Energiewirtschaftsrechtliche Mitteilungs-, Testierungs-, Melde- und Antragsfristen in Krisenzeiten

Auch in Zeiten der COVID-19-Pandemie laufen Fristen für Letztverbraucher, Elektrizitätsversorgungsunternehmen (EVU), EEG-Eigenversorger, Netzbetreiber und energieintensive Unternehmen. Was aber, wenn einer dieser Marktteilnehmer aufgrund der aktuellen Krisenlage an einer fristgerechten Meldung gehindert ist?

Mitteilungs- und Testierungsfristen für EVU, EEG-Eigenversorger, Netzbetreiber und energieintensive Unternehmen

Die EVU, stromkostenintensive Unternehmen und Eigenversorger müssen ihren Letztverbraucherabsatz bis zum 31.5.2020 den Übertragungsnetzbetreibern melden, um die Endabrechnung zur EEG-Umlage für das Jahr 2019 zu ermöglichen. Stromkostenintensive Unternehmen haben ihren Selbstverbrauch darüber hinaus zur Begrenzung der EEG-Umlage bis zum 31.5.2020 den Übertragungsnetzbetreibern zu melden. Netzbetreiber haben ebenfalls bis zum 31.5.2020 die Daten, die sie von EEG- und KWK-Anlagenbetreibern erhalten, und bis zum 31.7.2020 ihren Letztverbraucherabsatz für alle Netzumlagen an die Übertragungsnetzbetreiber zu übermitteln.

Ohne diese Meldungen können Endabrechnungen jedoch weder erstellt noch durch die Wirtschaftsprüfer testiert werden. Werden beispielsweise die sog. Liefertestate nach § 75 EEG von den EVU nicht vorgelegt, so stellt dies wiederum die Übertragungsnetzbetreiber vor Herausforderungen. Ohne Liefertestate können Übertragungsnetzbetreiber nicht bis zum 31.7.2020 die Endabrechnung für die EEG-Umlage des Jahres 2019 vornehmen, wozu sie jedoch nach § 73 Abs. 2 EEG verpflichtet sind.

Zu dieser Problematik haben sich die deutschen Übertragungsnetzbetreiber nun positioniert. Auf der gemeinsamen Webseite www.netztransparenz.de weisen sie darauf hin, dass die Meldepflichten grundsätzlich bestehen bleiben und dass die gesetzlichen Fristen in den für die Meldung vorgesehenen Formaten weiterhin einzuhalten sind. Soweit jedoch Testate vorzulegen sind, müssten diese allerdings nicht zwingend bis zum 31.5. bzw. zum 31.7.2020 gefertigt werden. Die Übertragungsnetzbetreiber halten es im Falle logistischer und prozessualer Erschwernisse bei den Unternehmen für gerechtfertigt, den Unternehmen „in diesem Jahr eine Verschiebung der Fristen zur Vorlage der Wirtschaftsprüferbescheinigungen bis zum nächsten Jahr ausnahmsweise und ohne Anerkennung einer Rechtspflicht einzuräumen“.

Die Testate sind demnach spätestens zum 31.5. bzw. 31.7.2021 im Rahmen der Jahresabrechnung 2020 vorzulegen. Hier könnten dann auch Korrekturen für das Jahr 2019 berücksichtigt werden.

Meldung des Selbstverbrauchs zur Begrenzung der § 19 StromNEV-Umlage

Bis zum 31.3.2020 hatten diejenigen Unternehmen, die die § 19 StromNEV-Umlage begrenzen lassen wollen, dem Anschlussnetzbetreiber ihren Stromverbrauch unter Beachtung der Messvorgaben der §§ 61a und 62b EEG zu melden. Eine verspätete § 19 StromNEV-Meldung löst unseres Erachtens zwar zunächst keine unmittelbaren Rechtsfolgen aus. Jedoch ist bei fehlenden Angaben zumindest mittelfristig der Verlust des Umlageprivilegs zu befürchten. Sobald die Anschlussnetzbetreiber den Übertragungsnetzbetreibern die für den Belastungsausgleich relevanten Daten übermitteln (Frist: 31.7.2020), könnte die Begrenzung der § 19 StromNEV-Umlage ausgeschlossen sein. Jedenfalls sollten Unternehmen dringend das Gespräch mit dem Anschlussnetzbetreiber suchen, wenn sie ihren Selbstverbrauch nicht bis zum 31.3.2020 melden konnten. Die Praxis zeigt aktuell, dass die Anschlussnetzbetreiber hier kulant sind.

Meldung von Netzverlusten

Netzbetreiber müssen darüber hinaus bis zum 31.5.2020 die Strommengen für Netzverluste melden, damit die hierfür gesetzlich vorgesehene Befreiung von der EEG-Umlage möglich ist. Für diesen Strom, der an Netzbetreiber zum Ausgleich physikalisch bedingter Netzverluste (Verlustenergie) geliefert wird, entfällt grundsätzlich die EEG-Umlage. Eine verspätete Meldung könnte hier aber zur Folge haben, dass 20 Prozent EEG-Umlage auf die Verlustenergie zu zahlen wäre. Da die Pönale für eine verspätete Meldung der Verlustenergiemengen von Gesetzes wegen greift, bleibt nur zu hoffen, dass sich die Übertragungsnetzbetreiber kulant zeigen werden und dass die Bundesnetzagentur als „Hüterin“ der Umlagen Sonderregelungen zulässt.

Einreichung ausschlussfristrelevanter Unterlagen in der Besonderen Ausgleichsregelung

Schließlich müssen energieintensive Unternehmen, die eine Begrenzung der EEG-Umlage im Jahr 2020 beantragen, sämtliche ausschlussfristrelevanten Unterlagen spätestens bis zum 30.6.2020 im ELAN-K2-Portal des Bundesamts für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) hochladen. Ein Fristversäumnis kann gravierende Folgen für die Unternehmen haben, da diese Frist eine materielle Ausschlussfrist darstellt und eine Fristverlängerung sowie eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand grundsätzlich nicht gewährt wird – und zwar unabhängig davon, ob das Fristversäumnis vom Unternehmen verschuldet wurde.

Das BAFA hat das Problem rechtzeitig erkannt und der Branche Verständnis signalisiert. Auf der Webseite des BAFA sowie am Informationstag zur Besonderen Ausgleichsregelung, der in diesem Jahr als Video-on-Demand-Veranstaltung stattfinden musste, wird den Unternehmen eine Nachsichtgewährung in Aussicht gestellt. Bei der Nachsichtgewährung kann eine verspätete Handlung gleichwohl als fristwahrend anzusehen sein, wenn die Fristversäumung auf höherer Gewalt beruht. Für die antragstellenden Unternehmen hat sich die Lage hierdurch nur scheinbar entspannt, da letztlich offen blieb, welchen Prüfungsmaßstab das BAFA bei der Bewertung der konkreten Umstände des Einzelfalls anlegen würde und wie – im Falle einer ablehnenden Entscheidung des BAFA – die Verwaltungsgerichte entscheiden würden.

Vor diesem Hintergrund wurde vielfach eine Fristverlängerung durch gesetzliche Regelung gefordert. Der Entwurf für eine solche Regelung wurde mit der „Formulierungshilfe zum Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Erneuerbare-EnergienGesetzes 2017 und weiterer energierechtlicher Bestimmungen“ vom Bundeswirtschaftsministerium (BMWi) vorgelegt. Danach soll es im Antragsverfahren 2020 möglich sein, ausschlussfristrelevante Unterlagen, also die Wirtschaftsprüferbescheinigung und das Zertifikat zum Umwelt- oder Energiemanagementsystem, bis zum 30.11.2020 nachzureichen. Die Unternehmen müssen allerdings – wie bisher – den Antrag zum 30.6.2020 beim Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) stellen.