Überblick über aktuelle Entwicklungen der Rechtsprechung zur GewSt.-Hinzurechnung bei der Anmietung von Messeflächen

Messeaussteller mieten regelmäßig Wirtschaftsgüter an, die im Eigentum Dritter stehen, bspw. des Messebetreibers. Das betrifft sowohl unbewegliche Wirtschaftsgüter wie die Messeflächen an sich als auch bewegliche Wirtschaftsgüter wie Messestände. In den letzten Jahren sind vor Finanzgerichten vermehrt Streitfälle im Zusammenhang mit der Anmietung von Messeflächen verhandelt worden. Stein des Anstoßes ist dabei regelmäßig die Frage der (anteiligen) Hinzurechnung dieser Aufwendungen für Zwecke der Ermittlung des Gewerbeertrags (§ 8 Nr. 1 Buchstabe d und e GewStG).

Hintergrund

§ 8 Nr. 1 GewStG soll eine neutrale Besteuerung des Gewerbebetriebs unabhängig von der Finanzierungsform der Betriebsgrundlagen sicherstellen, indem Finanzierungskosten teilweise nicht steuermindernd berücksichtigt werden dürfen. Zu diesem Zweck werden u. a. gesetzlich unterstellte Finanzierungsanteile aus Aufwendungen für Mieten und Leasing bestimmter unbeweglicher und beweglicher Wirtschaftsgüter dem Gewerbeertrag (anteilig) hinzugerechnet. Die betreffenden angemieteten Wirtschaftsgüter werden als sog. fiktives Anlagevermögen angesehen, wenn der Geschäftszweck des Unternehmens deren dauerhaftes Vorhalten erfordert. Die Mietaufwendungen hierfür fallen grundsätzlich in den Anwendungsbereich der vorgenannten Vorschriften, soweit sie in Summe mit anderen Finanzierungsaufwendungen wie bspw. Fremdkapitalzinsen den Freibetrag i. H. v. 100.000 Euro (ab Erhebungszeitraum 2020 i. H. v. 200.000 Euro) übersteigen.

Wesentliche Entscheidungssätze der Rechtsprechung in der jüngeren Vergangenheit

Die Finanzgerichtsbarkeit stellt für die Annahme von fiktivem Anlagevermögen entscheidend darauf ab, ob der primäre Geschäftszweck des Unternehmens eine Präsenz auf Messen unabdingbar macht (vgl. FG Münster vom 9. Juni 2020, Az. 9 K 1816/18 G, NZB beim BFH anh., Az. III B 83/20). Das soll insbesondere bei der Direktvermarktung eigener Produkte und Dienstleistungen zu bejahen sein, wenn mehrmals im Jahr an Messen teilgenommen wird (vgl. Niedersächsisches FG vom 6. Dezember 2018, Az. 10 K 188/17, rkr.). Sofern eine Teilnahme nur unregelmäßig erfolgt und auch andere Vertriebskanäle vorhanden sind, soll keine Hinzurechnung erfolgen (vgl. FG Düsseldorf vom 29. Januar 2019, Az. 10 K 2717/17, Rev. anh., Az. III R 15/19). In allen Fällen ist stets eine Betrachtung des Einzelfalls erforderlich.

Bedeutung für die Praxis

Auch wenn die Messeaufwendungen bei den meisten Unternehmen in den Jahren 2020 und 2021 pandemiebedingt keine Rolle spielen dürften, wird die Thematik in Zukunft wieder an Relevanz gewinnen. Die Zeit der Corona-Pandemie könnte zudem auch für die Vergangenheit ein zusätzliches Argument dafür sein, dass der Geschäftszweck keine Präsenz auf Messen erfordert und somit kein fiktives Anlagevermögen vorhanden ist.

Bis zum Vorliegen einer höchstrichterlichen Entscheidung des BFH (s. o. Az. III R 15/19) empfiehlt es sich, relevante Fälle mittels Einspruch offenzuhalten und ggf. ruhend zu stellen. Zudem sollte in den Eingangsrechnungen auf einen separaten Ausweis der Mieten für Messeflächen und Messestände von anderen Service- und Zusatzleistungen geachtet werden, um eine trennscharfe Abgrenzung der Aufwendungen im Einzelnen gewährleisten zu können.

Keine Hinzurechnung von Mietaufwendungen bei Qualifikation als fiktives Umlaufvermögen

Schließlich sei im Kontext des § 8 Nr. 1 Buchstabe d und e GewStG auf weitere höchstrichterliche Rechtsprechung hingewiesen, die sich mit der Frage beschäftigen, ob angemietete Wirtschaftsgüter fiktives Anlagevermögen (dann GewSt.-Hinzurechnung) oder Umlaufvermögen (dann keine GewSt.-Hinzurechnung) darstellen: In einer Entscheidung vom 30. Juli 2020 (Az. III R 24/18) hat der BFH eine Hinzurechnung für die Anmietung von Baugerätschaften durch eine Baugesellschaft verneint, soweit diese in die Herstellungskosten von Wirtschaftsgütern des Umlaufvermögens einzubeziehen seien. In einer am 24.06.2021 veröffentlichten Entscheidung vom 12.11.2020 (Az. III R 38/17) geht es um die Frage der Hinzurechnung von Mieten für Drehorte, Kameratechnik, Requisiten, Kostüme usw. bei Auftragsproduktionen einer Filmproduktionsgesellschaft. Eine Hinzurechnung kann unterbleiben, wenn die angemieteten Wirtschaftsgüter gewissermaßen in das Produkt „Film“ eingehen, weil sie voraussichtlich nur einmal in einem einzelnen Film gezeigt werden (insb. Filmlocations und Ausstattungsgegenstände). Beim Einkauf von sog. Hotelkontingenten durch Reiseveranstalter wird regelmäßig eine Einordnung als fiktives Umlaufvermögen vorgenommen (vgl. BFH vom 25. Juli 2019, Az. III R 22/16; FG Düsseldorf vom 24. September 2018, Az. 3 K 2728/16 G, Rev. durch FA zurückgenommen).

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Autoren:

Bernd Keller

Alexander Hanikel

Dies ist ein Beitrag aus unserem Steuer-Newsletter 2/2021. Die gesamte Ausgabe finden Sie hier. Sie können diesen oder weitere Newsletter auch abonnieren und erhalten die aktuelle Ausgabe direkt zum Erscheinungstermin.