IFRS IC: Vorläufige Agenda-Entscheidung zum Reverse-Factoring

Am 16. Juni 2020 veröffentlichte das IFRS IC eine vorläufige Agenda-Entscheidung mit dem Titel „Supply Chain Financing Arrangements – Reverse Factoring“.

Die vorläufige Entscheidung ist auf der Website des IASB verfügbar.

Die Entscheidung folgt einer Anfrage von Moody’s Investors Service, die feststellte, dass die Verwendung von Finanzierungsvereinbarungen für die Lieferkette inzwischen weit verbreitet ist und dass es in der Praxis Unterschiede bei der Klassifizierung und Offenlegung der damit verbundenen Verbindlichkeiten und Liquiditätsrisiken gibt. Im Detail ging es bei der Anfrage um folgende zwei Fragestellungen:

  • wie ein Unternehmen die Verbindlichkeiten darzustellen hat, auf die sich die Reverse-Factoring-Vereinbarungen beziehen (z.B. wie Verbindlichkeiten aus Lieferungen und Leistungen darzustellen sind, wenn die entsprechenden Rechnungen Teil einer Reverse-Factoring-Vereinbarung sind);
  • und welche Offenlegungen zu Reverse-Factoring-Vereinbarungen in den Jahresabschlüssen eines Unternehmens notwendig sind.

Eine Reverse-Factoring-Vereinbarung beinhaltet den Verkauf von Forderungen aus Lieferungen und Leistungen an einen Factor durch den Schuldner („der Kunde“ oder „der Käufer“). Es handelt sich also um das Gegenteil einer traditionellen Factoring-Vereinbarung, bei der sich der Lieferant/Kreditor direkt an den Factor wendet, um seine Forderungen zu verkaufen.

Die vorläufige Agenda-Entscheidung des IFRS IC zum Reverse-Factoring besagt Folgendes:

  • bezüglich der Bilanz: Ein Unternehmen hat zunächst zu beurteilen, ob und wann eine Verbindlichkeit, die Teil einer Reverse-Factoring-Vereinbarung ist, unter Anwendung von IFRS 9 auszubuchen ist. Im Anschluss sollte anhand von IAS 1 bestimmt werden, wie die Verbindlichkeit in der Bilanz darzustellen ist. Das Unternehmen sollte:
    • eine finanzielle Verbindlichkeit nur dann als Verbindlichkeit aus Lieferungen und Leistungen darstellen, wenn diese eine Verbindlichkeit zur Bezahlung von Waren oder Dienstleistungen darstellt, vom Lieferanten in Rechnung gestellt oder mit ihm vertraglich vereinbart wurde und Teil des im normalen Geschäftszyklus des Unternehmens verwendeten Working Capital ist;
    • die finanzielle Verbindlichkeit getrennt von Verbindlichkeiten aus Lieferungen und Leistungen und sonstigen Verbindlichkeiten darstellen, wenn der Umfang, die Art oder die Funktion dieser Verbindlichkeiten eine getrennte Darstellung für das Verständnis der Finanzlage des Unternehmens erforderlich machen;
  • in Bezug auf die Kapitalflussrechnung: Ein Unternehmen sollte normalerweise die Klassifizierung der Cashflows in Bezug auf das Reverse-Factoring (Einordnung in Cashflow aus der Geschäftstätigkeit oder Cashflow aus Finanzierungstätigkeit) in Übereinstimmung mit der Darstellung in der Bilanz vornehmen;
  • in Bezug auf die Offenlegungen im Anhang: Ein Unternehmen muss unter Umständen zusätzliche Angaben zum Reverse-Factoring machen, basierend auf den aktuellen Offenlegungspflichten für das Liquiditätsrisiko. Es muss nach eigenem Ermessen entscheiden, ob es zusätzliche Informationen über die Auswirkungen des Reverse-Factorings auf seine Vermögens-, Finanz- und Ertragslage bereitstellen muss.

Ferner erwägt das IFRS IC in Zukunft ein Projekt zur Standardsetzung mit begrenztem Umfang, um Offenlegungspflichten für Vereinbarungen zur Finanzierung von Verbindlichkeiten gegenüber Lieferanten zu entwickeln.

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Dies ist ein Beitrag aus unserem IFRS-Newsletter 2-2020. Die gesamte Ausgabe finden Sie hier. Sie können diesen Newsletter auch abonnieren und erhalten die aktuelle Ausgabe direkt zum Erscheinungstermin.