Neuregelungen für Pflegepersonal in Krankenhäusern und Pflegeheimen

20.12.2018 – Am 24.7.2017 ist das „Gesetz zur Modernisierung der epidemiologischen Überwachung übertragbarer Krankheiten“ in Kraft getreten (vgl. hierzu schon Health Care Newsletter 2/2017).

Mit diesem Gesetz wurde zugleich die Einführung von Pflegepersonaluntergrenzen in pflegesensitiven Bereichen zugelassener Krankenhäuser geregelt. Die Umsetzung der gesetzlichen Vorgaben ist den Partnern der gemeinsamen Selbstverwaltung übertragen worden. Da eine Vereinbarung nicht fristgemäß bis 30.6.2018 geschlossen worden ist, hat das Bundesministerium für Gesundheit (BMG) gemäß § 137i Abs. 3 SGB V eine entsprechende Rechtsverordnung erlassen. Umfangreichere Neuerungen im Zusammenhang mit der Kranken- und Altenpflege ergeben sich auch aus dem Entwurf eines Gesetzes zur Stärkung des Pflegepersonals (Pflegepersonal-Stärkungsgesetz – PpSG), mit dem eine bessere Personalausstattung und bessere Arbeitsbedingungen in der Kranken- und Altenpflege erreicht werden sollen und das voraussichtlich zum 1.1.2019 in Kraft treten wird.

Die Pflegepersonaluntergrenzen-Verordnung

Das BMG hat die Pflegepersonaluntergrenzen-Verordnung (PpUGV) per Ersatzvornahme eingeführt. In zunächst vier pflegesensitiven Bereichen, Intensivmedizin, Geriatrie, Kardiologie und Unfallchirurgie, gelten ab dem 1.1.2019 Pflegepersonaluntergrenzen. Auch die Bereich Neurologie und Herzchirurgie gelten als pflegesensitive Bereiche, für die mangels Datenlage jedoch noch keine Pflegepersonaluntergrenzen festgelegt werden konnten. Ab dem Jahr 2020 gelten darüber hinaus Vorgaben für die gesamte Pflege im Krankenhaus – der sog. „Ganzhausansatz“.

Die Pflegepersonaluntergrenzen

Die Untergrenzen werden als maximale Anzahl von Patienten pro Pflegekraft festgelegt, wobei zwischen Tag- und Nachtschicht unterschieden wird (§ 6 Abs. 1 PpUGV). Für die Intensivmedizin bedeutet dies maximal 2,5 Patienten pro Pflegekraft in der Tag- und 3,5 Patienten in der Nachtschicht. In der Geriatrie sind 10 bzw. 20 Patienten pro Pflegekraft zulässig, gleiches gilt für die Unfallchirurgie. In der Kardiologie ist für 12 bzw. 24 Patienten jeweils eine Pflegekraft vorzuhalten. Außerdem darf der Anteil von Pflegehilfskräften an der Gesamtzahl der Pflegekräfte in den pflegesensitiven Bereichen einen Grenzwert von 8–20 % (Tagschicht) bzw. 8–40 % (Nachtschicht) nicht überschreiten (§ 6 Abs. 2 PpUGV).

Der „Ganzhausansatz“

Zukünftig soll das Verhältnis von eingesetztem Pflegepersonal zu individuellem Pflegeaufwand eines Krankenhauses und damit ein „Pflegepersonalquotient“ ermittelt werden. Dieser soll Aufschluss darüber geben, ob eine Klinik, gemessen am Pflegeaufwand, viel oder wenig Personal einsetzt. Die standortbezogene Ermittlung und Veröffentlichung des Pflegeaufwands in den pflegesensitiven Bereichen der Krankenhäuser ist in § 4 PpUGV bereits angelegt.

Der Nachweis der Einhaltung der Pflegepersonaluntergrenzen

Die Krankenhäuser haben monatsweise Durchschnittswerte der Personalbesetzung, differenziert nach Stationen und Schichten, zu ermitteln. Die Einhaltung der Pflegepersonaluntergrenzen ist nachzuweisen, z. B. durch Bestätigung eines Wirtschaftsprüfers (§ 137i Abs. 4 Satz 1 SGB V).

Die Sanktion bei Unterschreiten der Pflegepersonaluntergrenzen

Die Unterschreitung eines noch festzulegenden Wertes ist durch Vergütungsanschläge zu sanktionieren (§ 137i Abs. 5 SGB V). Die konkrete Höhe der Vergütungsabschläge bleibt aufgrund der beschränkten Reichweite der Ermächtigungsgrundlage für die Verordnung einer künftigen Vereinbarung zwischen jeweiligem Krankenhausträger und dem Sozialleistungsträger bzw. deren Arbeitsgemeinschaften vorbehalten; kommt eine Einigung nicht zustande, entscheidet die Schiedsstelle (§ 137i Abs. 5 und Abs. 1 Satz 10 SGB V). Für einen Übergangszeitraum bis zum 31.3.2019 werden keine Vergütungsabschläge erhoben (§ 8 Abs. 1 PpUGV).

Nicht sanktioniert werden kurzfristige unverschuldete und unvorhersehbare Personalausfälle, die in ihrem Ausmaß über das übliche Maß hinausgehen, sowie Unterschreitungen aufgrund starker Erhöhungen der Patientenzahlen durch unverschuldete und unvorhersehbare Ereignisse, wie beispielsweise Epidemien oder Großschadensereignisse.

Eine etwaige Nichteinhaltung der Personaluntergrenzen wird zudem veröffentlicht. Der Erfüllungsgrad der Einhaltung der Vorgaben zu den Personaluntergrenzen ist in den Qualitätsberichten der Krankenhäuser darzustellen (§ 137i Abs. 4 Satz 4 SGB V).

Weiterer Regelungsbedarf

Auch wenn nun feststeht, welche Bereiche vom Verordnungsgeber als pflegesensitiv angesehen werden und welche Quoten diesbezüglich gelten, bleiben zahlreiche Fragen offen. Neben der noch zu vereinbarenden konkreten Höhe der drohenden Vergütungskürzungen dürfte es auch um Fragen der Ausfüllung der im Zusammenhang mit den äußerst restriktiven Ausnahmen normierten unbestimmten Tatbestandsmerkmale – wann sind Personalausfälle unvorhersehbar und gehen über das übliche Maß hinaus? – gehen. Da die noch in der Gesetzesbegründung zu § 137i SGB V angedeutete Ausnahme „Fachkräftemangel“ keinen Eingang in die Verordnung gefunden hat, dürfte es aber vor allem darum gehen, wie das Personal gewonnen und wie es bezahlt werden soll.

Das Pflegepersonal-Stärkungsgesetz

Das Pflegepersonal-Stärkungsgesetz (PpSG) hat nicht nur unvorhergesehene Änderungen der Verjährungsfristen im Bereich der Abrechnung stationärer Krankenhausleistungen gebracht (vgl. hierzu den weiteren Beitrag im vorliegenden Newsletter). Zuvor waren insbesondere die 13.000 Stellen für Kranken- und Altenpfleger/-innen, die mit dem durch das Gesetz initiierten Programm geschaffen werden sollen, und die Finanzierung dieser Änderungen Gegenstand der Diskussion.

Beinahe untergegangen ist dabei die (erneute) Änderung eines Wortes in § 119b Abs. 1 Satz 1 SGB V – früher „können“, dann „sollen“, jetzt „haben“ –, mit der die Kooperationen zwischen stationären Pflegeheimen und niedergelassenen Ärzten, die bisher freiwillig waren, ab dem 1.1.2019 verpflichtend und die ggf. durch die Kassenärztlichen Vereinigungen zu vermitteln sind. Da durch das PpSG einerseits die Krankenbeförderung pflegebedürftiger Patienten zur ambulanten Behandlung erleichtert wird, aber andererseits durch das Terminservice- und Versorgungsgesetz (vgl. hierzu den weiteren Beitrag im vorliegenden Newsletter) auch eine Erhöhung der Mindestsprechstundenzahl erfolgt, können sich Friktionen ergeben, wenn der Arzt den Patienten ggf. im Heim aufsuchen muss. Darüber hinaus hat der Heimträger eine verantwortliche Pflegefachkraft für die Zusammenarbeit mit den vertragsärztlichen Leistungserbringern im Rahmen der Kooperationsverträge zu benennen.

Die Änderungen können sich nicht nur auf bestehende oder zu schließende Kooperationsvereinbarungen, sondern auch auf das Arbeitsverhältnis bzw. die Pflichten der verantwortlichen Pflegekräfte auswirken. Bei der Gestaltung, Ergänzung bzw. Aktualisierung der Kooperationsverträge, Arbeitsverträge und Dienstanweisungen berät Sie unser interdisziplinäres Health Care Team gerne.

Autor

Dr. Moritz Ulrich, M. mel
Tel: +49 30 208 88-1430
moritz.ulrich@mazars.de

Dies ist ein Beitrag aus unserem Health-Care-Newsletter 2-2018. Die gesamte Ausgabe finden Sie hier. Sie können diesen  Newsletter auch abonnieren und erhalten die aktuelle Ausgabe direkt zum Erscheinungstermin.