HOAI-Änderung – Unterschreitung der Mindesthonorarsätze nun möglich

17.02.2021 – Die geänderte Honorarordnung für Architekten und Ingenieure (HOAI) ist am 1. Januar 2021 in Kraft getreten und hat das bisher geltende zwingende Preisrecht der HOAI abgeschafft, sodass künftig die Vergütung der Architekten und Ingenieure frei verhandelbar ist.

Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hatte am 4. Juli 2019 (C-377/17) entschieden, dass das Preisrecht der HOAI in Gestalt der verbindlichen Mindest- und Höchsthonorarsätze gegen EU-Recht verstößt (Verstoß gegen die EU-Dienstleistungsrichtlinie 2006/123/EG). Der deutsche Gesetzgeber war mit Verkündung des Urteils verpflichtet, das nationale Recht an die Vorgaben des EuGH-Urteils anzupassen. Dem ist er mit der Neufassung der HOAI nachgekommen.

Gesetzgeber streicht Mindest- und Höchstsätze der HOAI

Da die bisherige Ermächtigungsgrundlage der HOAI im Gesetz zur Regelung von Ingenieur- und Architektenleistungen (ArchLG) zunächst vorgab, dass in der HOAI (nur) „Mindest- und Höchsthonorarsätze" für nach der HOAI erfassten Leistungen festgelegt werden dürfen, hat der Gesetzgeber den Anwendungsbereich der Ermächtigungsgrundlage entsprechend geändert. Die auf dieser Grundlage geänderte HOAI ist schließlich am 1. Januar 2021 in Kraft getreten.

Wesentliche Änderung der neuen Fassung der HOAI ist, dass die Vertragsparteien das Honorar für die von der HOAI erfassten Leistungen künftig – im Rahmen der allgemein geltenden zivilrechtlichen Missbrauchsgrenzen wie etwa Sittenwidrigkeit und Wucher – vollständig frei vereinbaren können. Für die Leistungen, bei denen bislang verbindliche Mindest- und Höchsthonorarsätze galten, bestehen die bisherigen Honorartafeln nur noch unverbindlich zur Orientierung für die Vereinbarung der Honorarhöhe fort. Die künftige (unverbindliche) Untergrenze wird künftig nicht mehr als „Mindestsatz“, sondern als „Basishonorarsatz“ bezeichnet.

Pauschalvergütungen, Aufwandshonorare oder weitere Vergütungsmodelle werden damit in Zukunft mehr an Bedeutung gewinnen. Zwar wurden auch unter Geltung des bisherigen Preisrechts in der Vertragspraxis regelmäßig Pauschalvergütungen oder andere Vergütungsmodelle über Grundleistungen vereinbart. Gerade bei der Unterschreitung der Mindesthonorarsätze bestand jedoch ein hohes Risiko, dass der Auftragnehmer noch nachträglich die Differenz zur nach der HOAI geltenden höheren Mindestvergütung einfordert. Hiermit ist nun künftig Schluss.

Weitere Änderungen der Vergütungsregeln

Die Vergütungsregelungen müssen zudem künftig nicht mehr schriftlich vereinbart werden, sondern es genügt die Textform (z.B. Vereinbarung per E-Mail oder Fax). Zudem kann die Vergütungsvereinbarung nunmehr auch nachträglich betroffen werden, weil die Einigung darüber nicht bereits bei Auftragserteilung vorliegen muss, was der regelmäßigen tatsächlichen Praxis auch entgegenkommt. Wird allerdings keine Vereinbarung über die Vergütungshöhe zumindest in Textform getroffen, gilt für die Grundleistungen der jeweilige Basishonorarsatz (zwingend) als vereinbart.

Der Auftragnehmer ist zudem verpflichtet, den Auftraggeber, sofern es sich um einen Verbraucher handelt, künftig in Textform darauf hinzuweisen, dass ein höheres oder niedrigeres Honorar als die in den Honorartafeln dieser Verordnung enthaltenen Werte vereinbart werden kann. Unterbleibt der Hinweis des Auftragnehmers und überschreitet das vereinbarte Honorar den jeweiligen Basishonorarsatz der vereinbarten Grundleistungen nach der HOAI, gilt das niedrigere Basishonorar als vereinbart.   

Fazit und Ausblick

Die Änderungen der HOAI stärken die Privatautonomie, da ab dem 1. Januar 2021 die Höhe der Vergütung von Architekten und Ingenieuren frei – im Rahmen der allgemein geltenden zivilrechtlichen Missbrauchsgrenzen wie etwa Sittenwidrigkeit und Wucher – vereinbart werden kann. Pauschalvergütungen und Aufwandshonorare dürften daher zukünftig noch häufiger als Vergütungsmodell vorkommen. Möglich bleibt aber weiterhin, dass – grundsätzlich nur noch unverbindliche – Preisrecht der HOAI als verbindlich zu vereinbaren.

Rechtsunsicherheit besteht weiterhin bei vor dem 1. Januar 2021 geschlossenen Verträgen, die das Mindestsatzhonorar unterschritten und bei denen der Planer nachträglich den Mindestsatz verlangt (sog. „Altfälle“). Ob die Planer sich bei derartigen Altfällen nach wie vor auf das zwingende Preisrecht berufen und damit erfolgreich den Mindestsatz verlangen können, wird in der obergerichtlichen Rechtsprechung sehr uneinheitlich beurteilt und ist derzeit nach Vorlage des BGH Gegenstand einer noch anstehenden Entscheidung des EuGH.

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