Aktuelles zur Grunderwerbsteuerreform

22.04.2021 – Nachdem monatelang Ruhe eingekehrt war, nimmt die Grunderwerbsteuerreform wieder Fahrt auf. Der Bundestag-Finanzausschuss hat am 15. April 2021 eine Beschlussempfehlung zum Entwurf der Änderung des Grunderwerbsteuergesetzes veröffentlicht. Die Zustimmung des Bundestags erfolgte am 21.04.2021. Das bereits im Jahr 2019 in Gang gesetzte Gesetzgebungsverfahren zur Share-Deal-Reform wird nun offensichtlich mit einigen wenigen Modifizierungen abgeschlossen.

Insbesondere sollen die Grenzwerte für Anteilsübertragungen von bisher 95 Prozent auf 90 Prozent gesenkt werden und nicht auf 75 Prozent, wie wohl zuletzt generell von der SPD und vom Bundeslandwirtschaftsministerium im Hinblick auf landwirtschaftliche Flächen gefordert. Betroffen von der Absenkung auf 90 Prozent sind die Tatbestände für Anteilsübertragungen bei grundstückshaltenden Gesellschaften (§ 1 Abs. 2a, Abs. 3, Abs. 3a und der neue § 1 Abs. 2b GrEStG), nicht jedoch das Konzernprivileg des § 6a GrEStG. Außerdem sollen die Haltefristen auf zehn Jahre verlängert werden. Dies betrifft hauptsächlich die Tatbestände der §§ 1 Abs. 2a und Abs. 2b GrEStG sowie die Befreiungsvorschriften §§ 5 und 6 GrEStG (nicht jedoch § 6a GrEStG). Für die Gesamthand (Personengesellschaften) wird in einem bestimmten Fall die Haltefrist sogar auf 15 Jahre verlängert. Neu eingeführt wird ein Grunderwerbsteuer-Tatbestand für Kapitalgesellschaften (§ 1 Abs. 2b GrEStG), aber auch eine Börsenklausel (§ 1 Abs. 2c GrEStG), nach der – zur Vermeidung eines strukturellen Vollzugsdefizits – Anteilsübertragungen an der Börse ausgenommen werden, was sowohl unmittelbar und mittelbar für grundstücksbesitzende Kapital- und Personengesellschaften gleichermaßen gelten soll.

Verschärfung der Besteuerung von Share Deals im Detail

Wie bereits vorab bekannt war, wird ein neuer Tatbestand für Erwerbsvorgänge, die Anteilsübertragungen an Kapitalgesellschaften auf neue Gesellschafter betreffen, eingeführt – analog zu dem schon vorhandenen § 1 Abs. 2a GrEStG bei Personengesellschaften. Grunderwerbsteuer auslösend sind nunmehr die unmittelbaren und mittelbaren Veränderungen im Gesellschafterbestand der Kapitalgesellschaft in Höhe von mindestens 90 Prozent innerhalb eines Zehn-Jahres-Zeitraums auf neue Gesellschafter, § 1 Abs. 2b GrEStG-E. Die Konzernklausel des § 6a GrEStG gilt auch für diese Fälle. Eine Befreiung wie bei Personengesellschaften nach §§ 5, 6 und 7 GrEStG kommt (weiterhin) nicht in Betracht.

Somit wird nunmehr auch bei Kapitalgesellschaften zwischen Neu- und Altgesellschaftern unterschieden. Bei Verwirklichung des Tatbestandes des § 1 Abs. 2b GrEStG entsteht die Grunderwerbsteuer erst bei Vollzug des Anteilsübergangs (d. h. nicht schon beim Abschluss des Anteilskaufvertrags wie bei der bereits bekannten Anteilsvereinigung nach § 1 Abs. 3 und Abs. 3a GrEStG) auf Ebene der immobilienhaltenden Kapitalgesellschaft als Steuerschuldner.

Spannend ist insbesondere, wie die Übergangsphase ausgestaltet ist. Zunächst einmal bleibt bei Personengesellschaften, für die diese Regelung in § 1 Abs. 2a GrEStG bereits seit Ende der 1990er-Jahre geregelt ist, Altgesellschafter, wer auch vor Inkrafttreten des Gesetzes Altgesellschafter war (also mindestens fünf Jahre beteiligt ist). Für Gesellschafter, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens weniger als fünf Jahre beteiligt sind, gilt, dass die Frist auf zehn Jahre verlängert wird. Das heißt, dass, wenn ein Gesellschafter zum Tag des Inkrafttretens des Gesetzes bereits seit vier Jahren und elf Monaten beteiligt ist, sich seine Gesellschafterstellung erst in eine Altgesellschafterstellung wandelt, wenn er insgesamt zehn Jahre beteiligt ist, er wartet also weitere fünf Jahre und einen Monat.

Darüber hinaus bleibt es ohne zeitliche Begrenzung und ohne Rücksicht auf die Rechtsform steuerbar, wenn Anteile an einer grundbesitzenden Gesellschaft vereinigt werden. Eine Anteilsübertragung bzw. -vereinigung wird nunmehr angenommen, wenn 90 Prozent der Anteile (früher 95 Prozent) durch einen Erwerber erworben werden. Es bleibt damit steuerbar, wenn ein Gesellschafter vor dem 1. Juli 2021 Anteile in Höhe von 90 Prozent bis 94,9 Prozent innehatte und ab dem 1. Juli weitere Anteile hinzuerwirbt und damit die 95 Prozent erreicht.

Weiterhin ist in dem Gesetzesentwurf nunmehr enthalten, dass der im bisherigen Entwurf vorgesehene Vertrauensschutz für Verpflichtungsgeschäfte, die ein Jahr vor Inkrafttreten der Reform abgeschlossen wurden, entfällt. Anteilsübertragungen, die vor dem 1. Juli 2021 abgeschlossen wurden, aber erst nach dem 1. Juli 2021 dinglich vollzogen werden, sind nach Maßgabe der neuen Regelungen steuerbar.

In der aktuellen Ausarbeitung des Entwurfs ist eine spezielle Übergangsregelung für § 1 Abs. 2b GrEStG neu hinzukommen. Vor dem 1. Juli 2021 bereits übertragene Anteile werden für die § 1 Abs. 2b GrEStG-Schwelle demnach nicht mitgerechnet. Was das konkret für die Beratungspraxis bedeutet, ist noch nicht rechtssicher festzustellen. Es ist davon auszugehen, dass „alte“ Übertragungsvorgänge bei der Berechnung der 90-Prozent-Grenze nicht einbezogen werden. Sie werden aber auch nicht Altgesellschafter. Beispielhaft gesagt heißt das: Wer seit fünf Jahren mit zehn Prozent unmittelbar und/oder mittelbar an einer grundbesitzenden Kapitalgesellschaft beteiligt ist, ist Neugesellschafter. Die vor dem 1. Juli erworbenen Anteile von zehn Prozent zählen nicht in die 90-Prozent-Grenze. Erwirbt dieser Gesellschafter aber 20 Prozent nach dem 30. Juni hinzu, sind diese 20 Prozent sehr wohl in die 90-Prozent-Grenze des neuen Abs. 2b einzubeziehen. In Zukunft muss daher genau dokumentiert werden, wann ein Beitritt erfolgte und wann welche Anteilsübertragungen stattgefunden haben, um die zu berücksichtigenden Übertragungen herausfiltern zu können. Hinzuerwerbe durch Altgesellschafter (die mehr als zehn Jahre seit der Gründung der Gesellschaft oder seit dem Erwerb des Grundstücks beteiligt sind), werden bei der Zählung der relevanten Anteilsübertragungen hingegen nicht mitgezählt.

Börsenklausel § 1 Abs. 2c GrEStG

Im aktuellen Entwurf findet sich des Weiteren eine sogenannte Börsenklausel. Hiermit sollen Erwerbsvorgänge ausgenommen werden, wonach infolge der Tatbestände in § 1 Abs. 2a und Abs. 2b GrEStG Grunderwerbsteuer unkontrollierbar durch direkte und indirekte Anteilsübergänge an börsennotierten Unternehmen ausgelöst werden würde. Demnach werden an nach WpHG zugelassenen Börsen (oder äquivalenten EU/EWR/Dritthandelsplatz-Börsen) gelistete und gehandelte Aktien für die 90-Prozent-Schwelle sowohl für Kapitalgesellschaften als auch für Personengesellschaften (bei mittelbaren Anteilsbewegungen) nicht berücksichtigt (§ 1 Abs. 2c GrEStG). Anteilsvereinigungen (in einer Hand) nach § 1 Abs. 3 und Abs. 3a GrEStG werden nicht von der Börsenklausel begünstigt.

Inkrafttreten und Praxis-Tipp

Die Neuregelungen sollen zum 1. Juli 2021 in Kraft treten. Daher wäre danach die gesetzliche Altregelung für Kurzentschlossene noch nutzbar. Allerdings muss das sogenannte Closing von Vereinbarungen über Anteilsübertragungen vor dem 1. Juli 2021 abgeschlossen sein.

Weiterer Gang des Verfahrens

Der Bundestag hat am Mittwoch, 21.04.2021, die Maßnahmen gegen die Share Deals beschlossen. Der Bundesrat könnte dem Gesetz dann in seiner nächsten Sitzung am 8. Mai 2021 zustimmen, sodass das Gesetz noch im Mai bzw. Juni im Bundesgesetzblatt veröffentlicht werden kann. So wird das Inkrafttreten der Neuregelungen zum 1. Juli 2021 sehr wahrscheinlich.

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