Berücksichtigung von Konzessionsabgaben bei der Kalkulation von Wassergebühren – Möglichkeit der Umlegung auf den Endverbraucher

Das Bundesverwaltungsgericht hat mit Urteil vom 23. März 2021 (9 C 4.20) festgestellt, dass die Konzessionsabgabe im Rahmen des von einem Eigenbetrieb an die Eigentümerin der Wasserinfrastrukturanlagen gezahlten Dienstleistungs- und Pachtentgelte preisrechtlich zulässig ist.

Die Frage, ob Konzessionsabgaben in der Gebührenkalkulation berücksichtigt werden dürfen, bleibt weiterhin offen.

Ausgangspunkt des Rechtsstreits

Die hessische Landeskartellbehörde beanstandete die Wasserpreise der Stadt Kassel als missbräuchlich überhöht. Daraufhin wurde im Jahr 2012 die Wasserversorgung neu organisiert und auf den Eigenbetrieb der Stadt übertragen. Zuvor wurde die Aufgabe durch eine privatrechtliche Gesellschaft auf Grundlage eines Konzessionsvertrages übernommen.

Aufgrund der Rekommunalisierung wurde der bestehende Wasserkonzessionsvertrag hinsichtlich der Aufgabenwahrnehmung angepasst und die Parteien schlossen einen zusätzlichen Pacht- und Dienstleistungsvertrag.

Danach verpachtet die Gesellschaft die für die öffentliche Wasserversorgung erforderlichen Infrastrukturanlagen an den Eigenbetrieb und verpflichtet sich zur Erbringung von umfangreichen technischen und kaufmännischen Dienstleistungen. Dafür erhält der Eigenbetrieb eine Aufsichts- und Weisungsbefugnis und ist zuständig für die Gebührenfestsetzung. Die Gesellschaft bleibt weiterhin Eigentümerin der Wasserversorgungsanlage, des Trinkwassernetzes und der Hochbehälter.

Als Gegenleistung hat der Eigenbetrieb ein Dienstleistungs- und Pachtentgelt zu zahlen, in dem die an die Stadt zu zahlende Konzessionsabgabe berücksichtigt wurde.

Dieses Dienstleistungs- und Pachtentgelt floss in die Gebührenkalkulation des Eigenbetriebs ein. Folglich enthielt die vom Endverbraucher zu zahlende Wassergebühr die von der Versorgungsgesellschaft an die Gemeinde zu zahlende Konzessionsabgabe.

Die aufgrund dieser Kalkulation erstellten Wassergebührenbescheide wurden zum Gegenstand eines Verfahrens vor dem Verwaltungsgericht Kassel. Die Grundstückseigentümer argumentierten insbesondere damit, dass in den Wassergebühren nicht gebührenfähige Kosten für eine Konzessionsabgabe enthalten seien.

Entscheidungen VG Kassel und HessVGH

Das VG Kassel gab den klagenden Grundstückseigentümern mit Urteil vom 27. März 2017 (6 K 412/13. KS) recht. Es bezog sich auf ein Urteil des HessVGH (HessVGH, B. v. 6. Juli 2005, 5 ZU 2618/04) und stellte fest, dass eine Konzessionsabgabe, welche ein vom Versorgungsunternehmen an die Kommune zu zahlendes Entgelt darstellt, nicht vom Kostenbegriff des § 10 Abs. 1 und 2 HKAG umfasst sei und damit nicht Teil der gebührenfähigen Kosten ist.

In zweiter Instanz wies der HessVGH die Berufung der Stadt Kassel mit Urteil vom 11. Dezember 2018 zurück. Nach Ansicht des Verwaltungsgerichtshofs verstößt die Berücksichtigung der Konzessionsabgabe im Rahmen des abgerechneten Fremdleistungsentgelts gegen die Vorgaben der Leitsätze für die Preisermittlung aufgrund von Selbstkosten (LSP). Die von der Versorgungsgesellschaft gegenüber dem Eigenbetrieb erbrachten Leistungen seien Fremdleistungen i. S. v. § 10 Abs. 2 KAG HE. Entgelte für Fremdleistungen dürften nur in der für die Wasserversorgung erforderlichen Höhe in die Gebührenkalkulation einfließen. Die Erforderlichkeit ist gegeben, wenn die Vorgaben der Anlage „Leitsätze für die Preisermittlung aufgrund von Selbstkosten“ zur Verordnung PR Nr. 30/53 über die Preise bei öffentlichen Aufträgen vom 21. November 1953 (PreisV 30/53) erfüllt werden. Dies sei nicht der Fall, da die Stadt durch die gewählte Organisationsstruktur selbst Kosten schaffe, die der Gebührenzahler finanzieren muss und deren Ertrag ihr wiederum zufließe. Somit entspricht dies nicht den Vorgaben von Nr. 4 Abs. 2 LSP, wonach bei Preisermittlungen aufgrund von Selbstkosten nur diejenigen Kosten zu berücksichtigen seien, die bei wirtschaftlicher Betriebsführung zur Erstellung der Leistungen entstünden.

BVerwG hebt Entscheidung HessVGH auf

Das Bundesverwaltungsgericht hob das Urteil des HessVGH jetzt auf und verwies die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das HessVGH zurück.

Laut BVerwG wurde die Verordnung PR Nr. 30/53 fehlerhaft ausgelegt

Der HessVGH hätte bei seiner Prüfung auf die Versorgungsgesellschaft als Auftragnehmerin abstellen müssen. Legt man diesen Prüfungsansatz zugrunde, handelt es sich bei den Konzessionsabgaben um angemessene Kosten, die der Versorgungsgesellschaft bei wirtschaftlicher Betriebsführung zur Erbringung ihrer Leistung i. S. v. Nr. 4 Abs. 2 LSP entstehen.

Folglich hat der HessVGH bei der preisrechtlichen Prüfung einen „unzulässigen Perspektivwechsel“ vorgenommen, indem er nicht auf die Sicht der Versorgungsgesellschaft als Auftragnehmerin abstellte, sondern die Erforderlichkeit des Fremdleistungsentgelts aus der Perspektive der Stadt prüfte.

Auswirkungen für die Praxis

Das BVerwG hat im Ergebnis bestätigt, dass die Erforderlichkeit des Fremdleistungentgelts nicht an bundesrechtlichen Vorgaben des Preisrechts scheitert. Die preisrechtliche Zulässigkeit wurde bejaht.

Welche Folgen sich für die Gebührenfähigkeit der Konzessionsabgaben ergeben und ob weitere kommunalabgabenrechtliche Voraussetzungen erfüllt werden müssen, sind laut BVerwG vom Verwaltungsgerichtshof anhand des Landesrechts zu prüfen. Folglich bleibt die Frage offen, ob die Konzessionsabgabe in die Wassergebühr einkalkuliert werden darf und letztendlich vom Endverbraucher zu tragen ist. Eine letzte Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs steht noch aus.

Wir unterstützen Wasserversorgungsunternehmen bei allen preisrechtlichen und kommunalabgabenrechtlichen Fragen und stehen Ihnen für weitere Fragen gern zur Verfügung.

Autor*innen

Philipp Hermisson
Tel: +49 30 208 881 136

Sabina Gaaß
Tel: + 49 341 60 03 2286

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Dies ist ein Beitrag aus unserem Public Sector Newsletter 1-2022. Die gesamte Ausgabe finden Sie hier. Sie können diesen Newsletter auch abonnieren und erhalten die aktuelle Ausgabe direkt zum Erscheinungstermin.