Kalkulation von Abwassergebühren und die Einstellung von Fremdleistungsentgelten

Das VG Lüneburg hat mit Urteil vom 16. Juni 2020 entschieden, dass Fremdleistungsentgelte in die Gebührenkalkulation eingestellt werden können, wenn eine rechtliche Zahlungsverpflichtung gegenüber dem die Fremdleistung erbringenden Dritten besteht und sich dessen Entgelt in dem vom kostenbezogenen Erforderlichkeitsprinzip vorausgesetzten Rahmen bewegt.

Im Rahmen einer Gebührenkalkulation ansatzfähig sind alle nach betriebswirtschaftlichen Grundsätzen zu ermittelnden Aufwendungen, die in einem hinreichend engen Zusammenhang mit der Erstellung der Leistung stehen, die also für die Aufgabenwahrnehmung getätigt werden. Der kalkulatorisch ermittelte Gebührensatz ist rechtmäßig, wenn die bei der Ermittlung der ansatzfähigen Aufwendungen angestellten Wertungen und Prognosen auf begründeten Annahmen beruhen und sich der Satzungsgeber innerhalb des ihm zuzubilligenden Einschätzungsspielraums bewegt hat. Dieser Einschätzungsspielraum ist etwa dann überschritten, wenn sich der Satzungsgeber bei der Gebührenkalkulation von sachfremden Erwägungen, z. B. der Absicht einer Gewinnerzielung, hat leiten lassen oder er unrichtige Kalkulationsmethoden angewendet oder unzutreffende Daten verwendet hat.

Der Ansatz privater Entgelte auf der Kostenseite der Gebührenkalkulation darf jedoch nicht ungeprüft in die Gebührenkalkulation übernommen werden, sondern ist am kostenbezogenen Erforderlichkeitsprinzip zu messen. Die Körperschaften können sich den gebührenrechtlichen Anforderungen, die bestehen würden, wenn sie selbst die öffentliche Aufgabe in Eigenregie ausführten, nicht dadurch entziehen, dass sie nicht ansatzfähige Kosten bei einem Dritten, dem Privatunternehmer, entstehen lassen und auf diesem Umweg dann doch in die Gebührenkalkulation einstellen. Der gerichtlichen Überprüfung unterliegt, ob die bei der Ermittlung der ansatzfähigen Kosten angestellten Wertungen und Prognosen auf begründeten Annahmen beruhen und der Satzungsgeber den ihm zustehenden Einschätzungsspielraum gewahrt hat.

Vorliegend wurde vom VG die Verteilung und der Ansatz von kalkulatorischen Kosten, die im Fremdleistungsentgelt enthalten waren, kritisiert. Im Rahmen der Kalkulation von Gebühren ist es – so das Gericht – bei der Inanspruchnahme von Fremdleistungen im Allgemeinen üblich und zulässig, den in Rechnung gestellten Aufwand des Dritten nicht näher zu überprüfen, sondern pauschal kalkulatorisch in Ansatz zu bringen. Etwas anderes gilt jedoch dann, wenn die Kommune selbst für zurückliegende Kalkulationszeiträume grundlegende Fehler hinsichtlich in Rechnung gestellter Fremdleistungsentgelte ermittelt hat, für den aktuellen Kalkulationszeitraum in der Vergangenheit daher fehlerhaft kalkulierte Kosten (hier Kapitalkosten) korrigiert werden sollen und es ihr weder rechtlich noch tatsächlich unmöglich ist, die von einem Dritten in Rechnung gestellten Entgelte, insbesondere hinsichtlich der fehlerhaft zugeordneten Kapitalkosten, näher aufzuschlüsseln.

Hinweis: Die Angemessenheit von Fremdleistungen lässt sich im Regelfall dadurch belegen, dass die Kosten dem öffentlichen Preisrecht entsprechen. Dem prozessual substantiierten Vortrag zur Angemessenheit der Fremdleistungskosten kommt in einem Prozess vor den Verwaltungsgerichten besondere Bedeutung zu. Mazars begleitet Ver- und Entsorgungsunternehmen bei der rechtssicheren Kalkulation und prozessualen Durchsetzung von Gebühren sowie Entgelten.