Umsatzsteuer bei Kooperationen nach dem Pflegeberufegesetz

08.10.2019 – Mit dem am 24.7.2017 veröffentlichten Gesetz zur Reform der Pflegeberufe (PflBRefG) wurden die bisherigen Ausbildungen nach dem Altenpflegegesetz und dem Krankenpflegegesetz zu einer neuen generalistischen Pflegeausbildung zusammengeführt und in das Pflegeberufegesetz (PflBG) gefasst.

Die Struktur der Ausbildung ist in § 6 PflBG geregelt. Auf der Grundlage von Kooperationsverträgen wirken dabei die Pflegeschule, der Träger der praktischen Ausbildung und die weiteren an der praktischen Ausbildung beteiligten Einrichtungen zusammen. Die Pflegeschule trägt die Gesamtverantwortung für die Koordination des Unterrichts mit der praktischen Ausbildung. Sie prüft, ob der Ausbildungsplan für die praktische Ausbildung den Anforderungen des schulinternen Curriculums entspricht. Ist dies nicht der Fall, ist der Träger der praktischen Ausbildung zur Anpassung des Ausbildungsplans verpflichtet. Der Träger der praktischen Ausbildung trägt die Verantwortung für die Durchführung der praktischen Ausbildung einschließlich ihrer Organisation. Er schließt mit der oder dem Auszubildenden einen Ausbildungsvertrag.

Der Träger der praktischen Ausbildung hat gemäß § 8 Abs. 3 PflBG über Vereinbarungen mit den weiteren an der praktischen Ausbildung beteiligten Einrichtungen zu gewährleisten, dass

  1. die vorgeschriebenen Einsätze der praktischen Ausbildung in den weiteren an der praktischen Ausbildung beteiligten Einrichtungen durchgeführt werden können und
  2. die Ausbildung auf der Grundlage eines Ausbildungsplans zeitlich und sachlich gegliedert so durchgeführt werden kann, dass das Ausbildungsziel in der vorgesehenen Zeit erreicht wird.

Diese Aufgaben können von einer Pflegeschule wahrgenommen werden, wenn Trägeridentität besteht oder soweit der Träger der praktischen Ausbildung die Wahrnehmung der Aufgaben durch Vereinbarung auf die Pflegeschule übertragen hat. Die Pflegeschule kann in diesem Rahmen auch zum Abschluss des Ausbildungsvertrages für den Träger der praktischen Ausbildung bevollmächtigt werden.

Die Finanzierung der beruflichen Ausbildung regelt § 26 PflBG. Die Kosten der Pflegeausbildung werden durch einen Ausgleichsfonds finanziert (§ 33 PflBG). Die zuständige Stelle im Land zahlt Ausgleichszuweisungen an die Träger der praktischen Ausbildung und die Pflegeschulen aus (§ 26 Abs. 4 Satz 2 PflBG). Nach § 34 Abs. 2 PflBG muss der Träger der praktischen Ausbildung die in den Ausgleichszuweisungen der Fonds enthaltenden Kosten der übrigen Kooperationspartner auf Grundlage der Kooperationsverträge an diese weiterleiten.

Auf Initiative des Bayerischen Staatsministeriums für Heimat und Finanzen fand zwischenzeitlich eine erste Abstimmung der Finanzverwaltung zu umsatzsteuerrechtlichen Fragen in Zusammenhang mit der Tätigkeit der zuständigen Landesstelle und der Kooperation der an der Ausbildung Beteiligten statt.

Danach gilt das Folgende:

  1. Ausgleichszuweisungen aus dem Ausgleichsfonds an die Träger der praktischen Ausbildung und die Pflegeschulen (§ 26 Abs. 4 Satz 2 PflBG) sind kein Entgelt im Rahmen eines Leistungsaustausches und auch kein Entgelt von dritter Seite für die an die Auszubildenden erbrachten Ausbildungsleistungen.
  2. Die von den Kooperationspartnern an die Träger der praktischen Ausbildung und die Pflegeschulen erbrachten Kooperationsleistungen nach dem Pflegeberufegesetz, die aus den finanziellen Mitteln des Ausgleichsfonds finanziert werden, können unter den näheren Voraussetzungen des § 4 Nr. 21 UStG umsatzsteuerfrei sein.

PRAXISHINWEIS

Kooperative Leistungserbringung führt immer wieder auch zu umsatzsteuerlichen Fragestellungen. Neben der grundsätzlichen Frage, ob und in welche Richtung ein (ggfs. umsatzsteuerpflichtiger) Leistungsaustausch stattfindet, ist zu klären, ob und ggfs. welche Steuerbefreiungsvorschrift einschlägig ist. Eine Umsatzsteuerbefreiung für Kooperationsleistungen per se ist im Gesetz nicht vorgesehen.

Insoweit ist es erfreulich, dass bereits im Vorfeld der Umsetzung des PflBRefG eine erste Stellungnahme aus der Finanzverwaltung vorliegt. Gleichwohl ist auch hier auf das Ungeschriebene zu achten:

Nach § 4 Nr. 21 UStG sind (u. a.) die unmittelbar dem Schulund Bildungszweck dienenden Leistungen privater Schulen und anderer allgemeinbildender oder berufsbildender Einrichtungen steuerfrei, wenn die zuständige Landesbehörde bescheinigt, dass sie auf einen Beruf oder eine vor einer juristischen Person des öffentlichen Rechts abzulegende Prüfung ordnungsgemäß vorbereiten. Praktisch dürfte dieses bedeuten, dass neben der Pflegeschule auch jede der anderen kooperierenden Einrichtungen (… für jede Maßnahme im Rahmen der Pflegeausbildung) auch über eine entsprechende Bescheinigung der zuständigen Landesbehörde verfügen müsste.

Angesichts der üblichen Vorlaufzeiten für die Ausstellung entsprechender Bescheinigungen empfiehlt es sich, frühzeitig die umsatzsteuerlichen Auswirkungen der geplanten Kooperationen zu prüfen und die ggfs. erforderlichen Bescheinigungen zeitnah zu beantragen.

Dies ist ein Beitrag aus unserem Health-Care-Newsletter 2-2019. Sie können diesen Newsletter auch abonnieren und erhalten die aktuelle Ausgabe direkt zum Erscheinungstermin.