BMF-Schreiben zur grenzüberschreitenden Arbeitnehmerbesteuerung aktualisiert

Auslandseinsätze von Beschäftigten werfen regelmäßig sowohl für die Arbeitgeber- als auch für die Arbeitnehmerseite viele Fragen zur Besteuerung auf. Die Finanzverwaltung versucht, in umfangreichen BMF-Schreiben hierzu Orientierung zu geben. Eines dieser Schreiben liegt seit Dezember 2023 in aktualisierter Fassung vor. Überarbeitet wurden insbesondere die Ausführungen zu Arbeitnehmerentsendung, Abfindungen und Optionen.

Hintergrund

Beschäftigte mit Wohnsitz in Deutschland unterliegen auch mit ihren ausländischen Arbeitseinkommen der Einkommensteuerpflicht in Deutschland. Umgekehrt können Arbeitnehmer mit Wohnsitz im Ausland, die vorübergehend in Deutschland arbeiten, eine Lohnsteuerpflicht in Deutschland begründen. Die in beiden Fällen naheliegende Gefahr einer doppelten Besteuerung sowohl im Heimatstaat als auch im Staat der Arbeitsausübung wird durch sog. Doppelbesteuerungsabkommen reduziert. Die deutsche Finanzverwaltung hat ihre Auffassung zur Anwendung solcher Abkommen im Lohnsteuerbereich und für die Wechselwirkungen mit dem nationalen Steuerrecht im BMF-Schreiben zur steuerlichen Behandlung des Arbeitslohns nach den Doppelbesteuerungsabkommen niedergelegt. Schon die Erweiterung dieses Schreibens von bisher 97 auf über 150 Seiten zeigt, dass die Anwendungsschwierigkeiten in diesem Bereich nicht abgenommen haben. Die Erweiterung beruht teilweise auf neu aufgenommenen Hinweisen als Reaktion auf die aktuelle Rechtsprechungsentwicklung, teilweise lediglich auf Klarstellungen.

Ausgewählte Neuerungen und Konkretisierungen

Die Neufassung des BMF-Schreibens enthält an mehreren Stellen kleinere Ergänzungen zur Klarstellung. So wird z. B. zur Einkünfteabgrenzung klargestellt, dass Tätigkeitsvergütungen an Mitunternehmer zu den Unternehmens- und nicht zu Arbeitnehmereinkünften gehören. Dies soll jedoch nicht gelten, wenn die Personengesellschaft zur Körperschaftsteuer optiert hat.

Lediglich Konkretisierungen ohne inhaltliche Neuerungen enthält die Neufassung des BMF-Schreibens zur Ansässigkeit, insbesondere zur Frage, wo eine Person ansässig ist, wenn sie in zwei Staaten einen Wohnsitz begründet. Dabei weist das Schreiben auch auf den Unterschied zwischen Ansässigkeit und unbeschränkter Steuerpflicht hin.

Weitere Klarstellungen finden sich zur Anwendung des Progressionsvorbehalts.

Des Weiteren weicht die Finanzverwaltung die Abzugsbeschränkungen für Vorsorgeaufwendungen auf. Nunmehr sind Vorsorgeaufwendungen als Sonderausgaben im Inland abzugsfähig, soweit sie in unmittelbarem wirtschaftlichen Zusammenhang mit Einnahmen aus Arbeitnehmertätigkeit im EU- oder EWR-Ausland stehen und der Tätigkeitsstaat keinerlei steuerliche Berücksichtigung dieser Aufwendungen zulässt.

Einen vergleichsweise großen Raum nehmen die überarbeiteten Vorgaben zur Arbeitnehmerentsendung ein. Erstmals wurde eine Definition der grenzüberschreitenden Arbeitnehmerentsendung aufgenommen. Eine Arbeitnehmerentsendung liegt danach vor, wenn das entsendende Unternehmen an das aufnehmende Unternehmen derselben multinationalen Unternehmensgruppe einen Arbeitnehmer für eine bestimmte Zeit in einen anderen Staat entsendet, ohne dass der bisherige Arbeitsvertrag beendet wird.

Des Weiteren stellt die Finanzverwaltung eine Liste mit Kriterien zur Verfügung, bei deren Vorliegen das aufnehmende Unternehmen bei einer Arbeitnehmerentsendung zum wirtschaftlichen Arbeitgeber wird und entsprechend eine Lohnsteuerabzugspflicht zu übernehmen hat. Um diese Kriterien prüfen zu können, verlangt die Finanzverwaltung auf Grundlage des § 90 Abs. 2 AO verschiedene Nachweise, deren Umfang sie detaillierter als bisher vorgibt.  

Im Bereich von Mitarbeiterkapitalbeteiligungen berücksichtigt das BMF-Schreiben Änderungen des Gesetzes und neuere Rechtsprechung. Der genannte gesetzliche Freibetrag für geldwerte Vorteile aus der Gewährung von Aktienoptionen ist jedoch schon wieder überholt. Die Grundsätze des BFH-Urteils vom 21. Dezember 2022 (I R 11/20) zum Zufluss eines steuerlichen Vorteils aus Stock Options bei Ansässigkeitswechsel werden eingearbeitet. Offen bleibt leider, wie der steuerpflichtige Vorteil von Mitarbeiterbeteiligungen zu ermitteln ist, wenn diese Verfügungs-, Dividenden- oder Stimmrechtsbeschränkungen unterliegen. Zwar enthält das BMF-Schreiben weiterhin Ausführungen zu Verfügungsbeschränkungen für Aktien und Aktienanwartschaften, eine Auseinandersetzung mit dem BFH-Urteil vom 16. November 2022 (X R 17/20) findet aber nicht statt.

Bedeutung für die Praxis

Die Neufassung des BMF-Schreibens zur steuerlichen Behandlung des Arbeitslohns nach den Doppelbesteuerungsabkommen enthält vor allem Konkretisierungen zu bisher bereits bekannten Grundsätzen der grenzüberschreitenden Arbeitnehmerbesteuerung. Arbeitgeber erhalten teilweise klarere, aber auch detailliertere Vorgaben zu Anwendungskriterien und vorzulegenden Unterlagen. Dies betrifft vor allem die Besteuerung von entsendeten Beschäftigten.

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Autor

Thomas Kriesel
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Dies ist ein Beitrag aus unserem Steuer-Newsletter 1/2024. Die gesamte Ausgabe finden Sie hier. Sie können diesen oder weitere Newsletter auch abonnieren und erhalten die aktuelle Ausgabe direkt zum Erscheinungstermin.