Novellierung des Stiftungsrechts

Der Bundestag hat am 24. Juni 2021 der Reformierung des Stiftungs(zivil)rechts zugestimmt. Die zum 1. Juli 2023 in Kraft tretenden Regelungen bringen etliche Neuerungen mit sich, die eine Prüfung von Handlungsoptionen erfordern. Weiterhin wird zum 1. Januar 2026 ein für alle Stiftungen geltendes, öffentliches Stiftungsregister eingeführt.

Das bisher rudimentär im BGB geregelte Stiftungszivilrecht war in der Vergangenheit durch die Landesstiftungsgesetze und deren jeweiliges Verständnis in den einzelnen Bundesländern geprägt. Der jahrelange Reformprozess bringt nunmehr erhebliche Vereinheitlichungen und Klarstellungen mit sich. Über wesentliche Aspekte informieren wir Sie gern nachfolgend.

Abschließende Regelungen zum 1. Juli 2023 im BGB

Das neue, im BGB abschließend geregelte Stiftungszivilrecht wird nach vehementer Kritik der Stiftungsverbände – anders als zunächst geplant – nun doch erst zum 1. Juli 2023 in Kraft treten. Damit soll den Stiftungen ausreichend Zeit gegeben werden, um sich auf die Veränderungen einzustellen und ggf. erforderliche bzw. zweckmäßige Anpassungen vornehmen zu können. Zu beachten sind insbesondere die folgenden Themen:

Stiftungsvermögen

Zukünftig wird ausdrücklich in Grundstockvermögen und sonstiges Vermögen unterschieden, wobei eine Verbrauchstiftung – im Gegensatz zur Ewigkeitsstiftung – lediglich sonstiges Vermögen aufweist. Das Grundstockvermögen ist ungeschmälert zu erhalten, wobei es nicht zwingend im tatsächlichen Bestand erhalten werden muss. Im Falle der Veräußerung darf der Vermögensgegenstand weder unmittelbar der Zweckerfüllung dienen noch die Satzung ein entsprechendes Verbot enthalten. Das sonstige Vermögen kann/darf unmittelbar für die Erfüllung des Zwecks verbraucht werden.

Besonders interessant ist, dass Umschichtungsgewinne (Erträge aus Umschichtung des Grundstockvermögens) nicht zum Grundstockvermögen gehören und damit für die Erfüllung des Stiftungszwecksverbraucht werden können, sofern die
Satzung nicht widerspricht.

Regelung zur Haftung

Erfreulicherweise enthalten die neuen Regelungen eine Haftungsregelung für Stiftungsorgane, die an die sog. Business Judgement Rule angelehnt ist und eine Pflichtverletzung des Organs ausschließt, sofern dieses nach den gesetzlichen und satzungsmäßigen Vorgaben zum Wohle der Stiftung handelt.

Satzungsänderungen

Fortan sind die Voraussetzungen an Satzungsänderungen vereinheitlicht und klarstellend im BGB geregelt. Man unterscheidet zukünftig drei Fallgruppen.

  • Änderungen, die die „Identität“ der Stiftung betreffen, sind nur zulässig, wenn der Zweck nicht mehr dauernd und nachhaltig erfüllt werden kann oder der Zweck das Gemeinwohl gefährdet.
  • Änderungen, die „andere prägende Bestimmungen“ betreffen (bspw. Name, Sitz, Art und Weise der Zweckerfüllung und Verwaltung des Vermögens), können vorgenommen werden, wenn nach Errichtung eine Anpassung an die aktuellen Verhältnisse erforderlich ist.
  • Für weitere Änderungen, die den Zweck nicht berühren und keinen prägenden Charakter haben, ist es ausreichend, wenn die Änderungen der Erfüllung des Zwecks dienen.

Beendigung von Stiftungen

Die Novellierung bringt auch zu den Beendigungsmöglichkeiten von Stiftungen eine bundesweite Vereinheitlichung mit sich. Im Wesentlichen bestehen grob drei Arten der Beendigung:

(1) Auflösung durch Stiftungsorgan

Sofern der Zweck nicht mehr dauernd und nachhaltig erfüllt werden kann (Satzungsänderung hätte auch keinen Zweck), ist das mit Genehmigung der Stiftungsaufsicht möglich.

(2) Aufhebung durch Stiftungsaufsicht

Sofern ein zuständiges Organ der Stiftung nicht oder nicht rechtzeitig entscheidet, kann die Stiftungsaufsicht selbst die Aufhebung vornehmen.

(3) Zulegung/Zusammenlegung von Stiftungen

Die Zulegung (Übertragung einer Stiftung auf eine andere) und Zusammenlegung (zwei Stiftungen begründen eine neue Stiftung) regelt einen Vermögensübergang im Ganzen und lässt die übertragenden Stiftungen erlöschen (vgl. Verschmelzung im UmwG). Hierfür gelten besondere Voraussetzungen sowie die Beachtung eines bestimmten Verfahrens unter Einbindung der Stiftungsbehörden.

Weitere Regelungen

  • Zwingender inländischer Verwaltungssitz (ggf. Zurückverlegung erforderlich)
  • Bei Fehlen von Organmitgliedern kann die Stiftungsbehörde eingreifen, um Handlungsfähigkeit herzustellen
  • Satzungsvorbehalt bei Haftung für unentgeltlich tätige Organmitglieder
  • Lebzeitiges Stiftungsgeschäft erfordert keine notarielle Beurkundung bei Widmung von Immobilienvermögen bzw. GmbH-Geschäftsanteilen

Stiftungsregister zum 1. Januar 2026

Das neue Stiftungsregister wird zum 1. Januar 2026 begründet, wobei die Anmeldungen bis spätestens 31. Dezember 2026 zu erfolgen haben. Ziel der Einführung des Stiftungsregisters ist es, den Nachweis der Vertretungsberechtigung der Stiftungsorgane zu erleichtern und die Transparenz zu erhöhen (ähnlich Vereins- oder Handelsregister). Hierzu sollen folgende Daten im Stiftungsregister aufgenommen werden:

  • Name und Sitz
  • Datum der Anerkennung
  • Name, Geburtsdatum und Wohnort der vertretungsberechtigten Organe
  • Satzungsmäßige Beschränkungen der Vertretungsmacht des Vorstands
  • Nach Eintragung erfolgte Satzungsänderungen

Die Einsichtnahme in das Register sowie in die damit verbundenen umfangreichen Daten soll jedermann zustehen (Publizität). Eine Einschränkung der Einsichtnahme erfolgt nur dann, wenn die Stiftung selbst oder ein Dritter ein berechtigtes Interesse hat, dass bestimmte Inhalte nicht offengelegt werden (bspw. personenbezogene Daten von Destinatären einer Familienstiftung).

Es bleibt zu beachten, dass die Meldepflicht zum Transparenzregister durch die Einführung des Stiftungsregisters nicht entfällt.

Zusammenfassung und Ausblick

Grundsätzlich sind die Vereinheitlichung auf Bundesebene und die Neuregelungen zu begrüßen, auch wenn weitere Reformthemen zur Diskussion standen und eine Regelung wünschenswert gewesen wäre (bspw. Stärkung der Rechte lebender Stifter; Klagebefugnisse für Organmitglieder bzgl. zu Unrecht aufgelöster Stiftungen).

Für die sich in Errichtung befindlichen Stiftungen wird es erforderlich sein, die zahlreichen Änderungen bereits jetzt bei der Satzungsgestaltung zu berücksichtigen. Bereits bestehende Stiftungen müssen ihre Satzungen in Hinblick auf die Neuregelungen überprüfen und notwendige Satzungsänderungen rechtzeitig vornehmen.

Autor*innen

Dr. Alexander Becker
Tel: +49 30 208 88 1212

Dr. Cathrin Krämer
Tel: +49 208 88 1236

Christian Hassa
Tel: +49 341 60 03 2187

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Dies ist ein Beitrag aus unserem Public Sector Newsletter 3-2021. Die gesamte Ausgabe finden Sie hier. Sie können diesen Newsletter auch abonnieren und erhalten die aktuelle Ausgabe direkt zum Erscheinungstermin.