Bruchteilsgemeinschaft keine umsatzsteuerliche Unternehmerin

17.06.2019 – (BFH, Urteil v. 22.11.2018 – V R 65/17)

Eine Bruchteilsgemeinschaft kann nicht Unternehmer sein. Es liegen vielmehr zivil- und umsatzsteuerrechtlich durch die Gemeinschafter als jeweiliger Unternehmer anteilig erbrachte Leistungen vor (Änderung der Rechtsprechung).

SACHVERHALT

Im Streitfall hatten der Kläger und die übrigen Erfinder gemeinsam eine Erfindung gemacht, sodass ihnen gemäß § 6 S. 2 PatG das Recht auf das Patent gemeinschaftlich zustand. Sie schlossen mit einer GmbH & Co. KG Lizenzverträge für die Vermarktung der Erfindung ab, wonach sie dieser eine weltweite Exklusivlizenz an der Erfindung einräumten. Die KG verpflichtete sich, eine Lizenzgebühr für die Patentbenutzung, das Know-how und die Benutzung des wissenschaftlichen Namens zu zahlen.

In den Rechtsbehelfsverfahren betreffend die Umsatzsteuerfestsetzungen sowie in den Klageverfahren zum FG und BFH stellt sich immer wieder die Frage, ob die Erfinder als Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR), als Gemeinschaft nach Bruchteilen oder als Einzelunternehmer Steuerschuldner der Umsatzsteuer waren.

Das FG ging im ersten Rechtsgang noch davon aus, dass nicht der Kläger (einer der Erfinder), sondern die aus den Erfindern bestehende Bruchteilsgemeinschaft eine Unternehmerin sei, die die Leistungen gegenüber der KG erbracht habe. Der Kläger habe daher keine steuerpflichtigen Umsätze zu versteuern. Er sei aber Steuerschuldner aufgrund eines unberechtigten Umsatzsteuerausweises. BFH hob das FG-Urteil auf und verwies den Rechtsstreit an das FG zurück.

Im zweiten Rechtsgang urteilte das FG immer noch, dass eine Bruchteilsgemeinschaft zwar grundsätzlich Leistender und Unternehmer sei, wenn die Gemeinschafter gemeinsam einen Vertrag mit einem Dritten schließen. Dies gelte aber nicht, wenn die Gemeinschaft ausnahmsweise nicht nach außen in Erscheinung trete, indem abweichend von § 432 BGB vereinbart werde, dass der Vertragspartner nicht gemeinschaftlich an alle, sondern – in Anteilen – an die jeweiligen Gemeinschafter unmittelbar zu leisten habe, sodass kein Handeln im Namen der Gemeinschaft, auf Rechnung der Gemeinschaft und in Verantwortung der Gemeinschaft vorliege. Danach sei der Kläger Steuerschuldner.

Hiergegen wendete sich der Kläger mit der Revision. Leistender sei nicht er, sondern die Gemeinschaft gewesen. Die Erfinder hätten nicht selbst ein Patent angemeldet, sondern das Recht zur Patentanmeldung der KG eingeräumt. Schuldner der Leistung sei die Personenmehrheit der Erfinder gewesen.

ENTSCHEIDUNG

Der BFH bestätigte die Auffassung des FG.

Eine Erfindergemeinschaft kann grundsätzlich als Bruchteilsgemeinschaft nach §§ 741 ff. BGB oder als Gesamthandsgemeinschaft (GbR) gemäß §§ 705 ff. BGB bestehen. Haben die Beteiligten keine besondere Vereinbarung getroffen, stehen die Beteiligten aufgrund der bloßen Tatsache der gemeinsamen erfinderischen Tätigkeit in einem Gemeinschaftsverhältnis nach §§ 741 ff. BGB. Mangels gesonderter Vereinbarungen und insbesondere im Hinblick auf die unterbliebene Bildung eines Gesamthandvermögens war im Streitfall von einer Bruchteilsgemeinschaft auszugehen, entschied der BFH.

Bei einer Gemeinschaft nach Bruchteilen gemäß §§ 741 ff. BGB ist der Gemeinschafter, nicht aber die Gemeinschaft leistender Unternehmer hinsichtlich der mit dem gemeinschaftlichen Recht erbrachten Leistungen.

Nach ständiger BFH-Rechtsprechung bestimmt sich die Person des Leistenden und die des Leistungsempfängers nach dem der Leistung zugrunde liegenden Rechtsverhältnis. Das somit maßgebliche Rechtsverhältnis besteht bei einem rechtsgeschäftlichen Handeln in Bezug auf ein gemeinschaftliches Recht i. S. v §§ 741 ff. BGB zu den Gemeinschaftern.

Bei einer gemeinschaftlich bezogenen Leistung sind die Gemeinschafter – entsprechend der zivilrechtlichen Rechtslage – i. S. d § 15 Abs. 1 Nr. 1 UStG Leistungsempfänger und zum Vorsteuerabzug berechtigt, wenn nur die Gemeinschafter im Rahmen ihrer Einzelunternehmen unternehmerisch tätig sind. Denn die Gemeinschaft ist unfähig, Trägerin von Rechten und Pflichten zu sein. Sie nimmt weder selbst noch durch Vertreter am Rechtsverkehr teil. Sind mehrere Personen – als Mitglieder einer Gemeinschaft – z. B. Auftraggeber einer Leistung, werden daher mangels Rechtsfähigkeit der Gemeinschaft die einzelnen Gemeinschafter gemäß §§ 420, 432 BGB Gläubiger der zu erbringenden Leistung. Folgerichtig kann auf der Grundlage dieser Rechtsprechung eine Bruchteilsgemeinschaft kein Unternehmer sein. Es liegen vielmehr zivil- und umsatzsteuerrechtlich anteilig erbrachte Leistungen durch die Gemeinschafter als jeweilige Unternehmer vor. Damit entfallen Wertungswidersprüche, wie sie sich ergeben können, wenn die Gemeinschaft z. B. bei einer gemeinsamen Vermietung an Dritte als steuerrechtsfähiger Unternehmer anzusehen wäre, während diese Steuerrechtsfähigkeit bei einem Fehlen einer Unternehmerstellung der Gemeinschaft einem Vorsteuerabzug beim Gemeinschafter nicht entgegensteht.

Autor:

Kirsa Krüger
kirsa.krueger@mazars.de

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Dies ist ein Beitrag aus unserem NPO-Newsletter 1-2019. Die gesamte Ausgabe finden Sie hier .