Verdeckte Gewinnausschüttung durch Teilwertabschreibung auf Darlehen oder Zinsen bzw. Ausfall von Darlehen oder Zinsen

30.08.2016 – Die aktuelle Rechtsprechung des BFH führt in der Praxis zu neuen Risiken. Es droht die Gefahr der Annahme von (neuen) verdeckten Gewinnausschüttungen bei Teilwertabschreibungen auf Darlehenszinsen bzw. dem Ausfall von Zinszahlungen.

Schon bisher galt: Wenn eine Kapitalgesellschaft ihrem Gesellschafter oder einer ihm nahestehenden Person (z. B. dem Ehepartner oder einem anderen Familienangehörigen des Gesellschafters) ein Darlehen gewährt, ohne sich dafür ausreichende Sicherheiten geben zu lassen, liegt regelmäßig eine verdeckte Gewinnausschüttung vor, soweit das Darlehen nicht zurückgezahlt wird (Darlehensausfall) oder aufgrund Wertlosigkeit der Darlehensforderung ganz oder teilweise abgeschrieben werden muss. In Höhe des Darlehensausfalls bzw. des Betrages der Abschreibung auf das Darlehen wird dann der steuerpflichtige Gewinn der Kapitalgesellschaft erhöht und der Gesellschafter hat in dieser Höhe eine Gewinnausschüttung zu versteuern.

Bisher bestand in der Praxis dazu weitgehend die Auffassung, dass in diesen Fällen dann auch nur der geringere tatsächlich zurückgezahlte Darlehensbetrag vom Darlehensnehmer zu verzinsen sei. Denn wenn das Darlehen teilweise eine verdeckte Gewinnausschüttung darstellt, es insoweit also steuerlich nicht als Darlehen anerkannt wird, sollte es auch nicht wie ein Darlehen verzinst werden müssen. Für eine Gewinnausschüttung, ob verdeckt oder offen, darf die Kapitalgesellschaft keine Zinsen bekommen. Die Finanzverwaltung hat dies regelmäßig ebenso beurteilt.

Der BFH sieht dies aus rein formalen Gründen nun anders. In seinem kürzlich veröffentlichten Urteil vom 11.11.2015 (I R 5/14) hat der BFH ausgeführt, dass zwischen der Forderung auf Darlehensrückzahlung und der Forderung auf Zahlung der vereinbarten Zinsen zu unterscheiden ist. Beides sind eigenständige Forderungen und daher getrennt zu beurteilen und getrennt zu bilanzieren.

Das bedeutet, dass der volle vereinbarte Zins auf das Darlehen zu zahlen ist, selbst wenn das Darlehen teilweise als verdeckte Gewinnausschüttung angesehen wird. Kommt es zu einem Ausfall vereinbarter Zinsen bzw. einer Teilwertabschreibung auf die Zinsforderung, liegt nach Ansicht des BFH in Höhe des Zinsausfalls bzw. des Abschreibungsbetrages eine (weitere) verdeckte Gewinnausschüttung vor. In dieser Höhe ist der steuerpflichtige Gewinn der Kapitalgesellschaft zu erhöhen und dem Gesellschafter eine steuerpflichtige Gewinnausschüttung zuzurechnen. Die Kapitalgesellschaft hat den vereinbarten Darlehenszins in voller Höhe als Forderung zu bilanzieren.

Der BFH stützt seine Auffassung darauf, dass das Darlehen zivilrechtlich nicht durch seine steuerrechtliche Beurteilung beeinflusst wird. Der Darlehensvertrag besteht unverändert, sodass auch der vereinbarte Zins zivilrechtlich unverändert besteht und geschuldet wird.

Zur Vermeidung einer verdeckten Gewinnausschüttung durch Zinsausfall ist daher zu überlegen, inwieweit der Darlehensvertrag steuerunschädlich angepasst werden kann, wenn erkennbar wird, dass die Rückzahlung des Darlehens nicht vollständig erfolgen wird. Nichtstun würde hier zur weiteren verdeckten Gewinnausschüttung führen. Es ist davon auszugehen, dass die Betriebsprüfungen der Finanzverwaltung diesen Punkt bei ihren zukünftigen Prüfungen wegen seiner Aktualität weit oben auf der Liste der zu prüfenden Aspekte stehen haben wird.

Dies ist ein Beitrag aus unserem Steuer-Newsletter 4/2016. Die gesamte Ausgabe finden Sie hier. Sie können diesen Newsletter auch abonnieren und erhalten die aktuelle Ausgabe direkt zum Erscheinungstermin.