Neues Urteil zum Gebührenmaßstab bei der dezentralen Schmutzwasserbeseitigung

Das Oberverwaltungsgericht (OVG) Mecklenburg-Vorpommern stellte in seinem Beschluss (Az.: 3 LZ 177/20 OVG) vom 14. Dezember 2021 fest, dass dem Frischwassermaßstab bei der dezentralen Schmutzwasserentsorgung kein Vorrang zukommt.

Ausgangslage

Die klagende Gemeinde (dem Zweckverband Wismar angehörig) wendet sich gegen die Heranziehung von Schmutzwassergebühren für die dezentrale Schmutzwasserbeseitigung. Die Klägerin betreibt eine Kleinkläranlage, an die vier in ihrem Eigentum stehende sowie 33 weitere Grundstücke angeschlossen sind. Der Zweckverband zog die Gemeinde zu Schmutzwassergebühren für die dezentrale Entsorgung auf der Grundlage des Frischwasserbezugs heran.

Zunächst stellte das OVG fest, dass es sich bei dem von der Klägerin favorisierten Mengenmaßstab auch nicht um einen Wirklichkeitsmaßstab handelt, sodass für die Annahme eines Vorrangs des Mengenmaßstabes bereits aus diesem Grunde kein Raum ist. Das Abstellen auf das Volumen des Grubeninhalts kann nur hinsichtlich der reinen Abfuhrleistung als Ausprägung des Wirklichkeitsmaßstabs angesehen werden, hinsichtlich der anderen Leistungen (z. B. Beseitigung des Klärschlamms) stellt das Volumen des Grubeninhalts keinen Wirklichkeitsmaßstab dar. Insoweit wird das Maß der Inanspruchnahme der dezentralen Abwasserbeseitigung über die bloße Menge hinaus durch die Zusammensetzung des Abwassers und dessen Schadstoffbelastung bestimmt.

Zwar wird das Ermessen des Satzungsgebers, einen geeigneten Gebührenmaßstab zu wählen, durch das Äquivalenzprinzip eingeschränkt. Es verpflichtet ihn aber nicht, ohne Rücksicht auf den Verwaltungsaufwand und die Wirtschaftlichkeit des jeweiligen Gebührenmodells oder ungeachtet nachteiliger Auswirkungen auf die Aufgabenerfüllung einen Wirklichkeitsmaßstab zu wählen. Ebenso wenig ist er verpflichtet, denjenigen Wahrscheinlichkeitsmaßstab zu wählen, der dem wirklichen Maßstab der Inanspruchnahme am nächsten kommt.

Das OVG stellte aber auch klar, dass es aufgrund des Ermessensspielraums einer Darlegung und Dokumentation bedurfte, aus welchen Gründen hier der Frischwassermaßstab anstelle des Mengenmaßstabes gewählt wurde. Diese Abwägung hatte der Abwasserentsorger versäumt.

Autor*innen

Philipp Hermisson
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Sabina Gaaß
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