Data Governance: Betrachtungen zu unserer Mazars-Studie

In unserer Studie „The race to data maturity: Is your business as far ahead as you think?“ befragten wir insgesamt 1.000 Führungskräfte in 21 Ländern zum Thema Data Governance, Data Management und Datenqualität.

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Das Thema Data Governance und der Umgang mit datengetriebenen Services betrifft alle Fachbereiche eines Unternehmens. Es ist keine Aufgabe, die ausschließlich an die eigene IT übertragen werden kann. Das stellt die Führungskräfte der Fachbereiche wie auch der IT vor große Herausforderungen.

Aufklärung und Trainings für Führungskräfte und für alle Mitarbeiter*innen sind ein Schlüsselfaktor für eine erfolgreiche Umsetzung. Verbesserte Zusammenarbeit zwischen den Fachbereichen, eine stichhaltige Data Strategy sowie ein erhöhtes Investment in entsprechende Technologien und Expert*innen sind ein Muss. Im folgenden Interview reflektieren wir mit unseren Experten zu datengetriebenen Lösungen in Prüfung und Beratung in Deutschland, Marco Ehlert und Leo Schmidt, die Ergebnisse der Studie aus deutscher Sicht.

Wie schätzen Sie die Datenreife deutscher Unternehmen ein?

In den letzten Jahren beobachten wir in Deutschland große Fortschritte. Nicht zuletzt getrieben durch die Corona-Pandemie haben viele Unternehmen erheblich in den Ausbau digitaler Geschäftsprozesse investiert. Allein dadurch erhalten Daten entlang der digital gestützten Geschäftsprozesse eine höhere Bedeutung. Deutsche Unternehmen generieren und sammeln durch diesen Effekt bereits erhebliche Datenmengen und sehr wertvolle Informationen. Sie zögern allerdings noch damit, diesen „Schatz“ auch zu heben. Sie tun sich schwer damit, in ergebnisoffenere Analysen der Daten einzusteigen und ihre Geschäftsmodelle nach den möglicherweise gewonnenen Erkenntnissen neu auszurichten. Darin sind andere Länder viel stärker und gehen dabei auch viel aggressiver vor. Im Sinne der Datenreife, wie sie in der Umfrage definiert wird, laufen wir in Deutschland den Entwicklungen hinterher.

Deutsche Unternehmen schätzen sich im internationalen Vergleich weniger datenreif ein. Woran könnte das liegen?

Neben dem soeben beschriebenen Grund, hat Deutschland ein sehr breites Spektrum an Branchen, in denen deutsche Firmen führende Rollen am weltweiten Markt einnehmen. Zwar haben unsere relativ hohen Kosten für Infrastruktur und Beschäftigung vergleichsweise hohe Automatisierungs- und Digitalisierungsgrade getrieben, aber die Durchdringung der Wertschöpfungsketten mit datengetriebenen Prozessen ist nicht in jeder Branche gleich. Allein durch diese Diversität wird die Einschätzung der Datenreife im Schnitt niedriger ausfallen als in Ländern, in denen stark datengetriebene Geschäftsmodelle überwiegen, wie z. B. in den Bereichen Banking, Insurance, Telkoms, E-Commerce.

Warum ist es für Unternehmen in Deutschland so schwer, Datenreife zu erlangen? Welche Hürden gibt es?

Technisch stehen uns dieselben Instrumente zur Verfügung wie allen anderen Ländern auch. Auch gibt es genügend Expert*innen, mit denen man die Datenreife vorantreiben könnte. Ein gewissermaßen deutsches Phänomen ist allerdings der Wunsch nach besonders hoher Qualität, bevor man beginnt, damit auch etwas anzufangen. Das spiegelt sich auch in den vergleichsweise hohen Prioritäten und Investitionen im Bereich Datenqualität wider.

Deutsche Unternehmen und Verbraucher*innen nehmen darüber hinaus den Schutz und die Sicherheit von Daten ernster, als das in vielen anderen Ländern der Fall ist. Das gilt besonders gegenüber außereuropäischen Ländern. Aber selbst innerhalb der EU mit relativ harmonisierter Regulierung der Themen Datenschutz und Datensicherheit beobachten wir im praktischen Umgang mit Daten erhebliche Unterschiede. Die in Deutschland hohen Standards im Datenschutz und in der Datensicherheit bremsen den Ausbau datengetriebener Wertschöpfung und Geschäftsmodelle etwas aus, reduzieren aber gleichzeitig das Risiko.

Wie kann der Datenschutz in deutschen Unternehmen besser durchgesetzt werden? Wie machen das europäische oder global agierende Unternehmen?

Wie bereits angeschnitten, nehmen deutsche Unternehmen und Behörden den Datenschutz und die Datensicherheit oft ernster als Unternehmen und Behörden in anderen Ländern. Die Studie zeigt deutlich, dass deutsche Führungskräfte die Durchsetzung ihrer bestehenden Richtlinien und Prozesse als größte Herausforderung sehen. Führungskräfte anderer Länder hingegen schätzen die Durchsetzung als das geringste Problem ein und bewerten die hohe Komplexität der Anforderungen und deren stetigen Wandel als größte Herausforderungen. Im Zweifel verfügen sie über weniger detaillierte Richtlinien und Prozesse, die es durchzusetzen gilt.

Folglich steht Deutschland bei der Frage, wie man Daten am besten schützen kann, im Vergleich nicht schlecht da. Unternehmen, die kontinuierlich aufklären und für mehr Datenkompetenz in der Breite der Belegschaft sorgen, werden die Akzeptanz und Durchsetzung von Datenschutzmaßnahmen weiterhin erhöhen.

Welche Bereiche wird das besonders betreffen? Welche Verantwortlichen in den Unternehmen müssen tätig werden? Wie kann sinnvoll in Datenmanagement und -verwaltung investiert werden?

Den größten Nutzen beobachten wir immer dann, wenn der virtuose Umgang mit datengetriebenen Services im gesamten Unternehmen zum Standard wird. Die unangenehme Wahrheit ist daher, dass dieses Thema im Unternehmen alle gleichermaßen angeht und nicht nur einzelne Personen und Funktionen. Zudem ist es kein reines IT-Thema

Die Führung in allen Bereichen erfolgreicher Unternehmen wird sich künftig viel mehr um das Thema Daten drehen, als wir es derzeit gewohnt sind. Hinzu kommt der mit der Veränderung einhergehende kulturelle Wandel. Diese Veränderungen stellen klassische Führungsmodelle vor große Herausforderungen und erfordern neuartige Führungsprofile. Hier kommt auch der Personal- und Führungskräfteentwicklung eine bedeutende Rolle zu. Andere an der Studie teilnehmende Länder scheinen dies bereits erkannt zu haben.

Die Antworten deutscher Führungskräfte lassen jedoch darauf schließen, dass man noch davon ausgeht, sich mit Technologie, Werkzeugen und Expert*innen den Erfolg beim Thema Daten erkaufen zu können. Ohne eine hohe, unternehmensweite Datenkompetenz und ohne klare Prozesse für den Umgang mit Daten in allen Unternehmensbereichen wird das allerdings nicht reichen.

Unternehmen sind daher gut beraten, die Kompetenz des gesamten Unternehmens im Umgang mit datengetriebenen Geschäftsprozessen und Produkten zu steigern. Flankiert werden sollte eine solche Strategie von gezielten Investitionen in die unternehmensweite Dateninfrastruktur, die auch ihre Partner*innen, Lieferant*innen, Kund*innen und Mitarbeiter*innen umfasst und von einem spezialisierten Team gemanagt wird.

Was für Auswirkungen oder Risiken kann es haben, wenn Unternehmen kein Data Governance-Programm einsetzen?

Je nach Geschwindigkeit der Durchdringung einer Branche mit datengetriebenen Lösungen steht nicht weniger als die langfristige Existenzgrundlage auf dem Spiel. In jedem Fall werden die führenden Unternehmen immer diejenigen sein, die es schaffen, aus ihrem Geschäft Smart Data zu generieren, diese möglichst vielen Menschen im Unternehmen zugänglich zu machen und ihre unternehmerischen Entscheidungen konsequent darauf aufzubauen.

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