frankreich nicht nur Big-4- oder Next-10-Gesellschaften PIEs prüfen, sondern dass es dort einen nicht unerheblichen Anteil an anderen PIE-Prüfungsgesellschaften gibt. Zum Vergleich: In Deutschland ist die ermittelte Anzahl der PIE-Prüfer mit 65 Gesellschaften eher niedrig. In UK sind es sogar nur 26 Prüfungsgesellschaften, die eine ähnlich hohe Anzahl an PIEs prüfen wie in Frankreich.

Ich bin überzeugt, dass insbesondere die Next-10-Gesellschaften von Joint Audits profitieren können. Die Aussicht auf eine stärkere Öffnung des Marktes erlaubt es ihnen, Investitionen in ihre Kapazitäten und Fähigkeiten zu tätigen. Das stärkt wiederum die Wettbewerbssituation. Und das kommt letztendlich den Unternehmen zugute.

Welche weiteren Reformen sind denkbar?

Schauen wir nach Großbritannien: Dort ist seit einigen Jahren – ausgelöst durch die Bilanzskandale um BHS, Patisserie Valerie und Carillion – ebenfalls eine Reform der Abschlussprüfung im Gange. Die Reformmaßnahmen setzen vor allem auf mehr Wettbewerb. Im Mittelpunkt der Diskussionen steht das sogenannte „Managed Shared Audit“, also eine Prüfungskonstellation mit einem Primary Auditor und einem (oder mehreren) Shared Auditor(s) aus dem Verfolgerfeld. Außerdem wird über eine Deckelung des maximalen Marktanteils der führenden Prüfungsgesellschaften diskutiert, ein sogenanntes „Market Share Cap“.

Es sieht momentan danach aus, dass man sich im Vereinigten Königreich auf Managed Shared Audits einigen wird. Auch wenn ich persönlich Joint Audits aufgrund meiner eigenen praktischen Erfahrung für den Königsweg halte, ist eine Einführung von Managed Shared Audits ein wichtiger Schritt in Richtung einer Marktöffnung.

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