Was müssen Arbeitgeber regeln, um flexibel und rechtssicher aufgestellt zu sein?

24.08.2020 – Arbeitgeber mussten zwingend eine arbeitsrechtliche Grundlage zur Einführung von Kurzarbeit im Unternehmen schaffen. Die Kurzarbeit stellt nämlich einen gravierenden Einschnitt in das arbeitsvertragliche Austauschverhältnis „Arbeit gegen Lohn“ dar und ist daher nicht einseitig mittels des arbeitgeberseitigen Direktionsrechts/Weisungsrechts nach § 106 GewO anzuordnen.

Betriebsvereinbarung oder individualrechtliche Regelung

Arbeitgeber benötigen vor Einführung der Kurzarbeit unbedingt eine (rechtmäßige) arbeitsrechtliche Rechtsgrundlage.

Diese können folgende sein: 

Arbeitsvertragliche Klausel:

Egal, ob bereits im ursprünglichen Arbeitsvertrag angelegt oder als ergänzendes Dokument hinzugefügt – es kann eine Rechtsgrundlage durch Vereinbarung mit dem jeweiligen Mitarbeiter geschaffen werden. Regelmäßig handelt es sich bei derartigen Klauseln bzw. Vereinbarungen um allgemeine Geschäftsbedingungen nach den §§ 305 ff. BGB. Dabei ist ein besonderes Augenmerk auf Transparenz und Klarheit der Klauseln ebenso wie auf Vollständigkeit zu legen. Andernfalls droht die Rechtswidrigkeit der Klausel und damit die Rückabwicklung etwaig bezogenen Kurzarbeitergeldes und Schadenersatzansprüche der Arbeitnehmer auf volle Zahlung des Lohns/Gehalts.
 
Ein solches Einwilligungsschreiben bzw. arbeitsvertragliche Klausel muss als unabdingbares Minimum folgende Elemente enthalten:

  • Eindeutige Benennung der Voraussetzungen
  • Kopplung des Einverständnisses an das Vorliegen der (sozialversicherungsrechtlichen) Kurzarbeitsvoraussetzungen
  • Regelungen über Umfang und Ausmaß der Kurzarbeit
  • Ankündigungsfrist(en) für Einführung der Kurzarbeit und Änderungen/Beendigung

Betriebsvereinbarung § 87 Abs. 1 Nr. 3 BetrVG:

Soweit ein Betriebsrat existiert, hat dieser ein zwingendes Mitbestimmungsrecht. Ein Arbeitgeber muss sich also nicht mit jedem einzelnen Arbeitnehmer einigen, sondern eine Betriebsvereinbarung mit dem Betriebsrat abschließen.

Aber auch hier sollte sich ein Arbeitgeber rechtlich beraten lassen, denn die deutschen Arbeitsgerichte haben bereits Betriebsvereinbarungen zur Kurzarbeit gekippt, da z. B. keine hinreichende Definition der Kurzarbeit in der Betriebsvereinbarung getroffen wurde. Die Folgen wären dieselben wie bei unwirksamen arbeitsvertraglichen Regelungen, allerdings sind dann auf einmal alle Arbeitnehmer betroffen.

Ferner ist eine sog. Regelungsabrede nicht ausreichend: Diese hat eine normative (d. h. zwingende und unmittelbare) Wirkung und wirkt daher nicht auf die Arbeitsverhältnisse. Es sind daher die Anforderungen an den Abschluss einer wirksamen Betriebsvereinbarung einzuhalten.

Eine Betriebsvereinbarung zur Kurzarbeit sollte unbedingt folgende Mindeststandards erfüllen:

  • Beginn und voraussichtliche Dauer der Kurzarbeit
  • Lage und Verteilung der Arbeitszeit
  • Auswahl der betroffenen Arbeitnehmer bzw. Abteilungen
  • Zeiträume des Arbeitsausfalls

Tarifvertrag:

Auch Tarifverträge können den erforderlichen Rechtsgrund zur Einführung von Kurzarbeit schaffen. Oft mals überlassen die Tarifvertragsparteien dann den Betriebsparteien die Regelung der Einzelheiten der Kurzarbeit im jeweiligen Betrieb. Durch diese Öffnungsklauseln in Tarifverträgen wird die Detailarbeit dann an die Betriebsparteien delegiert.

Sozialrechtliche Bewilligung der Kurzarbeit herbeiführen

Wenn diese Hürden genommen wurden, müssen die sozialversicherungsrechtlichen Vorgaben der Kurzarbeit erfüllt werden. Die Einführung von Kurzarbeit (im Rahmen des zu schaffenden Rechtsgrundes) regelt oftmals, dass dies nur bei Erfüllung der entsprechenden sozialversicherungsrechtlichen Vorgaben statthaft ist.

In einem ersten Schritt müssen Arbeitgeber formwirksam Kurzarbeit bei der zuständigen Agentur für Arbeit anzeigen.

Der Gesetzgeber hat aufgrund der Corona-Pandemie Erleichterungen für den Zugang zum KUG beschlossen. Sie gelten mit Wirkung seit dem 1.3.2020 und sind bis 31.12.2020 befristet.

Die wichtigsten sozialversicherungsrechtlichen Erleichterungen für Kurzarbeit sind:

  • Mindestens zehn Prozent der Beschäftigten müssen von einem Arbeitsentgeltausfall von mehr als zehn Prozent betroffen sein.
  • Der Bezug von KUG ist bis zu zwölf Monate möglich.
  • Anfallende Sozialversicherungsbeiträge für ausgefallene Arbeitsstunden werden zu 100 Prozent erstattet.

Insbesondere bei der Begründung des erheblichen Arbeitsausfalls (§ 96 SGB III), der mit einem Entgeltausfall einhergehen muss, haben Arbeitgeber erheblichen Begründungsaufwand.

So müssen Arbeitgeber u. a. dartun, dass ein sog. unabwendbares Ereignis (z. B. behördlich veranlasste Maßnahmen wegen der Corona-Pandemie, außergewöhnliche Witterungsverhältnisse, Unglücksfall) oder wirtschaftliche Ursachen (z.B. Auftragsmangel, -stornierung, fehlendes Material) die Gründe für den Arbeitsausfall darstellen. Dieser Arbeitsausfall muss vorübergehend und unvermeidbar sein.

Höhe des KUG und Vorleistungspflicht des Arbeitgebers

Die Bezugshöhe für das Kurzarbeitergeld ist der Nettoentgeltausfall. Dabei erhalten die von Kurzarbeit betroffenen Mitarbeiter grundsätzlich 60 Prozent der Nettoentgeltdifferenz innerhalb des Anspruchszeitraums. Betrifft diese Maßnahme Haushalte mit mindestens einem Kind, erhöht sich der Leistungssatz auf 67 Prozent.

Allerdings ist am 29.5.2020 das sog. Sozialschutz-Paket II in Kraft getreten, welches u. a. folgende Maßnahmen enthält:

  • Ab dem vierten Bezugsmonat wird das Kurzarbeitergeld auf 70 Prozent (bzw. 77 Prozent für Haushalte mit Kindern) und ab dem siebten Monat auf 80 Prozent bzw. 87 Prozent erhöht. Diese Maßnahme ist bis zum 31.12.2020 befristet.
  • Aber: Die Voraussetzung für den Erhalt des erhöhten Kurzarbeitergeldes ist ein Arbeitsausfall von mindestens 50 Prozent im jeweiligen Bezugsmonat.

Für Arbeitgeber ist ebenfalls wichtig zu wissen, dass sie zunächst in Vorleistung mit der Zahlung des Kurzarbeitergeldes gehen und sich dieses – bei Bewilligung durch die Agentur für Arbeit – erstatten lassen können. Dieser (Leistungs-)Antrag muss innerhalb von drei Monaten bei der zuständigen Agentur für Arbeit eingereicht werden. 

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Dieser Beitrag ist Teil des Expertpapers "Covid 19: Arbeitsrechtliche Handlungsoptionen".