Das Krankenhaus als öffentlicher Auftraggeber gem. § 99 Nr. 2 GWB

19.06.2020 – Die VK Niedersachsen hat mit ihren Entscheidungen VgK-20/2019 vom 12.6.2019 und VgK-02/2020 vom 19.3.2020 die Einordnung von öffentlich finanzierten Krankenhäusern auch in Privatrechtsform als öffentliche Auftraggeber gem. § 99 Nr. 2 GWB und damit deren Pflicht zur Beachtung des Vergaberechts bestätigt.

In beiden Fällen war eine De-facto-Vergabe durch ein Krankenhaus, das vorwiegend bzw. hauptsächlich von Gebietskörperschaften finanziert wird, angegriffen worden. Die Geschäftsanteile der betroffenen Krankenhaus-GmbHs werden komplett von Gebietskörperschaften gehalten. Es handelte sich in VgK-20/2019 um Brandbekämpfungsleistungen, in VgK-02/2020 um Postdienstleistungen, die jeweils ohne Durchführung eines transparenten Vergabeverfahrens beauftragt wurden. Die Pflicht zur Durchführung eines solchen Verfahrens ergibt sich aus § 97 GWB und trifft die öffentlichen Auftraggeber nach § 99 GWB.

Nach § 99 Nr. 2 GWB sind auch andere juristische Personen des öffentlichen und des privaten Rechts, die zu dem besonderen Zweck gegründet wurden, im Allgemeininteresse liegende Aufgaben nicht gewerblicher Art zu erfüllen, öffentliche Auftraggeber, wenn Stellen, die unter Nr. 1 fallen, sie einzeln oder gemeinsam durch Beteiligung oder auf sonstige Weise überwiegend finanzieren oder über ihre Leitung die Aufsicht ausüben oder mehr als die Hälfte der Mitglieder eines ihrer zur Geschäftsführung oder zur Aufsicht berufenen Organe bestimmen.

Das beauftragende Krankenhaus ist nach den Aussagen der VK Niedersachsen zu dem besonderen Zweck gegründet worden, im Allgemeininteresse liegende Aufgaben nicht gewerblicher Art zu erfüllen. Das Allgemeininteresse ergibt sich aus dem Gesetz zur wirtschaftlichen Sicherung der Krankenhäuser und zur Regelung der Krankenhauspflegesätze, Krankenhausfinanzierungsgesetz (KHG). Nach § 1 KHG ist Zweck des Gesetzes die wirtschaftliche Sicherung der Krankenhäuser, um eine bedarfsgerechte Versorgung der Bevölkerung mit leistungsfähigen, eigenverantwortlich wirtschaftenden Krankenhäusern zu gewährleisten und zu sozial tragbaren Pflegesätzen beizutragen. Gemäß § 9 KHG fördern die Länder auf Antrag des Krankenhausträgers Investitionskosten, darunter insbesondere für die Errichtung von Krankenhäusern für die Erstausstattung mit notwendigen Anlagegütern, für die Wiederbeschaffung von Anlagegütern und weitere im Einzelnen genannte Positionen.

Die Vergabekammer hat in beiden Fällen angenommen, dass die Gebietskörperschaften die Krankenhäuser aufgrund ihrer Gesellschafterstellung voll haftend und daher überwiegend finanzieren.

Somit handelt es sich bei dem Betrieb eines zu errichtenden Krankenhauses (mit öffentlich-rechtlichen Gesellschaftern) auch in der Form eines privatrechtlichen Unternehmens nicht um eine auf Gewinnerzielung gerichtete gewerbliche Tätigkeit, sondern um eine im Wesentlichen mit öffentlichen Mitteln geförderte und ermöglichte Aufgabe zur Versorgung der Bevölkerung gemäß § 1 KHG.

Autoren

Dr. Hans-Martin Dittmann
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Maria Elisabeth Grosch
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