OLG Stuttgart: Anspruch einer Kommune auf Übereignung von Fernwärmeversorgungsanlagen

In dem vorbezeichneten Verfahren begehrte die klagende Stadt Stuttgart die Feststellung, dass sie nach Auslaufen des Konzessionsvertrages Eigentümerin der bis zu diesem Zeitpunkt im Eigentum des beklagten Energieversorgungsunternehmens befindlichen Fernwärmeversorgungsanlagen geworden sei.

Dem erteilte das OLG Stuttgart eine Absage. Nach Ansicht des Gerichts erwarb die Stadt Stuttgart nach Auslaufen des Konzessionsvertrages kein Eigentum an den streitgegenständlichen Fernwärmeleitungen, Kanälen, Rohren, Tunneln sowie Pumpen, Druckhaltesystemen, Wärmetauschern und Messtechnik, die das Gericht unter dem Begriff der Fernwärmeversorgungsanlagen zusammenfasste.

Das Gericht führte hierzu aus, dass es sich bei den in Rede stehenden Fernwärmeversorgungsanlagen nicht um wesentliche Bestandteile der Grundstücke handele, was dem Eigentumserwerb der klagenden Grundstückeigentümerin entgegenstehe. Vielmehr seien diese Anlagen sog. Scheinbestandteile, die mit Blick auf § 95 Abs. 1 S. 1 BGB nur zu einem vorübergehenden Zweck mit dem Grund und Boden der Klägerin verbunden wurden.

Ob eine Sache nur zu einem vorübergehenden Zweck mit einem Grundstück verbunden wird, beurteilt sich nach Ansicht des Gerichts maßgeblich nach dem Willen des Erbauers – hier des Versorgungsunternehmens – zum Zeitpunkt der Installation der Fernwärmeversorgungsanlagen. Mangels besonderer Vereinbarung der Vertragsparteien streite die Vermutung, dass die Fernwärmeversorgungsanlagen nur für die Dauer des Konzessionsvertrages und damit nur für einen vorübergehenden Zweck installiert wurden, gegen den Eigentumserwerb der Stadt Stuttgart. Dieser Vermutung stehe weder die lange Laufzeit des Konzessionsvertrages noch die „massive Bauart“ der Fernwärmeversorgungsanlagen entgegen.

Etwas anderes mag nach Ansicht des Senats gelten, wenn durch Vertrag oder Auslegung bestimmbar ist, dass die auf dem Grund und Boden errichteten Anlagen nach Beendigung des Konzessionsvertrages (gegen oder ohne Zahlung einer Entschädigung) in das Eigentum der Kommune übergehen sollen, woran es im vorliegenden Fall jedoch fehlt. Überdies stützt das Gericht seine Entscheidung auf den Wortlaut des Konzessionsvertrages, der durch die Verwendung des Possessivpronomens „ihrer Versorgungsleitungen“ eine Einordnung des Eigentums zugunsten des Energieversorgungsunternehmens trifft. Weitere Anhaltspunkte, die den Schluss zulassen, dass das beklagte Energieversorgungsunternehmen während oder nach Beendigung des Konzessionsvertrages dem Eigentumsübergang zustimmt, seien ebenso nicht ersichtlich.

Der ergänzend vorgebrachten Ansicht der Klägerin, eine Trennung des Eigentums an den Grundstücken von dem Eigentum an den Fernwärmeversorgungsanlagen nach Auslaufen des Konzessionsvertrages erfordere eine diesbezügliche vertragliche Abrede der Parteien, folgte das Gericht nicht.

Es bleibt nun abzuwarten, wie sich das Urteil künftig auf die Fernwärmeversorgung in der Landeshauptstadt auswirkt. Das OLG Stuttgart bestätigte die Stadt Stuttgart und ihre hilfsweise vorgebrachte Forderung auf Rückbau der Fernwärmeversorgungsanlagen, sollte sie nicht Eigentümerin der Anlagen geworden sein.

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