BMF finalisiert Schreiben zur Ertragsbesteuerung von Kryptowerten

18.05.2022 – Nachdem bereits letztes Jahr (17. Juni 2021) eine Entwurfsfassung veröffentlicht wurde, liegt nunmehr die lang ersehnte finalisierte Fassung des BMF-Schreibens zur Ertragsbesteuerung von virtuellen Währungen (bspw. Bitcoin und Ethereum) und sonstigen Token vor. Die Finalisierung der Verlautbarung ist zu begrüßen, da die Steuerpflichtigen und Rechtsanwender für weite Bereiche der ertragsteuerlichen Implikationen Rechtssicherheit bekommen.

1. Inhalt des Schreibens

Im Wesentlichen wurden die Inhalte aus dem Entwurfsschreiben nahezu deckungsgleich übernommen. Im Einzelnen werden neben diversen Definitionen auch fachspezifische Bezeichnungen (bspw. „Mining“, „Staking“, „Lending“) erläutert. Neben diesen Aspekten werden die einzelnen steuerlichen Implikationen sowohl für die Behandlung im Betriebsvermögen als auch im Privatvermögen dargestellt.

2. Ausgewählte, wesentliche Aussagen

Virtuelle Währungen und sonstige Token sind künftig als Wirtschaftsgüter zu behandeln.1 Die Tätigkeiten im Zusammenhang mit Kryptowährung können somit zu Einkünften aus allen Einkunftsarten (§ 2 Absatz 1 Satz 1 EStG) führen.

Nach wie vor wird daran festgehalten, dass Veräußerungsgewinne aus Verkäufen von virtuellen Währungen nach einem Jahr Haltedauer steuerfrei sind, vgl. § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG. In diesem Zusammenhang wurde besonders diskutiert, ob Vorgänge wie Lending (entgeltliche Nutzungsüberlassung) und Staking (Bereitstellung eines Stakes ohne Übernahme der Blockerstellung) zu einer Verlängerung der Frist führen können. Der Entwurf sah noch eine Verlängerung der Haltefrist auf zehn Jahren vor. Umso erfreulicher ist insbesondere für Privatanleger, dass das finale Schreiben eine Verlängerung nicht mehr vorsieht (§ 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Satz 4 EStG ist nicht anwendbar).

Unsicherheit besteht weiterhin bei der Abgrenzung zwischen gewerblichem Handeln und privaten Vermögensverwaltung. Vergleichend sollen nach Auffassung des BMF die Kriterien zum gewerblichen Wertpapier- und Devisenhandel herangezogen werden. Maßgebend ist dabei, ob der An- und Verkauf einen erheblichen Umfang annimmt, der über die gewöhnliche Form hinausgeht. Wie dieses weiche Kriterium in Bezug auf den Handel mit Kryptowerten zu interpretieren ist, bleibt leider fraglich.   

Gegenüber dem bisherigen Entwurf wurde auch die Wertermittlung von Kryptowährungen vereinfacht. Ausreichend ist nunmehr die Angabe des Kurses auf einer Handelsplattform (wie bspw. Coinbase), anstatt der Ermittlung des Durchschnittskurses von drei verschiedenen Handelsplattformen.

3. Ausblick

Die überwiegend klaren Aussagen des Schreibens zur ertragsteuerlichen Behandlung von Kryptowerten ist für die Steuerpflichtigen und Rechtsanwender zu begrüßen. Neben den in Kürze dargestellten wesentlichen Aussagen zur Besteuerung im Privatvermögen werden auch eine Vielzahl an branchentypischen Vorgängen systematisch erläutert und deren steuerlichen Folgen dargestellt. Leider sind sowohl zu verfahrensrechtlichen Fragestellungen als auch zur weiterhin aktuell brisanten „Kryptokunst“ im Zusammenspiel mit sog. Non-Fungible-Token keine Aussagen enthalten. Insofern ist die weitere Entwicklung der mannigfaltigen, steuerlichen Themen weiterhin mit Spannung zu beobachten.

Fundstelle

BMF, Schreiben vom 10. Mai 2022, IV C 1 - S 2256/19/10003 :001.

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1So auch die bisherige finanzgerichtliche Rechtsprechung – vgl. nur FG Baden-Württemberg Urteil vom 11.6.2021 – 5 K 1996/19, EFG 2022, 163.